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Chaos Hoch Zehn

Dienstag, 21. Juni 2011, 05:27
von Miriam Kraus

Ich hatte ja von vornherein nicht viel erwartet von den nächtlichen Kaffeekränzchen der Euro-Häuptlinge, zumal die Kanzlerin ja schon am Freitag eingeknickt war und sich die Häuptlinge, ganz im Sinne der EZB, eigentlich nur damit beschäftigt hatten, es den Märkten irgendwie Recht zu machen. Der Chaos-Zustand aber bleibt und nicht etwa, weil sich die Finanz-Häuptlinge nur darauf verständigen konnten, den ESM aufstocken zu wollen, oder weil die Griechen in einer Führungskrise schweben. Sondern ganz einfach deshalb, weil das chaotische Hin und Her in Europa dazu geführt hat, dass die wahren Probleme (die so manch einer in der Zwischenzeit offenbar erfolgreich verdrängt hat) wieder zutage treten: die Anfälligkeit des Finanzsystems.

Also mal kurz zu den Fakten

Am Freitag ist die Kanzlerin eingeknickt! Und einmütig wie zwei Pappkameraden, die für die gleiche Sache werben, haben Häuptling Angie und Franzosen-Häuptling Nic versucht den brodelnden Markt zu beruhigen. Das ganz große Thema war die Freiwilligkeit - die gilt aber nur für die privaten Gläubiger der Griechen, nicht aber für den Euro-Steuerzahler. Die Notenbank-Häuptlinge haben sich also durchgesetzt.

Somit war von den Finanz-Häuptlingen nur noch zu erwarten, dass sie die nächste Finanztranche für die Griechen fertig machen - doch weit gefehlt, die Finanz-Häuptlinge wollen sich scheinbar doch noch nicht geschlagen geben und fordern zunächst mal ein Symbol des guten Willens seitens der Griechen.

Die Griechen haben derweil aber in den Mega-Chaos-Modus geschaltet, ihren Finanz-Häuptling schon letzte Woche geopfert (was allerdings schade ist und meiner Meinung nach nicht gerade ein Symbol des Vertrauens, wenn mitten in der größten Finanzkrise ausgerechnet der Finanz-Häuptling ausgewechselt wird..aber, was soll's) und könnten in ein paar Tagen faktisch führungslos da stehen. Angeheizt wird die Regierungskrise durch einen Mob, vermutlich gewerkschaftlich unterstützter, aber vermutlich ebenso in wirtschaftlichen Zusammenhängen vollkommen Ahnungsloser, die sich auf den Straßen austoben und lustigerweise den Austritt Deutschlands aus der EU fordern. (;-) ..ist überlegenswert...;-)). Aber lassen wir das mal...

So weit also zu den letzten Folgen der Euroland-Sitcom, falls Sie die letzten Sendungen verpasst haben sollten...kommen wir nun aber lieber mal zu den echten Fakten.

Worum es in dem ganzen Debakel nicht geht! Den Steuerzahler

Falls Sie die letzten Sendungen der Euroland-Show doch verfolgt haben sollten und möglicherweise irgendeinem Häuptling Glauben geschenkt haben sollten, der versucht hat, Ihnen weis zu machen, es ginge bei dem ganzen Debakel doch irgendwie auch darum dem Steuerzahler Schmerzen zu ersparen, so seien Sie versichert, dem ist augenscheinlich nicht so.

Klingt hart? Nein, nur realistisch! Warum? Nun ganz einfach: egal welches Szenario gewählt worden wäre, egal welches Szenario noch kommen wird, es wird am Ende immer auf den Schultern des Steuerzahlers zu ruhen kommen. Wir stocken den ESM auf? Die Garantien dafür liefert der europäische Steuerzahler. Wir vergeben neue Kredite an die Griechen? Gläubiger und Risikoträger ist der europäische Steuerzahler. Wir schulden die Griechen schließlich doch irgendwann um? Bis dahin haben sich auch wirklich die letzten Nicht-Staats-Banken von den Griechen verabschiedet. Größter Einzel-Gläubiger ist aber jetzt schon die EZB und also in letzter Instanz der europäische Steuerzahler, der dann die EZB rekapitalisieren wird. Es käme doch noch zum gefürchteten Flächenbrand? Der europäische Steuerzahler muss die Banken nochmal retten.

Es geht also keineswegs darum, den europäischen Steuerzahler vor weiteren Zahlungen oder Garantien zu verschonen, denn der Steuerzahler (zwar in letzter Instanz immer der größte Gläubiger nicht nur der Griechen, sondern des gesamten Finanzsystems) wird vor allem dazu gebraucht, den Schaden erst einmal vom Finanzsystem abzuwenden. Sicher, würde das Finanzsystem tatsächlich erneut einknicken, dann käme das den Steuerzahler deutlich teurer (und ich meine wirklich teuer, inklusive aller Folgeerscheinungen) zu stehen, als Griechenland am Finanztropf zu halten. Dennoch bleibt die Frage, ob das Finanzsystem überhaupt wirklich ein zweites Mal einknicken muss.Der Euro Und entgegen aller Beteuerungen geht es auch nicht um die Einheitswährung. Denn die ist auch nicht viel schlechter als der US-Dollar. Zwar auch nicht viel besser - doch auch wenn ich beide Währungen bisweilen als Pest und Cholera bezeichne, werden sie, gemessen am Volumen, weltweit am meisten gehandelt. Und gemessen an der Kaufkraftparität ist der Euro gegenüber dem US-Dollar sowieso nach wie vor überbewertet.

