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"Die Krise wird sich noch verschärfen"

Von Lutz Reiche

Das US-Finanzsystem befindet sich in seiner größten Krise seit 1929. Ohne die Intervention von US-Regierung und Notenbank wäre das System vermutlich längst kollabiert, sagt Folker Hellmeyer. Die Beteiligten spielten auf Zeit, meint der Chefanalyst der Bremer Landesbank. Die Finanzkrise werde sich aber weiter verschärfen.

mm.de: Herr Hellmeyer, beim Notverkauf der US-Investmentbank Bear Stearns hat die US-Regierung noch rund 30 Milliarden Dollar Steuergelder hinzugeschossen. Jetzt lässt sie Lehman Brothers in die Insolvenz fallen. Zeichnet sich hier ein Politikwechsel ab?
Hellmeyer: Ich kann darin keinen Politikwechsel des US-Finanzministeriums erkennen. Das Verhalten der US-Regierung signalisiert aber ganz klar: Ohne die Mithilfe der anderen Banken sieht sie sich nicht in der Pflicht, die Kohlen allein aus dem Feuer zu holen. Und die anderen Banken hatten ihre Unterstützung ja schlichtweg verweigert.
Für mich ist die Lehman-Insolvenz daher vielmehr ein Indiz dafür, dass die Investmentbank in den Augen der Politik nicht die prominente Rolle für das US-Finanzsystem spielte wie seinerzeit Bear Stearns oder andere Finanzinstitute. "Too big to fail", diese Ansicht galt für Lehman offenbar nicht.
mm.de: Nun sind Schulden von 550 Milliarden Dollar, die Lehman aufgetürmt haben soll, nicht gerade ein Pappenstiel.
Hellmeyer: Das ist durchaus richtig. Aber dennoch stellt der Fall Lehman in der Krise eine andere Größenordnung dar als etwa Merrill Lynch , Citigroup oder die beiden Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac . Beim Verkauf und der Abwicklung der Bank dürfte vermutlich auch nur ein Fünftel der Forderungen tatsächlich verloren gehen.
mm.de: Steht zu befürchten, dass Lehman seine hochproblematischen Wertpapiere aus der Immobilienkrise zu Dumpingpreisen noch auf den Markt werfen muss, und welche Konsequenzen hätte das?
Hellmeyer: Davon gehe ich nicht aus. Ich erwarte, dass im Zuge des Insolvenzverfahrens die überlebensfähigen Teile der Bank verkauft und dabei die kritischen Positionen so marktschonend wie möglich abgewickelt werden.
mm.de: Die US-Investmentbank Merrill Lynch konnte sich über Nacht noch unter das Dach der Bank of America retten. In bedrohlicher Schieflage befinden sich dagegen nach wie vor der US-Versicherer AIG und die Bausparkasse Washington Mutual . Beobachter schließen auch hier die Insolvenz nicht aus. Greift jetzt der befürchtete Dominoeffekt, steht das US-Finanzsystem vor einem Kollaps?
Hellmeyer: Fakt ist, das US-Finanzsystem befindet sich in seiner größten Krise seit 1929. Ohne die Intervention der US-Regierung sowie der US-Notenbank wäre das System sehr wahrscheinlich schon längst kollabiert. Sie versuchen das Schlimmste abzuwenden, um den Schaden für die Realwirtschaft in Grenzen zu halten.
mm.de: Die US-Notenbank will erneut helfen, will jetzt die Bedingungen für Notfallkredite erleichtern. Zugleich wird über eine schnelle Zinssenkung spekuliert. Zeigen diese Maßnahmen noch Wirkung?
Hellmeyer: Sollte die US-Notenbank die Zinsen senken, wäre das nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein, nicht mehr als eine psychologisch unterstützende Facette. Das Problem ist derzeit nicht der Preis des Geldes, sondern dessen Verfügbarkeit. Wenn die Zentralbank den Zugang zur Liquidität erleichtert, ist dieser Ansatz insofern verständlich.
mm.de: Das Verhalten der Notenbanken wirkt auf viele Marktteilnehmer eher hilflos, wie ein Herumdoktern an Symptomen. Daher erneut die Frage, lässt sich die Finanzkrise so überhaupt noch bewältigen?
Hellmeyer: Vieles von dem, was wir jetzt an staatlichen Interventionen oder seitens der Notenbanken beobachten, ist nichts anderes als der Versuch, Zeit zu gewinnen. Die Finanzinstitute brauchen diese Zeit, um die noch notwendigen Abschreibungen tätigen zu können. Ob dieser Zeitgewinn letztlich zum Erfolg führt, bleibt offen. Ich kann derzeit jedenfalls keine nachhaltige Lösung der Finanzkrise erkennen, sondern gehe im Gegenteil davon aus, dass sich die Krise bis Mitte nächsten Jahres noch verschärfen wird.
mm.de: Überrascht Sie die Schnelligkeit und Einigkeit, mit der zehn internationale Großbanken jetzt einen 70 Milliarden Dollar schweren Notfallfonds auflegen? Schließlich setzen diese sich damit erheblichen Risiken aus.
Hellmeyer: Nein, das überrascht mich nicht. Der Unterstützungsfonds ist Ausdruck der sehr prekären Lage des gesamten Finanzsystems. Der jetzt geübte Schulterschluss macht Sinn, um übertriebene Reaktionen der Finanzmärkte ein Stück weit auffangen zu können. Damit will man nicht zuletzt den Schaden für die eigene Bank und auch für die Gesamtwirtschaft so gering wie möglich halten.
mm.de: Die Kreditvergabe der Banken wird sich vermutlich weiter verschärfen. Welche Auswirkungen erwarten Sie auf die weltweite Konjunktur?
Hellmeyer: Die jüngste Entwicklung wird die Risikoaversion der Banken verstärken und die Kreditklemme international verschärfen. Die Hoffnung, die Ackermann und andere geschürt haben, verpufft derzeit im Nichts.

Dieser Beitrag wurde nicht geprüft, silbernews.at übernimmt keine Verantwortung für Angemessenheit oder Genauigkeit dieser Mitteilung. Quelle: http://www.manager-magazin.de