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Erdbeben auf Raten? - Versuch einer Reise in die Zukunft

Teil 1 Aktienmärkte

Die Aussagekraft grafischer Darstellungen im Hinblick auf zukünftige Entwicklungen wird von vielen Menschen angezweifelt. Vordergründig betrachtet kann niemand aufgrund von vergangenen Zeitreihen Vorhersagen treffen. Derjenige, der es wagt, wird manchmal als „Kurvengucker“ belächelt. In dieser Analyse soll versucht werden, anhand von historischen und aktuellen Charts Parallelitäten festzustellen und uns Ideen hinsichtlich einer Zeitprojektion für weitere Abläufe dieser Finanzkrise zu geben. Bewusst werden fundamental orientierte wirtschaftliche Kommentare vermieden. Können Chartbilder vielleicht nicht doch etwas hilfreich dabei sein, ein kleines Stück weiter in den Nebel der Zukunft zu blicken ohne eine Art Hellsehertum zu betreiben? Die folgende Analyse beschäftigt sich zunächst mit der zukünftigen Entwicklung des Aktienmarktes, weitere analog dazu mit Rohstoffmärkten.

Wissenswertes:
Grafiken spiegeln nicht nur die vergangene und aktuelle Situation von Märkten in Form von Preisinformationen wieder, sondern auch das Verhalten von Marktteilnehmern. Die bestimmenden Faktoren für die Preisbildung(-findung) jeglicher Güter sind Angst, Gier, und Zögerlichkeit. Diese Faktoren sind jedem Menschen in gewisser Form angeboren, man kann sie auch Urtriebe nennen. Massenverhalten wird in dem Klassiker des französischen Arztes Gustave Le Bon bereits vor über 100 Jahren detailliert beschrieben. Es unterliegt nicht zwangsläufig den Regeln der Vernunft. Auf Charts wird Angst oder Panik sichtbar in steil fallenden Preiskurven, Gier in parabolisch, trichterförmig verlaufenden Kursverläufen, und Zögerlichkeit oder Orientierungslosigkeit in sogenannten Schiebezonen, in denen Akkumulation und Umverteilung stattfindet, d.h. Objekte, die einer Preisgestaltung unterliegen(hier Wertpapiere), wechseln den Besitzer solange, bis der Markt eine neue Richtung einnimmt. Diese wird dann von Experten Trend genannt. Mitunter heisst es im Volksmund: „Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte.“ Genügt nicht manchmal ein Blick auf eine Situation oder die Verhaltensweisen von Menschen, um sich ein besseres Urteil zu bilden als der ständige Versuch einer logischen Erklärung? Die uns bisher bekannte grösste Depression der Neuzeit begann offiziell im Oktober 1929 und endete(auf den Aktienmärkten) im Juli 1932, wobei man sich darüber streiten kann, ob es nicht doch der März 1933 war. Wie auch immer, Massenarmut und Not waren jedoch auch in den darauf folgenden Jahren sichtbar.

Analysen
Anhand des folgenden Charts 1 werden die Abläufe der zweiten Jahreshälfte von 1929 illustriert dargestellt. Die Boerse in New York handelte damals auch Samstags. Jeder Preisstab gibt eine Information über die Preisschwankung(in Fachkreisen „Volatilität“) und den Schlusskurs jedes einzelnen Tages in Form eines kleinen Querbalkens wieder. Seine Spitze(in der Mitte der Grafik) hatte der Dow Jones jedoch schon Ende August 29 mit einem Hoechststand von fast 400 Punkten gebildet, nur die folgende Panikphase in Form eines dramatischen Preiseinbruches im Oktober wird in den Geschichtsbüchern erwähnt. Hier wird Massenverhalten in Form von Angst deutlich sichtbar. Irgendwann danach entstand vielleicht der treffende Begriff „Wall Street Herd“.

Dow Jones Index zweite Jahreshälfte 1929 auf Tagesbasis(Grafik 1)

Dow Jones Index von 2006 bis 2009 auf Wochenbasis (Grafik 2)

