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Vorsicht!

Freitag, 28. Oktober 2011, 05:41
von Miriam Kraus
Vorsicht ist die Einstellung die das Leben sicher macht, aber selten glücklich. (Samuel Johnson)

Glücklich? Wie lange?
Heute ist jeder glücklich! Angie und die anderen Häuptlinge haben etwas geschafft: sie haben erfolgreich die Banken erpresst. (gut, ich gebe zu, das hat schon was lustiges an sich...allerdings auch nur für den Moment). Und die Märkte feiern....ja was eigentlich? Den EFSF? Das wäre blauäugig. Den Griechen-Haircut? Das wäre eine seltsame Reaktion. Dass die Häuptlinge es geschafft haben, etwas zu beschließen, was schon seit Tagen fest stand? Ich vermute, dass es genau das ist. Und wenn ich mit meiner Vermutung richtig liegen sollte, dann waren die Erwartungen im Vorfeld entweder richtig gering oder die Hoffnungen darauf, dass dieses "17 Eurostaaten treffen endlich mal eine gemeinsame und gar nicht mal leichte Entscheidung" nur der Beginn einer ganzen Reihe solcher Entscheidungen, sehr groß.

Wie auch immer, ich will ja niemandem die Freude verderben, aber die Sorgen, welche ich gestern schon mit Ihnen geteilt hatte, die habe ich auch heute noch. Und so frage ich mich, wie lange das Glück wohl diesmal anhält...und möchte meine Sorgen von gestern noch einmal konkretisieren.

Fangen wir bei Griechenland an.

Es wird jetzt also einen 50%-Haircut geben. Doch was bedeutet das eigentlich?!

Nun, die Griechen haben derzeit im Total rund 350 Milliarden Euro an Schulden ausstehen. Davon gehören 70 Milliarden der Troika - dies wird raus gerechnet. Von den verbleibenden 280 Milliarden Euro an Schulden, hält die EZB rund 75 Milliarden Euro. Auch die EZB, wie die Troika, ist nicht am Haircut beteiligt.

So bleiben knapp 200 Milliarden Euro, welche Banken, Versicherungen und Pensionsfonds den Griechen geliehen haben.

50% Haircut bedeutet also, dass die Banken auf rund 100 Milliarden Euro verzichten müssen. Das deckt sich auch mit den Aussagen der Europäischen Bankenaufsicht, die davon ausgeht, dass die europäischen Banken rund 106 Milliarden Euro an frischem Kapital brauchen.Aber lassen wir die Banken kurz beiseite.

Also, den Griechen werden 100 Milliarden Euro ihrer Schulden erlassen. Sie sehen es schon: gemessen an der tatsächlichen Gesamtsumme der ausstehenden Schulden, bedeutet das keineswegs, dass den Griechen die Hälfte ihrer Schulden (50% Haircut) erlassen wird, sondern lediglich circa 28,6%.

Und nun bedenken Sie zudem: das griechische Bruttoinlandsprodukt beträgt rund 230 Milliarden Euro (Stand 31.12.2010, mittlerweile dürfte es aber weiter gesunken sein). Das heißt, die verbleibenden Schulden übersteigen das BIP nach wie vor. Oder um es in den üblichen Prozentzahlen auszudrücken: die Staatschulden senken sich auch nach dem Haircut nur auf 109% vom BIP.

Toll! Sie verstehen jetzt sicher, weshalb ich anzweifle, dass der Haircut für die Griechen der große Wurf werden wird, bzw. dass es den Griechen jetzt wesentlich besser gehen wird, oder, dass sie überhaupt die prekäre Lage besser in den Griffe kriegen werden.

Abgesehen davon macht mir auch noch der Umstand zu schaffen, dass auch die griechischen Pensionsfonds (die rund 35 Milliarden Euro in Griechen-Anleihen halten) rund 50% abschreiben werden müssen. Ich bin ja mal gespannt, wie die griechische Bevölkerung darauf reagieren wird...oder sagen wir mal so: in der griechischen Regierung möchte ich auch weiterhin nicht sitzen.

