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Eine Welt mit höherer Inflation

Von Philip Plickert
10. Juli 2008

Über zwei Jahrzehnte hat die Globalisierung für sinkende Preise gesorgt. Billige Importe aus den Schwellenländern haben die Lebenshaltungskosten in den westlichen Industrienationen verringert. Diese inflationsdämpfende Phase ist vorbei. Die Globalisierung wird Opfer ihres eigenen Erfolgs, je mehr Menschen in den Schwellenländern wohlhabend werden und sich mehr und besseres Essen, mehr Konsumgüter und auch mehr Energieverbrauch leisten können.
Die globale Nachfrage nach Nahrungsmitteln, Rohstoffen und vor allem Erdöl steigt damit in bislang ungekanntem Ausmaß. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) Erdöl der Sorte WTI hat sich innerhalb eines Jahres auf gut 145 Dollar mehr als verdoppelt. In den vergangenen fünf Jahren hat er sich verfünffacht.Verbraucherpreise ziehen wohl noch stärker anDieser Ölpreisschock hat auch in Deutschland einen Schub der Verbraucherpreise gebracht. Energieprodukte verteuerten sich im Mai mit der Rekordrate von 12,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für Nahrungsmittel mussten die Konsumenten durchschnittlich fast 8 Prozent mehr ausgeben. Diese Güter des täglichen Bedarfs fallen für die Inflationswahrnehmung besonders ins Gewicht. Dass demgegenüber die Wohnungsmieten, die für viele Haushalte etwa ein Viertel bis ein Drittel des Budgets ausmachen, weiterhin mit 1,4 Prozent nur minimal steigen, nehmen die Bürger weniger wahr. Auch die Preise für Dienstleistungen und viele Gebrauchsgüter sind bislang nur unterdurchschnittlich gestiegen.
Die beschleunigte Aufwärtsbewegung der Erzeugerpreise deutet darauf hin, dass die Verbraucherpreise in den kommenden Monaten noch stärker anziehen könnten. Im Juni erhöhte sich der Index der Verbraucherpreise in Deutschland um 3,3 Prozent – so hoch war die Teuerungsrate seit gut 16 Jahren nicht mehr. Im Euro-Raum lag der harmonisierte Verbraucherpreisindex um 4 Prozent höher. Nach Ansicht von Fachleuten dürfte er im Herbst noch höhere Steigerungsraten erreichen.

Das Konzept der Kerninflation führt in die Irre
Betrachtet man nur die Kernrate der Inflation, so liegt diese mit derzeit etwa 2,5 Prozent noch relativ nahe an dem Bereich, den die Europäische Zentralbank (EZB) als ihr mittelfristiges Ziel von Preisstabilität – knapp unter 2 Prozent – definiert. Die Kernrate bezieht sich auf einen Warenkorb ohne Agrar- und Energieprodukte, deren Preise besonders schwankungsanfällig sind. Allerdings führt das Konzept der Kerninflation, das in den Zentralbanken stark beachtet wird, in die Irre, wenn es den tatsächlichen Preisdruck unterzeichnet.
Angesichts der strukturellen Nachfrageverschiebungen auf der Welt spricht vieles dafür, dass der Anstieg der Preise für Nahrungsmittel und Rohöl dauerhaft sein wird. Alle Prognosen noch von der Jahreswende, als der Ölpreis gerade die Marke von 100 Dollar übersprang, dass sich der Ölmarkt wegen der nachlassenden Weltkonjunktur bald wieder entspannen dürfte, haben sich als falsch herausgestellt.

Hoher Anreiz zur Verschuldung
Erstaunlich bleibt, wie robust sich die Wirtschaft trotz der dramatischen Verteuerung ihres wichtigsten Rohstoffes entwickelt. Anders als in den siebziger Jahren hat der jüngste Ölpreisschock die Konjunktur nicht abgewürgt. Bislang sind auch Zweitrundeneffekte, also höhere Lohnabschlüsse wegen höherer Inflationsraten, ausgeblieben: Anders als vor dreißig Jahren gibt es daher in Deutschland noch keine Preis-Lohn-Spirale. Ansätze dafür zeigen sich aber in Spanien und Belgien, wo die Löhne größtenteils inflationsindexiert sind. Die Sorge über mögliche Zweitrundeneffekte und einen Anstieg der Inflationserwartungen treibt die EZB um, die jüngst ihren Leitzins von 4 auf 4,25 Prozent moderat erhöht hat.
Das schnelle Wachstum der Geldmenge M3, die seit vielen Monaten mit zweistelligen Raten zunimmt, zuletzt immerhin mit 10,6 Prozent, widerlegt ohnehin die bisweilen geäußerte Furcht vor einer Kreditklemme, welche die Konjunktur schwächen könnte. Im Gegenteil erleben wir eine fortgesetzte Kreditschwemme. Auch in Amerika und in Asien wächst die Geldmenge mit zweistelligen Raten. Dies hat die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, eine Art Zentralbank der Zentralbanken, jüngst zu der deutlichen Mahnung veranlasst, die Geldpolitiken zu straffen.
In den Vereinigten Staaten hat die dortige Notenbank Fed nach Ausbruch der Kreditkrise den Leitzins in mehreren hektischen Schritten von 5,25 auf 2 Prozent gesenkt. Kritiker wie der vor kurzem ausgeschiedene Fed-Gouverneur von St. Louis, William Poole, monieren, dass die Fed versucht, den angeschlagenen Banken mit einer Geldschwemme zu Hilfe zu kommen und damit mehr Inflation in Kauf nimmt, um die Last der faulen Kredite zu verringern. Mittlerweile sind die nominalen Kreditzinsen in Amerika und auch in Asien vielerorts unter die Inflationsrate gesunken. Das heißt, dass die Zinsen real sogar negativ sind, was einen hohen Anreiz zur Verschuldung bringt und die Geldmengenausweitung vorantreibt.

Inflation - ein monetäres Phänomen
Zwar ist der ökonomische Zusammenhang zwischen Geldmengenwachstum und Inflationsentwicklung heute nicht mehr so eng wie vor dreißig Jahren. Dennoch bleibt unleugbar, dass Inflation ein monetäres Phänomen ist. Erst eine Zunahme der Geldmenge kann nach einer Verteuerung einzelner relativer Preise, etwa des Ölpreises, eine Aufblähung (lateinisch: „inflatio“) des Preisniveaus insgesamt bewirken.
Wenn die EZB ihren Auftrag der Preisniveaustabilisierung ernst nimmt, dürfte der jüngste Zinsschritt um 0,25 Prozentpunkte nicht der letzte gewesen sein, um der Gefahr verfestigter Inflationserwartungen entgegenzuwirken. Die Erfahrung der siebziger Jahre hat gezeigt, dass eine Tolerierung immer höherer Inflationsraten der Konjunktur nicht hilft, sondern später um so schmerzhafter bekämpft werden muss.

Quelle: http://www.faz.net