Spiel auf Zeit

Wir müssen uns eines vor Augen führen: Griechenland ist im Moment eigentlich schon faktisch pleite, kann sich ohne EU-Hilfen nicht mehr alleine über die Kapitalmärkte refinanzieren. Ein Zustand, der sich allerdings nicht ändern wird, solange Griechenlands Wirtschaft auf tönernen Füßen steht, die Arbeitslosigkeit wächst und die Sparprogramme die Einnahmen-Seite des Staates drücken.

Kurzer Fantasie-Einschub: Es stellt sich doch die Frage, wie man mit Griechenland nun eigentlich am besten verfahren sollte. Stellen Sie sich vor, wir würden den netten TV-Schuldnerberater Peter Zwegat nach Griechenland schicken. Der würde auf seinem Flip-Chart feststellen, dass die Einnahmen zu gering sind, trotz sinkender Ausgaben und erst einmal versuchen die Ausgangslage der Griechen zu verändern. Und zwar auf der Einnahmen-Seite. Einnahmen kann es aber nur dann geben, wenn genügend Menschen und Unternehmen in Arbeit stehen und Steuern zahlen. Ergo: aus Griechenland muss ein besserer Wirtschaftsstandort werden. Ist nicht einfach, aber zwingende Voraussetzung, weil die Griechen sonst niemals wieder auf die Füße kommen. Im zweiten Schritt würde der Schuldnerberater erkennen, dass die Griechen ihre Schulden eigentlich nicht mehr in voller Höhe bedienen können. Ergo: Zwegat würde einen Termin mit den Gläubigern machen und einen Restrukturierung der Schulden aushandeln. Die Gläubiger würden darauf eingehen, weil die Alternative bedeutet im Eventualfall überhaupt nichts mehr zurück zu bekommen.

Im Falle Griechenlands wurde lediglich eine Laufzeitverlängerung in die Diskussion eingebracht, die den Griechen mehr Luft und dem steuerzahlenden Gläubiger der letzten Instanz zumindest ein wenig Hoffnung gebracht hätte.

Warum also wurde dieses Szenario so unerbittlich seitens der EZB und der Banken bekämpft?

Die Antwort liegt (eigentlich schon lange) auf der Hand, wurde lange verdrängt und tritt nun wieder ganz deutlich zutage: das Finanzsystem ist noch weit davon entfernt, sich gesund nennen zu dürfen. Faktisch überlebt das Finanzsystem einen griechischen Default zwar durchaus, allerdings sind die Ängste offenbar groß vor dem alten Flächenbrand-Szenario. Und tatsächlich: ein Übergreifen der Mega-Schuldenkrise auf Portugal, Irland und dann auch noch Spanien und womöglich auch noch Italien und Belgien, würde das Finanzsystem erneut in seinen Grundfesten erschüttern und sicher nicht auf Europa beschränkt bleiben.

Also...

...können sich die Griechen jetzt vermutlich sowieso herausnehmen was sie wollen, die Häuptlinge werden die nächste Tranche dennoch ans Mittelmeer schicken, um nur ja nicht den Eindruck zu erwecken, Griechenland (das faktisch pleite ist) sei pleite. Eine seltsame Taktik mit der sich nicht nur die Politik, sondern auch die Märkte selbst einlullen.

Fakt ist aber, das alles ändert nichts an der griechischen Ausgangslage und sollte sich an der griechischen Ausgangslage auch künftig nichts ändern, dann wird letzten Endes eine Restrukturierung der Schulden der letzte Ausweg bleiben.

Spiel auf Zeit

Vermutlich wissen die Häuptlinge das aber selbst, womit alles, was derzeit so beschlossen wird, zu einem Spiel auf Zeit verkommt. Oder anders: der Hoffnung darauf, dass die Zeit, wenn schon nicht den Griechen, dann zumindest aber den anderen wichtigen Schuldenstaaten und dem Finanzsystem zugute kommt, auf dass irgendwann eine Umschuldung der Griechen keine zweite Finanzkrise mehr auslösen würde.

So long liebe Leser....Für uns Steuerzahler bedeutet das folgendes: Indem wir die Griechen am Tropf halten, setzen wir unsere Hoffnungen vor allem in Staaten wie Spanien, Italien und Belgien, die hoffentlich die Zeit nutzen, um ihre Staatsfinanzen und ihre Wirtschaft in den Griff zu bekommen. Zeitgleich halten wir das Finanzsystem davon ab, sich selbst ein weiteres Mal weg zu bomben....vielleicht sollten wir aber auch einmal darüber nachdenken, warum unser Finanzsystem eigentlich so einen starken Drang zum Harakiri hat....bis morgen und liebe Grüße..

Ihre Miriam Kraus

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » http://www.investor-verlag.de