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Die Wohlstandsblase ist geplatzt

Die anhaltende US-Finanzkrise erreicht inzwischen die Mittelschicht: Auch gut situierte Bürger können die steigenden Kosten fürs tägliche Leben oft nur mit Mühe bezahlen. Ihre Häuser lassen sich kaum noch verkaufen und wo sparen nicht mehr hilft, müssen Zweitjobs her.
Von Klaus Scherer, ARD-Korrespondent Washington
Es ist Frühling in der Hafenstadt Annapolis in Maryland, eine Autostunde jenseits von Washington: ein Idyll des gut situierten amerikanischen Mittelstands. Viele Regierungsangestellte leben hier, und das nicht eben schlecht. Die Bucht ist beliebt bei Wassersportlern, Bootswerften hatten bislang stets ihre Aufträge, Wirtschaftskrisen erreichten den Ort selten. Diesmal aber ist es anders: ''Viele Leute haben in der Immobilien-Krise Geld verloren und sind nun klamm'', sagt Yachtenmakler Dave van den Arend. Bei ihm kauften sie vielleicht noch ein Boot, sparten aber an der Ausstattung. ''Oder sie begnügen sich mit einem kleinen gebrauchten Boot'', ergänzt er.
Andererseits profitiert der Schiffsmakler aber auch von der Immobilienkrise, denn ''manche, die Geld übrig haben, investieren nun in eine Yacht statt es, wie so lange üblich, in Häuser zu stecken'', sagt van den Arend, ''zumindest so lange sie nicht wissen, wo sich die Immobilienpreise einpendeln werden.'' Auch seine Familie, sagt der Yachtenmakler, sei ob der Finanz- und Hypothekenkrise verunsichert. ''Meine Mutter, die im Mittelwesten lebt, hat Geld am Aktienmarkt verloren, das sie für ihr Alter vorgesehen hatte. Jetzt wird sie 75 und arbeitet wieder in einer Kleintierhandlung, um ihre Rente aufzubessern'', erzählt er.

Abstiegsangst bei der Mittelschicht
So wird die Börsenflaute für manche US-Bürger zur Rentenkrise. Die Zahl der Firmenpleiten im Land wächst, die Energie- und Lebensmittelpreise steigen, ebenso Arztrechnungen und Bildungskosten. Nach Einkommensschwachen, die wegen horrender Kreditzinsen ihre Häuser verloren, hat die Krise nun nicht nur die Großbanken der Wallstreet erreicht, sondern auch die ''Mainstreets'', so wie die Hauptstraße von Annapolis. ''Wir zahlen hier immer mehr Geld für die Schulen'', klagt eine Anwohnerin, ''das Benzin fürs Auto wird ständig teurer und das Geld, das ich im Job verdiene, verliert mehr und schneller an Wert als je zuvor.''
Die PS-starken Spritschlucker vor der Garage, das Eigenheim als Wohlstandsgarant, all das steht nun in Frage. Wer hier früher ein Haus verkaufte, fand innerhalb von Stunden einen Käufer, heißt es in den Wohnvierteln am Stadtrand. Jetzt warte man selbst hier mindestens ein halbes Jahr auf Kunden. Wer etwa vor dem Schulgeld flüchten willl, kann nicht mehr so einfach wegziehen, weil viele derzeit von einem Häuserwechsel abraten. Gerade für Familien bleibt da nur die Suche nach zusätzlichen Einnahmen, durch Überstunden oder Zweitjobs.

Wer verkaufen muss, verliert viel Geld
''Ich arbeite mehr Stunden als je zuvor, dabei wollte ich nach dem vierten Kind zuhause bleiben'', erzählt die Lehrerin Adrienne Cruz. ''Aber das Geld reicht sonst nicht'', erklärt sie. Jeden Monat werde es enger, von Sparen für später sei nicht zu reden. Als Babysitter springt nun öfter ihr Vater ein, und ihr Mann sucht nach Stellen, die ihm mehr Gehalt einbringen. ''Wenn wir jetzt umziehen müssten, hätten wir ein Riesenproblem'', sagt Cruz. Einigen ihrer Nachbarn ist bereits passiert, wovor sie sich fürchtet: ''Sie haben teuer für ihr Haus bezahlt und mussten am Ende alles für weit weniger Geld verkaufen als sie selbst dafür hingelegt hatten.''

Händler leiden unter schwachem Dollar
Zurück in der Innenstadt kehren wir in einer Ladenzeile ein, in einer Abteilung für gehobene Konsumgüter. Den Händlern nimmt der schwache Dollar die Kaufkraft, denn Wein und Käse sind großteils aus Europa importiert. Nun müssen die Händler findig sein, denn ihre gestiegenen Einkaufspreise können sie kaum noch an die Kunden weitergeben - die bei Luxusgütern sparen. ''Wir konnten glücklicherweise mehrere Zwischenhändler ausschalten und kaufen nun direkt bei den Herstellern, so dass wir die Endpreise im Laden halten können und die Käufer den Eurokurs nicht mitbezahlen müssen'', berichtet die Geschäftsfrau Stacey Zier.
Im Nachbargeschäft gesteht Weinhändler Patrick Bouculat, dass er seine Preise inzwischen so ansetze, dass sie für die Käufer erschwinglich bleiben. ''Einen Wein, der bisher 20 Dollar kostete, verkaufe ich jetzt für 15 Dollar, einen der zehn Dollar kostete, für acht - das erhält mir das Geschäft'', sagt er. Eine seiner Kundinnen berichtet, wie sie zu Hause auf die steigenden Energiekosten reagiere: ''Wir haben daheim auf geothermische Heizung umgestellt und haben uns ein japanisches Hybridauto gekauft, alles in den letzten beiden Monaten.''

Leben auf Pump hat ein Ende
Auch die Wassersportler stellen sich auf längere Einschränkungen ein. ''Die meisten wissen, dass sich die Dinge nicht zurückholen lassen'', berichtet Schiffsmakler Dave van den Arend. ''Unser Wohlstand ist zu einer Blase herangewachsen, die irgendwann geplatzt ist. Und nun bezahlen wir dafür.'' In seinem Bekanntenkreis sei man sich einig, dass sich etwas ändern müsse, unabhängig von der nächsten Präsidentschaftswahl. ''Wir Amerikaner waren noch nie gut im Sparen und lebten anscheinend lieber auf Pump. Ich glaube, ein besserer Umgang mit dem eigenen Geld wird wichtiger werden'', sagt der Yachtenverkäufer. Dennoch sei es beängstigend, dass es so kommen konnte: ''Wo ging denn all das Geld bloß hin?''
Das fragt man sich auch anderswo im Lande, nicht nur in Annapolis und nicht nur in der Mittelschicht. Während gleichzeitig die Ahnung wächst, dass zumindest was die Energiepreise angeht, die goldenen Zeiten wohl endgültig vorbei sind.

Quelle: tagesschau.de