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Die Staatsblase

von Frank Wiebe
Die Ökonomie sollte als neues Pflichtfach die "Blasologie" einführen, die Lehre von den Blasen an den Finanzmärkten. Das Grundgesetz dieser Spezialdisziplin würde lauten: "Die Folgen einer geplatzten Blase an den Finanzmärkten lassen sich nur mildern, indem man eine neue Blase aufbaut." Zurzeit zeigt sich dieses Gesetz wieder. Denn wir bauen eine neue Blase bei den Staatsanleihen auf, deren Renditen extrem niedrig sind, was umgekehrt heißt, dass die Kurse extrem hoch sind.
Doch schieben wir an dieser Stelle eine blasologische Definition nach: Eine Blase entsteht, wenn trotz steigender Kurse immer noch mehr gekauft wird. Und genau das ist abzusehen. Wenn die Staaten immer größere Konjunktur- und Rettungspakete schnüren, müssen sie die über neue Anleihen finanzieren. Gleichzeitig finden die Staatsanleihen - jedenfalls die von vergleichsweise noch stabilen Staaten wie Deutschland - reißenden Absatz, weil die Investoren sich mit fast allen anderen Anlagen die Finger verbrannt haben. So baut sich eine Staatsblase auf, mit der die Folgen der Finanzkrise zumindest zum Teil wegfinanziert werden sollen. So ähnlich, wie die USA nach dem Platzen der Börsenblase Anfang des Jahrtausends die Folgen mit dem Aufbau einer Immobilien- und Kreditblase wegfinanziert haben, mit Erfolg übrigens.
Diese Analyse sagt nicht, dass das Verhalten der Staaten falsch ist. Denn die Alternative, die Finanzkrise einfach wüten zu lassen, wäre wahrscheinlich noch schlechter. Aber man darf sich keine Illusionen über die langfristigen Folgen machen. Denn irgendwann platzt auch die Staatsblase wieder, beziehungsweise die Luft entweicht mehr oder minder ungeregelt daraus.
Was sind die möglichen Szenarien? Im günstigsten Fall springt die Wirtschaft, auch durch den Einsatz der Staaten beflügelt, irgendwann wieder an, gewinnen die Investoren Vertrauen auch in private Anlagen wie Aktien und Unternehmensbonds. Nachdem deren Kurse bereits ordentlich gefallen sind, ist das ja nicht auszuschließen. In so einem Fall würde sich die Welt blasologisch betrachtet halbwegs ordentlich weiterentwickeln: Die Investoren steigen aus Staatsanleihen aus und in andere, riskantere Anlagen ein. Die Staatsblase baut sich ab, private Blasen bauen sich wieder auf, hoffentlich wenigstens einigermaßen geschickt verteilt. Da, wo sich die neuen Blasen aufbauen - Aktien, Kredite, Derivate oder was auch immer -, werden neue Helden hervorgebracht, freilich nur mit überschaubarer Haltbarkeit.
Das zweite Szenario ist weniger freundlich: Die Blase verlagert sich innerhalb des staatlichen Sektors, und zwar vom Anleihemarkt in die Währungen insgesamt. Das heißt: Die Anleihen fallen im Kurs, weil die Investoren allmählich auch den großen Staaten misstrauen. Die Notenbanken müssen einspringen und diese Anleihen kaufen und produzieren so Inflation. Und Inflation heißt ja auf Deutsch auch so viel wie "Blase": Dem Geld stehen immer weniger reale Werte gegenüber. Bei diesem Szenario werden im Endeffekt die Vermögensbesitzer enteignet - auch das ist ähnlich wie bei Finanzmarktblasen, wo ja auch massenhaft Anleger ihr Geld verlieren, wie wir zum Teil gerade schon schmerzlich erlebt haben. Finanzmarktblasen haben aber den Vorteil, dass die Investoren sich selbst die Schuld geben, weil sie falsch investiert haben. Bei Inflation richtet sich der Zorn gegen den Staat, was eine ganz andere politische Dimension hat.
Eines muss man sich klarmachen: Eine gute Alternative zum weiteren Jonglieren mit Blasen gibt es gar nicht. Wenn die Staaten einfach zuschauen, dann könnte sich der Zusammenbruch der Finanzmärkte einfach auf den Gütermärkten fortsetzen. Nach demselben Angstmuster: Keiner traut sich mehr, was zu bestellen, weil er nicht weiß, ob er sein Produkt noch verkauft bekommt.
Auch beim schlimmsten Szenario, wenn die Investoren das Vertrauen in die Staaten verlieren sollten, wäre die Alternative zum Einsatz der Notenpresse der Staatsbankrott. Das aber wäre noch schlimmer. Wenn sich das andeutet, gäbe es wahrscheinlich einen Run auf Edelmetalle, also wieder eine Blase. Dass der Goldpreis bisher so wenig von der Finanzkrise profitiert hat, liegt daran, dass die Investoren zumindest den großen Staaten bisher noch sehr großes Vertrauen entgegenbringen, wie sich ja an den Anleihekursen ablesen lässt. Das ist auch gut so. Es lässt aber erahnen, dass wir den Gau noch nicht erlebt haben - es kann noch schlimmer kommen.
Den Staaten und Notenbanken bleibt nichts anderes übrig, als psychologisch möglichst überzeugend und finanziell doch mit einem halbwegs maßvollen Auge der Finanzkrise entgegenzutreten. Und die vage Hoffnung, dass wir alle doch noch mit zwei blauen Augen davonkommen.

Dieser Beitrag wurde nicht geprüft, www.silbernews.at übernimmt keine Verantwortung für Angemessenheit oder Genauigkeit dieser Mitteilung. Quelle: http://www.handelsblatt.com