"Tödliche Medizin"
Freitag, 03. Februar 2012, 13:07
von Mr N. N.
Während an den Aktienmärkten die wilde Katastrophenhausse auch am gestrigen Mittwoch weiter anhielt, kamen von der realwirtschaftlichen Front aus den Euro-Krisenländern alles andere als beruhigende Nachrichten.
Brachialer Zusammenbruch am portugiesischen Automarkt
Besonders krass waren die Neuigkeiten vom Automarkt des Krisenlandes Portugal. Dem portugiesischen Automobilverband zufolge wurden im Januar 2012 nur noch 6949 Personenkraftwagen zugelassen. Dies entspricht einem Minus von gut 47 Prozent gegenüber dem Januar 2010. Noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1990 wurden in einem Monat in Portugal so wenig PKWs zugelassen. Noch drastischer fällt der Vergleich mit dem Rekordmonat im Jahr 1992 auf, als es fast 33000 Neuzulassungen gab.
Schwere Einbrüche auch in Frankreich und Italien
Derbe Rückgänge am Automarkt gab es im übrigen auch in Frankreich und Italien. Zwar nicht so dramatisch wie in Portugal, aber dennoch waren prozentual zweistellige Schrumpfprozesse zu verzeichnen. Der Reihe nach. In Frankreich kontrahierte der Automarkt im Vergleich zum Vor- und Vorjahresmonat um ein gutes Fünftel. In Italien betrug das Minus indes nur fast 17 Prozent im Vergleich zum Januar 2011. Es handelt sich aber immerhin um die schwächsten Neuzulassungszahlen in einem Januar seit dem Beginn der Statistik im Jahr 2010.
Blick nach Spanien
Dagegen schaut es auf den ersten Blick in Spanien nicht ganz so schlecht aus. Gegenüber dem Vorjahresmonat gab es gar ein kleines Plus bei den Neuzulassungen zu verzeichnen. Um gut zwei Prozent auf knapp 55000 ging es nach oben. Verglichen mit dem Vormonat war allerdings ein Minus in Höhe von gut 17 Prozent zu verzeichnen. Nicht zu unterschätzen ist allerdings, dass das Januar-Plus vor allem durch gewerbliche Neuzulassungen fundiert war. Hier lag der Zuwachs gegenüber dem Januar 2011 bei gut 40 Prozent. Anders formuliert, die privaten Neuzulassungen waren rückläufig. Nunmehr schon seit 19 Monaten in Folge; im übrigen ähnlich wie in Frankreich um ein gutes Fünftel im Vorjahresvergleich.
Katastrophal schlechter Arbeitsmarktbericht
Wenig verwunderlich, denn die Lage am spanischen Arbeitsmarkt ist - gelinde gesagt - extrem angespannt. Im Januar schnellte die Zahl der offiziell als arbeitslos registrierten Menschen um gut 177000 auf fast 4,6 Millionen hoch. Im Vergleich mit dem Januar 2011 gibt es fast 370000 offiziell registrierte Arbeitslose mehr. Die Zahl der Arbeitslosen unter 25 Jahren stieg weiter. Und zwar auf knapp 477000. Die Jugendarbeitslosenquote liegt um die 50 Prozent! Allem Anschein nach gibt es wenig Grund zur Hoffnung auf schnelle Besserung.
Dramatischer Brief des griechischen Erzbischofs
Last but not least noch ein Schwenk nach Griechenland. Dort schrieb das Oberhaupt der griechisch-orthodoxen Kirche, Erzbischof Hieronymus II, einen extrem brisanten Brief an Premier Papademos. Brisant ist dies zum einen, weil dies äußerst selten in der Form vorkommt und zum anderen, weil der Brief inhaltlich eine Generalabrechnung mit der bisherigen Fiskalpolitik der Regierung und der von der Troika aufoktroyierten Austeritätspolitik abliefert.
Der Erzbischof bezweifelt, ob Griechenland noch härteren von der Troika diktierten Sparauflagen zustimmen solle. Diese seien nur größere Dosierungen einer Medizin, die sich als tödlich erweise.
Die beispiellose Geduld der Griechen gehe zu Ende, Angst weiche der Wut und die Gefahr einer sozialen Explosion könne nicht mehr ignoriert werden, so der Geistliche. Und zwar weder von jenen, die die Befehle geben noch von denen, die letztlich die tödlichen Rezepte verabreichen würden.
Es erscheine dem Erzbischof zufolge jetzt klar, dass das Drama von nun an neue, unkontrollierbare Ausmaße annehmen werde.
Ja, die in der Form einmalig scharfe Einmischung des obersten Geistlichen Griechenlands sollte keinesfalls unterschätzt werden.
Im Gegenteil.
Zumindest für Griechenland rückt NUN die Stunde der richtungsweisenden Entscheidungen immer näher.
Wenig wahrscheinlich, dass es ein happy end" geben wird...
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