Gehen wir über zu den Banken

Luxemburgs Häuptling Juncker, der glücklicherweise nie etwas für sich behalten kann, hat es schon bestätigt: wie ich gestern schon vermutet hatte, gab's absolut keine Freiwilligkeit seitens der Banken bei den Haircut-Gesprächen. Stattdessen haben die Häuptlinge die Banken erpresst. Und zwar damit: Wenn ein freiwilliges Entgegenkommen der Banken nicht möglich gewesen wäre, dann hätten wir nicht gezögert, auf das Szenario einer kompletten Insolvenz Griechenlands zuzusteuern", so Juncker.

Na dann, mir soll's ja recht sein (ich find's ja auch lustig)....allerdings mache ich mir trotzdem um die Zukunft Sorgen.

Denn bislang gibt es noch keine Pläne darüber, wie die Banken die 106 Milliarden an frischem Kapital aufbringen sollen. Sicher, so manches Institut wie die Deutsche Bank oder die RBS haben ihre Griechen-Bond sowieso schon auf den Marktwert abgeschrieben (vernünftig!) und der Refinanzierungsbedarf der deutschen Banken ist mit 5,2 Milliarden Euro (gemäß EBA) auch machbar.

ABER: wie sollen die griechischen Banken ihre 30 Milliarden aufbringen, die spanischen Banken ihre 26,2 Milliarden Euro?

Tja, wie ich gestern schon schrieb, der Weg zum Staat, der in letzter Instanz offen stünde und von allen Beteiligten eher nicht gewollt wird, vergrößert die Risiken der Staaten.

Damit bleibt nur der andere Weg, den ich gestern ebenfalls schon beschrieben hatte: Investitionen zurückfahren und die Kreditvergabe drosseln. Das wird, wie ich schon sagte, das europäische Wirtschaftswachstum wohl ein paar (hoffentlich nur) Zehntel-Prozent kosten. (Übrigens: seit heute ist auch das Centre for Economics & Business Research dieser Meinung).

und noch mehr Vorsicht!

Das Hebel-Vehikel

Und jetzt zu meinem persönlichen Dorn im Auge: zum EFSF und seinem "Hebel".

Der funktioniert so: wenn ein Staat frische Anleihen ausgibt und alle die darüber zu entscheiden haben, es für richtig halten, dann sichert der EFSF den potenziellen Anleihe-Käufern zu, im Falle eines Haircuts oder einer Komplett-Insolvenz vermutlich 20% der eingesetzten Summe zurück zu bezahlen. Die Idee dahinter: diese 20%-Garantie soll die Investoren anlocken, auf dass die ganz viele neue Anleihen der betroffenen Staaten zeichnen, womit sich, so die Hoffnung, auch die Zinsbelastung senkt.

Ich habe die Befürchtung, dass das ganze komplett nach hinten los gehen wird. Denn, wie ich gestern schon schrieb: warum sollte ich jemandem 100 Euro leihen, wenn mir sein Papa nur die Rückzahlung von 20 Euro garantiert?!

Eigentlich gehe ich als Anleihe-Käufer davon aus, dass ich 100% meines eingesetzten Kapitals zurückbekomme - und nicht nur 20%.

Wenn ich aber vor einem Wackelstaat stehe, dem ich nicht zutraue, dass er mir meine 100 Euro wieder zurück geben wird, warum sollte mich dann die Aussicht auf garantierte 20 Euro umstimmen?

Und wenn ich meinem Wackelfreund schon vorher einen Kredit gegeben habe, den sein Papa nicht abgesichert hat, dann kriege ich noch mehr Angst und ich fühle mich ungerecht behandelt, wenn Papa einem dritten Freund die Rückzahlung von 20 Euro für neue 100 Euro garantiert - und so verlange ich ein Trostpflaster, in Form von höheren Zinsen. (also eher nix mit dem Nebeneffekt einer sinkenden Zinsbelastung).

Das ist aber noch nicht alles!

Im Moment mögen wir mal davon ausgehen, dass diese EFSF-Garantie-Lösung für Staaten kommen wird, die bereits als Mega-Über-Wackler auf dem Radarschirm sind.

