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Die wahren Folgen der Rohstoffkrise

Von Henrik Müller

Die Welt durchleidet die schlimmste Knappheit an Essen und Energie seit Jahrzehnten. Hier ist eine Vorhersage: Es ist der Beginn einer neuen Phase der Globalisierung - der Anfang vom Ende des Industriezeitalters. Diskutieren Sie mit!

Der Ölpreis ist so hoch wie nie, der Dollar so schwach wie nie, Nahrungsmittel sind teuer wie lange nicht - was wir derzeit erleben, ist eine dramatische Zuspitzung der internationalen Situation, die noch vor zwei Jahren kaum jemand hatte kommen sehen.

Im aktuellen manager magazin, Heft 06/2008, sind mein Kollege Ulric Papendick und ich den Ursachen der Rohstoffkrise nachgegangen - und kommen zu dem Ergebnis, dass sie das Ergebnis einer großen Spekulationswelle ist, an der nicht nur die üblichen Verdächtigen (Hedge- und Pensionsfonds) beteiligt sind, sondern auch Regierungen und Notenbanken in den reichen Volkswirtschaften und den Schwellenländern.
Eine heikle Konstellation hat sich da zusammengebraut: Viele Länder werden durch die extrem enge Nahrungsmittelversorgung destabilisiert. Der globale Agrarprotektionismus verschärft die Lage zusätzlich.
Der Westen flirtet wieder mal mit steigenden Inflationsraten bei abflauendem Wachstum. In den 70er Jahren hieß das Stagflation. Damals dauerte es ein ganzes Jahrzehnt, in Ländern wie Italien gar zwei Jahrzehnte, bis die Situation wieder im Griff war - bis die inflationäre Eigendynamik gebrochen war und eine neue Phase der Stabilität einkehrte.

Eines ist aus meiner Sicht ganz klar: So schnell wie in den vergangenen Jahren kann die Weltwirtschaft auf Dauer nicht wachsen. Raten um die 5 Prozent sind zu hoch.
Nein, ich formuliere es vorsichtiger: 5 Prozent sind zu hoch, solange sich die Welt am industriellen Entwicklungsmodell orientiert. Lange Zeit hatten wir im Westen gedacht, wir seien längst weiter: Dienstleistungsgesellschaft, New Economy, Wissensökonomie. Doch in den vergangenen Jahren erlebten wir einen Rückschritt ins industrielle Zeitalter, getrieben durch die aufstrebenden Schwellenländer. Und das ist extrem ressourcenintensiv, dreckig und umweltverschmutzend.
Deshalb sind Rohstoffe knapp und teuer. Deshalb ist die Luft über China verdreckt und die Gewässer überall in den Schwellenländern hochgradig belastet.

Hier ist eine optimistische Vorhersage: Die derzeitige Rohstoffkrise wird die Weltwirtschaft auf einen anderen Wachstumspfad katapultieren.

Kurzfristig werden die Preissteigerungen für ein Abbremsen der Konjunktur sorgen, womöglich für eine Weltrezession. Denn auf die Schnelle gibt es auf der Nachfrageseite kaum Substitutionsmöglichkeiten für Rohstoffinputs: Es bleibt uns nicht viel anderes übrig, als mit unseren bestehenden Kraftwerken Strom zu erzeugen, mit unseren Autos und Flugzeugen unsere Mobilitätsbedürfnisse zu decken, in unseren bestehenden Gebäuden zu leben und zu arbeiten.
Kurzfristig gibt es auch kaum Möglichkeiten, das Angebot an Rohstoffen zu erhöhen: Die Erschließung neuer Öl- und Gasquellen dauert locker ein Jahrzehnt. Die Ausweitung der Agrarproduktion benötigt zwei bis drei Jahre - und wird auch noch durch den Agroprotektionismus behindert.

Langfristig hingegen könnten die ökonomischen Strukturen sich stark wandeln. Hin zu einer Weltwirtschaft, die immer weniger physische Inputs benötigt. Einer teilweise entstofflichten Ökonomie. Der Ausbau der industriellen Kapazitäten wird abflauen, boomen wird die Globalisierung der Dienstleistungsmärkte.
In diesem emissionsärmeren, ressourcenschonenderen Szenario werden die Kräfteverhältnisse anders verteilt sein als bisher. Die überragende Dynamik des produktionslastigen China wird abflauen. Indien hingegen, das viel stärker auf Dienstleistungen spezialisiert ist, wird auf der Gewinnerseite stehen. Um nur zwei Beispiele zu nennen.

Dieser Anpassungsprozess wird schmerzhaft. Auch für die deutsche Industrie.
Aber wie gesagt, dies ist das positive Szenario. Das negative sieht so aus: Die Welt produziert weiterhin physische Güter, soviel wie irgendwie geht. Auch wenn's teuer ist, verbraucht sie Rohstoffe wie sonst was, verpestet die Umwelt, so dass die Atmosphäre sich noch schneller aufheizt. (Der Weltklimarat hält sechs Grad mehr bis Ende des Jahrhunderts für möglich.) Die Anpassung, die dann zu einem späteren Zeitpunkt nötig wäre, fiele noch weit dramatischer aus.
Und vor dem Hintergrund dieser Alternative erscheinen die heutigen Krisensymptome geradezu als Segen.

Quelle: http://www.manager-magazin.de