In der Grafik 2 kommen wir zu einer Darstellung der Ereignisse der jüngeren Vergangenheit und ich möchte jeden Leser bitten sich selbst ein optisches Bild der Situation zu machen. Ungeübten Augen wird es vielleicht etwas schwerer fallen Ähnlichkeiten festzustellen, aber es ist nicht allzu kompliziert zu sehen, dass sich auf diesem Dow Jones Chart von Ende 2006 bis zum Tiefpunkt Anfang 2009 ein ähnlicher Kurvenverlauf (Marktverhalten) zeigt. Im Zweifelsfall könnte man auch die Augen eines Kleinkindes bemühen, dem man folgendes Rätsel aufgibt: „Sehen die komischen Kurven in diesem Bilderbuch irgendwie ähnlich aus?“
Worin besteht nun der Unterschied zwischen den beiden Grafiken? Der Unterschied besteht darin, dass ich mir erlaubt habe, den aktuelleren Chart 2 auf Wochenbasis abzubilden, d.h. ein Preisstab umfasst die Schwankungsbreite und den Schlusskurs jeder einzelnen Woche. Er lässt die gleichen Merkmale(siehe Urtriebe) wie Chart 1 erkennen, jedoch in einem anderen Zeitrahmen. Beide Charts bilden an ihrer Spitze ein Bearsqueeze Pattern(Bärenfalle) und werden unmittelbar danach von kleinen etwas tieferliegenden Spitzen gefolgt(123 Formationen). Beide Charts weisen ebenfalls ein sogenanntes Broadening Top in Form eines „Lautsprechers“ auf, welches oft am Ende von langen, ekzessiven Bullenmärkten zu sehen ist und 1929 bei vielen damaligen Bluechips schon Monate vorher zu beobachten war.(Top out Parade). Ähnliches konnten wir auch vor 2007 bei Einzelsektoren beobachten. Diese grafische Formation eines megaphones signalisiert uns eine irrationale Massenorientierungslosigkeit, nachdem Insider den Markt lange verlassen haben. Interessant ist auch, dass beide Charts ähnlich verlaufen bevor beide ihren Hoechststand erreichen. Nach Vollendung beider Broadening Tops erfolgt auf beiden eine Erholungsphase, im Chart1 Anfang Oktober 29, Chart 2 im Mai 2008. Zu diesem Zeitpunkt gibt es immer noch paar euphorische Bullen, die nun für kurze Zeit auf „Schnäppchenjagd“ gehen. Eine fatale Fehlentscheidung, denn der alte, in den 30ern geprägte Satz „Sell in May, go away“ war auch 2008 zu beobachten. Die naechste kleine Erholungsphase auf beiden Charts verläuft auf Grafik 1 kürzer in Form von nur einem Preisstab in der 3. Oktoberwoche 29, auf Grafik 2 dauert diese Phase dagegen etwas laenger. Kein Wunder, denn der längste Bullenmarkt der Aktiengeschichte(Chart2) geht auch etwas langsamer zu Ende. Danach sehen wir auf beiden Grafiken einen aus heiterem(?) Himmel beginnenden dramatischen Kurseinbruch im Oktober, der von einer explodierenden Volatilität begleitet wird, die sich in Form von extrem langen Preisstäben zeigt. Dieser Panikphase folgen auf beiden Charts erneut jeweils zwei zaghafte
Bargainhunter Erholungsphasen, bevor der Markt nach einem letzten Kursrutsch vorläufig zur Ruhe kommt Ob Weizen, Devisen, Gold oder Aktien, „a chart is a chart is a……..?“ pflegte mein alter
Chartlehrer manchmal zu sagen. Um keine Magengeschwüre zu bekommen, vermied er es stets, sich allzusehr mit der täglichen Flut der aktuellsten Wirtschaftdaten zu befassen,
kann dafür aber auf eine ueber 50 jährige Karriere als Rohstoffhändler zurückblicken.
Irgendwann im Jahre 2000 sprach er von dem Beginn eines Bullenmarktes von Gold. Leider habe ich damals nicht verstanden, was er damit konkret meinte. Heute weiss ich es.(siehe Grafik 3)

Gold in US$ von 2002 bis 2010 auf Monatsbasis(Grafik 3)

Schlussfolgerungen
Wie es dem Leser anhand der Grafiken 1 und 2 vielleicht ersichtlich wird, kann man davon ausgehen, dass die jetzigen Vorgänge und zukünftigen Entwicklungen sich in einem wesentlich grösserem Zeitrahmen vollziehen als in der Grossen Depression des letzten Jahrhunderts. Wie in der freien Natur bewegen sich grosse Zyklen niemals einmalig, sondern stets in mehreren Etappen. Haben Sie schon einmal ein Meer gesehen, indem es nur eine einzige Welle gibt? Auch sollte es einigen Menschen bekannt sein, dass sich Vorgänge sowohl in der Natur als auch in der Geschichte stets wiederholen, aber nicht unbedingt in 100% identischer Form hinsichtlich ihrer Intensität und Dauer. Aus diesem Grunde geben Vergleiche, in denen unterschiedliche historische Zeitetappen an gleichen Zeitfenster gemessen und analysiert nach meiner Meinung keine genauere Information über eine zukünftige Entwicklung, denn Relativität und Dimension menschlicher Verhaltensweisen finden hier keine hinreichende Berücksichtigung. Dieses wäre auch etwas zu einfach, denn dann könnte man Preisentwicklungen auf Märkten leicht im Voraus berechnen. Die Realität ist jedoch vielschichtiger. Die Kunst einiger der erfolgreichsten Investoren, Analysten und Trader der Vergangenheit bestand u.a. darin, Ereignissen der Gegenwart eine adäquate Bedeutung zuzumessen und sie flexibel in Zeitrahmen unterschiedlicher Grössenordnung einzuordnen, um Aufschlüsse über den Beginn oder das Ende von Trends zu bekommen. Im Teil 2 meiner Untersuchung werden weitere Korrelationen zur aktuellen Entwicklung relativiert und Zeitprojektionen gestellt.

Literatur:
Richard W. Schabacker: Technical Analysis and Stock Market Profits, Pitman Publishing London, US Edition von 1937
William Dunnigan: New Blueprints for Gains in Stocks and Grains, Financial Times Professional Ltd., US Edition von 1956
Joe Ross: Trading is a Business, Ross Trading Inc., Jackson, Texas, third revised Edition 1997
Jack D. Schwager: Market Wizards, Conversations with America’s Toptraders, Harper Business 1992
John Murphy: Visuelle Aktienanalyse, Campus Verlag, Frankfurt/New York 1997
Gustave Le Bon: Die Psychologie der Massen, Kröner Verlag Stuttgart 1911

Eigene Datenarchive
Dank für die Hilfe bei der Gestaltung der Grafiken bei Herrn Gerhard Nadolny
(» www.diesilberseite.de)
Johannes Forthmann ist gelernter Wirtschaftswissenschaftler, studierte Technische Analyse in den USA und lebt seit 15 Jahren in Portugal.
Email: » coloursofthesun@gmail.com.
Veröffentlichungen dieses Artikels nur mit Genehmigung des Autors.