Nehmen wir jetzt aber mal an, Italien kriegt sich nicht schnell genug in den Griff und auch die EZB kann den Ankauf von Italien-Anleihen nicht länger im großen Rahmen verantworten (und kriegt auch die Italien-Zinsen nicht runter) und die Refinanzierungkosten Italiens steigen weiter.

Nehmen wir an, im April 2012 (Fantasiedatum), braucht Italien frisches Geld. Aber im Vorfeld der Anleihen-Auktion wird klar, das wird schwierig. Also beschließt man, den EFSF die nächste Anleihe absichern zu lassen.

Wissen Sie, was damit wirklich deutlich wird? Wie schlimm es in dem Fall um Italien steht. Und wissen Sie wozu das führen könnte? Zu einem weiteren Vertrauensverlust in Italien, mit einer steigenden Zinsbelastung für Italien.

Und jetzt ersetzen Sie das Wort Italien durch Frankreich....

Und das ist immer noch nicht alles...

Spinnen wir dieses Szenario noch ein wenig weiter und es wird klar, dass in diesem Fall (also wenn im Markt die Gewissheit wächst, dass es um einen Staat immer schlechter bestellt ist), auch die Vermutung immer stärker wird, dass die Garantiesumme tatsächlich abgerufen werden müsste. Und schon sind wir beim wachsenden Risiko für die übrigen Länder, welche die Garantiesummen bereitstellen, angekommen.

Und weil sich so was dann immer verselbstständigt und alle Risiken vom Markt schon im Vorfeld vorweg genommen werden, verlangen die Märkte schließlich auch von den übrigen Staaten einen Ausgleich für das höhere Risiko (also höhere Zinsen).

Und schon sind wir alle in der Schulden-steigende Zinsen-Spirale gefangen...

Es gibt im Endeffekt nur 2 echte Lösungen

Natürlich muss es nicht so kommen...wer kann schon in die Zukunft blicken?! Aber ich mache mir dennoch Sorgen!

Sie wissen, ich mache mir schon sehr lange Sorgen..und immer wieder...und so manch einer fragt mich, was denn dann die bessere Lösung wäre....

Darauf habe ich eigentlich nur die eine Antwort, die ich schon seit Monaten immer wieder gebe:

Am Ende kann es nur 2 Lösungen geben:Die Totale Zone (mit Euro-Bonds und der Aufgabe der Souveränität der Einzelstaaten)

Der Zusammenbruch der Zone (evtl. mit Teil-Zonen-Varianten [Nordeuro])Das ist die Gretchenfrage, nach dem unbedingten FÜR oder GEGEN die Zone...alles andere sind bestenfalls Trostpflaster und schlimmstenfalls Dinge, welche die Lage noch verschlimmern werden. Die aktuelle Form der Zone hat ausgedient...

Doch diese Gretchenfrage sollte keine Einzelperson (oder ein Häuptlings-Gremium) beantworten, sondern die Gesamtheit aller betroffenen Bürger in einem Plebiszit. (gerne nach Schweizer Vorbild, wo alle Wahlberechtigten umfassende Informationen zur Sachlage und zwar von allen Seiten erhalten). Denn ich bin davon überzeugt, dass wir alle über einen gesunden Menschenverstand verfügen, der uns dazu befähigt eine Entscheidung zu treffen und auch mit allen Konsequenzen zu leben.

So long liebe Leser....der Hebel soll ein Finanzhebel sein, doch in Wirklichkeit ist er nur ein Risko-Hebel, soll heißen, alles was er tut, ist, die Risiken für alle Beteiligten (Investoren, sofern sich welche finden, und Staaten, also WIR) zu potenzieren...und so gebe ich mein Schlusswort an William Shakespeare mit:" Der bessere Teil der Tapferkeit ist die Vorsicht!"...bleiben sie tapfer!...liebe Grüße und bis morgen zum Wochenrückblick...

Ihre Miriam Kraus

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » http://www.investor-verlag.de