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Rettungspakete gefährden den Wettbewerb

von Lars-Hendrik Röller
Der Druck auf Brüssel, jede nationale Bankenstützung unbesehen zu genehmigen, stellt Europas Ordnung infrage. Die Entscheidungsmacht der EU-Kommission muss unangetastet bleiben. Warum die EU-Wettbewerbspolitik in der Krise zur vollen Entfaltung gebracht werden sollte.

HB. Die Sehnsucht nach Rettung ist groß. Wenn in diesen Wochen allerorts die Formel beschworen wird, in jeder Krise stecke eine Chance, so liegen die Hoffnungen, die damit verbunden werden, so weit auseinander, wie es die Ideologien der Welt hergeben. Während die einen den Abgesang auf den Kapitalismus anstimmen, glauben die anderen uneingeschränkt an die Selbstheilungskräfte der Märkte. Rufen die einen nach mehr Staat, fordern die anderen weiter gehende Liberalisierung, Stärkung der Marktkräfte, generelle Aufhebung von Handelsbeschränkungen und Regulierungen.
"Krisenmanagement über den Tag hinaus": Diesen Anspruch stellte Angela Merkel an die Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung der akuten Krise, womit sie sozusagen am unteren Ende der Rettungsskala blieb. Aus der Finanzkrise ist längst eine umfassende Wirtschaftskrise geworden. Die EU-Kommission korrigierte jüngst ihre Wachstumsprognose nahezu auf null. Die Lage scheint unübersichtlich, auch was den Einsatz von Mitteln gegen die sich verschärfende Abschwungsdynamik betrifft.
Konjunkturprogramme werden eiligst gestrickt, und dabei droht manch einer das Kind mit dem Bade auszuschütten. Bei allen Verwerfungen, die die Krise hervorgerufen hat, stellt sich zumindest ein Instrumentarium als krisenfest und lösungstauglich heraus, denn es weist als einziges bisher über die Krise hinaus: Mit der Genehmigung des deutschen Rettungsfonds hat EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes Auflagen verbunden, die ihren Einfluss auf die Märkte festigt. Die Beihilfepolitik der Europäischen Kommission erweist sich damit als flexibel, aber unnachgiebig.
Am Beispiel der West LB, ohnehin im Visier der europäischen Wettbewerbshüter, wird demonstriert, wie akute, durch die Krise ausgelöste Verwerfungen von chronischen Subventionskrankheiten auseinanderzuhalten sind. Kein Finanzinstitut, das sich unter den staatlichen Rettungsschirm begibt, soll hausgemachte strukturelle Probleme in einem Aufwasch wegspülen können. Auch beim Unterstützungspaket für die Commerzbank schaut Brüssel genau hin, um nicht wettbewerbsverzerrende Hilfen staatlicherseits etwa für die Übernahme der Dresdner Bank als Krisenhilfe zu tarnen.
Der Einsatz der Beihilferegelungen sollte dazu ermuntern, auch die übrigen Instrumente der europäischen Wettbewerbspolitik in der Krise und über die Krise hinaus konsequent einzusetzen. Der Grundgedanke des freien und fairen Wettbewerbs ist eine der tragenden Säulen Europas und in den Verträgen von Rom fest verankert. Für nunmehr 27 Mitgliedstaaten dient dieses Grundprinzip der Entfaltung unseres wirtschaftlichen und sozialen Wohlstands quer über den Kontinent.
Auch wenn unterschiedliche nationale Maßnahmenpakete zur Eindämmung der akuten Auswirkungen der Finanzmarktkrise auf den Weg gebracht wurden, bleibt die Einhaltung der Wettbewerbsregeln in der Hand der EU-Kommission. Dabei ist sie weitestgehend unabhängig und in hohem Maße mit Entscheidungsmacht ausgestattet.
Diese institutionelle Stärke gilt es zu nutzen. Weil die Rettungspakete der einzelnen Mitgliedstaaten nicht abgestimmt sind, muss die Kommission einen drohenden Subventionswettbewerb in der EU verhindern. Der Druck auf Brüssel nimmt in diesen Wochen schon alleine dadurch zu, dass die Mitgliedstaaten mit sehr unterschiedlicher Disziplin und Sorgfalt die Anmeldeverfahren ihrer Beihilfen praktizieren.
Darüber hinaus stellen kurzsichtig der Krise geschuldete Appelle an die Wettbewerbshüter, die aktuellen Hilfspakete möglichst großzügig zu genehmigen, die EU-Wettbewerbskommission als europäischen Anker infrage. Im Gegenteil sollte gerade jetzt das Vertrauen in die Regulierungsbehörden gestärkt werden, um Krisenentwicklungen auf den Märkten entgegenzuwirken, die den Wettbewerb dauerhaft gefährden.
Die Erfolgsstory der EU-Wirtschaft kann nur dann weiter fortgeschrieben werden, wenn die Wettbewerbsregeln nicht außer Kraft gesetzt werden. Dabei muss nach einheitlichen und nachvollziehbaren Kriterien abgewogen werden zwischen den wirtschaftlichen Erfordernissen für die Subventionen und den langfristigen Schäden, die sie hervorrufen können.
Die EU-Wettbewerbspolitik richtete sich auch vor der Finanzkrise zunehmend an wirtschaftlichen Kriterien aus. Im Zentrum ihres Analyserahmens steht der Verbraucher. Nicht die Wettbewerber werden geschützt, sondern der Wettbewerb.
Insofern ist die EU-Wettbewerbspolitik Bestandteil einer modernen Industriepolitik, die in der Krise zur vollen Entfaltung gebracht werden sollte. Hier liegen die wahren Chancen für Europa nach der Krise: Nicht eine neue Wettbewerbsordnung, nicht radikale neue Regelsysteme in der Krise, sondern Augenmaß, Prinzipientreue und Konsequenz in der Umsetzung vorhandener Instrumente sind gefragt.
Mit einer umfassenden Fusionskontrolle, einer effektiven Missbrauchsaufsicht, Verhinderung von Kartellen und der Regulierung von Beihilfen kann der Vermachtung der Märkte wirksam begegnet werden. Insbesondere in einer Abschwungphase kann der Grad der Vermachtung zunehmen, das heißt, dass finanziell starke Unternehmen Wettbewerber übernehmen zum Nachteil der Verbraucher. Eine nachhaltige Wettbewerbsordnung mit klaren Regeln wirkt diesen störenden Tendenzen entgegen.
Wer also genauer hinschaut, wird erkennen: Wettbewerbspolitik ist Teil der Lösung. Spricht Europa hier mit einer Stimme, führt das zu einem Binnenmarkt, wo Alleingänge wie sogenannte "national champions" eingedämmt werden können. Ein konsistentes Vorgehen innerhalb der EU brächte unsere Volkswirtschaften darüber hinaus auch bei der Durchsetzung unserer Interessen im globalen Wettbewerb weiter voran.

Dieser Beitrag wurde nicht geprüft, www.silbernews.at übernimmt keine Verantwortung für Angemessenheit oder Genauigkeit dieser Mitteilung. Quelle: http://www.handelsblatt.com