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Keine Bank ist sicher

von Wolfgang Münchau

Mit Ad-hoc-Maßnahmen lässt sich das Finanzsystem nicht retten. Auch Europa benötigt einen Notfallplan. Doch statt ihn vorzubereiten, ist die Politik auf dem besten Weg, aus der Krise eine Katastrophe zu machen.
Jeden Tag eine Bank. Heute Fortis, dann Dexia und zwischendurch auch noch die Hypo Real Estate. In allen Ecken Europas wackeln Banken, und in den USA ist der bislang einzige Gesamtplan einer Rettung gescheitert. Die Gefahr einer Kernschmelze des globalen Finanzsystems ist in den vergangenen drei Tagen rasant gestiegen.
Es ist daher höchste Zeit, dass die Politik eine konsistente Strategie entwickelt, hierzulande wie in den USA. Mit Ad-hoc-Maßnahmen kann man eine oder zwei Banken retten, aber nicht ein ganzes Finanzsystem. Das geht vielleicht noch in Belgien - und auch dort geht es eigentlich schon jetzt nicht mehr, nachdem man an zwei aufeinanderfolgenden Tagen die zwei größten Banken des Landes gerettet hat. In einem Land wie Deutschland mit Tausenden von Banken geht es mit Sicherheit nicht.
Der mittlerweile gescheiterte amerikanische Rettungsplan war miserabel. Er hätte das Problem wahrscheinlich nicht gelöst und gleichzeitig die amerikanischen Staatsschulden in die Höhe getrieben. Es gibt allerdings nur eine wirkliche Alternative zu diesem Plan, und zwar ein besserer Plan. Ohne ein Rettungspaket kommt es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einem kompletten Zusammenbruch des amerikanischen Finanzsystems und einer Wirtschaftskrise, wie sie die meisten von uns noch nie erlebt haben. Das gilt auch für Europa: Auch unsere Banken wackeln. Auch uns droht eine wirtschaftliche Katastrophe.

Prüfstein Deutsche-Bank-Test

Was müsste ein deutscher Finanzminister in dieser Situation tun? Als Erstes müsste er einen Plan entwickeln, der in der Lage ist, den denkbar schlimmsten Unfall in unserem Finanzsystem zu bewältigen. Dieser Plan müsste zunächst den "Deutsche-Bank-Test" bestehen. Er müsste die Frage beantworten können, um die sich hiesige Politiker und Notenbanker immer gedrückt haben: Was passiert, wenn Deutschlands größte Bank pleitegeht? Wie die Ökonomen Daniel Gros und Stefano Micossi schon vor ein paar Tagen geschrieben haben, ist die Deutsche Bank nicht nur zu groß, als dass man sie fallen lassen kann. Die Situation ist prekärer: Sie ist zu groß, um gerettet zu werden. Der deutsche Staat würde sich verheben.
Ich weiß, es ist nicht fein, solche Überlegungen öffentlich anzustellen. Aber die Zeit des Schönredens ist vorbei. In den Geldmärkten vertrauen die Banken einander nicht. Warum soll dann der Rest der Gesellschaft den Banken vertrauen? Die Wahrheit ist, dass es keine sichere Bank geben kann. Selbst die beste Bank könnte einen Totalzusammenbruch des globalen Finanzsystems nicht verkraften.
Eine erste Antwort auf diese Problematik lieferte Schweden in den frühen 90er-Jahren. Nach einer schweren Finanzkrise haben die Schweden ihren Finanzsektor zunächst geschrumpft und viele ihrer Banken effektiv verstaatlicht. Das ist besser als Überbrückungskredite, staatliche Garantien oder Interventionen in die Wertpapiermärkte, so wie das US-Finanzminister Henry Paulson vorgeschlagen hat. Die Schweden haben damals auf der Basis volkswirtschaftlicher Modelle völlig transparent bestimmt, welche Banken man retten wollte und welche nicht. Bei denen, die gerettet wurden, gab der Staat keine Beihilfen, sondern neues Kapital. Damit wurden die existierenden Aktionäre an die Wand gedrückt und das Management der Banken ebenso.
Wir in Deutschland machen genau das Gegenteil. Anstatt eine Strategie zu entwickeln, gibt es nächtliche Ad-hoc-Entscheidungen. Hypo Real Estate ist nur deswegen gerettet worden, weil sie relativ früh in die Knie gegangen ist. Hier wurden die einfachsten Regeln des Banking missachtet. Die Bundesregierung hätte den Laden verstaatlichen und das Management an die Luft setzen sollen. So wie Berlin momentan vorgeht, trägt der Steuerzahler das gesamte Risiko, zugunsten von Aktionären und Bankangestellten. Das ist nicht nur unfair, sondern auch ineffektiv. Wenn wir unser Geld darauf verschwenden, Institute wie die IKB oder Hypo Real Estate zu retten, dann gehen uns irgendwann die Mittel aus, um Instituten zu helfen, die für unser Finanzsystem wirklich wichtig sind.
Wenn die Deutsche Bank kollabiert, hätten wir keine andere Wahl als eine zwischenzeitliche Verstaatlichung. Aber wer ist der Staat, der der Deutschen Bank gegenübersteht? Ist das wirklich Deutschland, nur weil die Bank den Namen unseres Landes trägt? Deutschland müsste sicherlich die Hauptlast tragen, aber die Gesamtlast müsste verteilt werden. Das Gleiche gilt für die akut gefährdeten spanischen Banken. Bei der Rettung von Fortis waren gleich drei Länder dabei. Am Ende bleibt uns keine Alternative zu einer europäischen Lösung. Wir brauchen im Euro-Gebiet - vergesst die EU! - eine Bankenaufsicht sowie eine Vereinbarung, wie wir mit einer Finanzkatastrophe umgehen.
Eine derartige Einigung braucht ihre Zeit. Wenn die Krise kommt, ist es wahrscheinlich zu spät. Man wird sich Gedanken machen müssen über institutionelle Prozesse - ob man zum Beispiel die Europäische Investitionsbank in Luxemburg einbinden soll oder nicht, ob die Euro-Gruppe der Finanzminister diesbezüglich eine formelle Rolle erhalten soll. Hier muss geprüft werden, inwieweit derartige Konstruktionen mit den jetzt noch gültigen Europaverträgen vereinbar ist oder ob wir Änderungen im Europarecht benötigen.
Ich bin nicht zuversichtlich, dass Finanzminister Peer Steinbrück dieser Aufgabe gewachsen ist. Jetzt rächt es sich, einen Finanzminister in diesem Amt zu haben, der lieber mal kräftig auf den Tisch haut, anstatt gestaltende Politik zu machen, und der mit seinem Desinteresse an internationaler Finanzpolitik einst prahlte. Wenn er sich darüber beschwert, dass man Deutschlands Kritik nicht ernst nahm, dann liegt das auch daran, dass er es einst vorzog, auf Safari zu gehen, anstatt einem G7-Treffen beizuwohnen, oder dass er den Vorsitz des Internationalen Finanzausschusses beim IWF ablehnte.
Der Finanzsektor hat uns eine Krise eingebrockt. Die Politik ist gerade dabei, daraus eine Katastrophe zu machen.

Dieser Beitrag wurde nicht geprüft, www.silbernews.at übernimmt keine Verantwortung für Angemessenheit oder Genauigkeit dieser Mitteilung. Quelle: http://www.ftd.de