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Die Folgen der explosiven Schuldenmischung - Langfassung

Sonntag, 28. August 2011, 08:47
Das muss man Ben Bernanke, dem Chef der US-Notenbank Fed, wirklich lassen, in puncto Psychologie hat er von seinem Vorgänger Alan Greenspan einiges dazugelernt: In der Abgeschiedenheit von Jackson Hole/ Wyoming hat er eine langweilige, aber beruhigende Rede gehalten, mit dem Hinweis auf die nächste Sitzung der Zentralbanker am 20. September Zeit herausgeschunden und den Politikern drüben wie hüben Hausaufgaben mit auf den Weg gegeben. Ganz nach dem Motto: Ich allein kann das internationale Schuldenproblem nicht lösen, jetzt seid ihr an der Reihe.

Daraufhin haben sich die Aktien- und Edelmetallmärkte mit Gewinnen bedankt, unter anderem mit einem Goldpreis von 1827 Dollar zum Börsenschluss am Freitag in den USA. Warum, liegt nahe: Zerpflückt man die Bernanke-Rede, ergeben sich deutliche Hinweise auf zusätzliche Geldspritzen für den Fall, dass die Wirtschaft weiter lahmen sollte. Nur müssen die Geldspritzen, so Bernankes Appell an die Politiker, dieses Mal bitteschön von fiskalischen Maßnahmen begleitet werden. Es geht nämlich darum, den Feind Nummer eins erfolgreich zu bekämpfen: die Deflation.
Warum Zentralbanker und Politiker die Deflation, also eine Preisspirale nach unten, ganz besonders fürchten, hängt zum einen mit den überlieferten Erfahrungen aus der Deflation zu Beginn der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts zusammen: Fallende Preise haben seit 1930 Erwartungen ausgelöst, dass sie weiter fallen würden. Die Folge damals: Weltwirtschaftskrise: Die Deflation mündete bekanntlich in eine Depression und diese letztlich mittelbar in den 2. Weltkrieg. Zum anderen muss man sich über das Wesen der Deflation und über ihr Pendant mit umgekehrten Vorzeichen, die Inflation, im Klaren sein:
Bei Inflation gibt es Gewinner, die Schuldner, und Verlierer, die Gläubiger. Das ist immer so; und die Inflation kann theoretisch bis ins Unendliche gehen, was anhand vieler Staatspleiten nachweisbar ist. Dagegen wäre es ein Trugschluss, wenn man einfach behaupten würde, bei Deflation seien Gläubiger immer die Gewinner und Schuldner die Verlierer. Denn zu den Gewinnern gehören Gläubiger in diesem Fall nur so lange, wie die Schuldner zahlungsfähig bleiben. Und weil die Zahlungsfähigkeit im Zuge der Deflation, also mit steigendem Geldwert, immer geringer wird, sind am Ende viele Gläubiger nicht Gewinner, sondern Verlierer.
Man braucht nicht erst die Geschichtsbücher zu bemühen, um auf Staatspleiten zu stoßen. Ein Blick in die Statistiken zu den aktuellen Schuldenquoten der meisten europäischen Länder und der USA genügt, um festzustellen, dass die Staatsschulden unter den heutigen Bedingungen auf keinen Fall mehr zurückgezahlt werden können. Nun sind in diesem Fall Geschäftsbanken einschließlich der Zentralbanken die Hauptgläubiger der Staaten. Die großen Geschäftsbanken sind „too big to fail“ (pleitenresistent), das heißt, sie werden im Zweifel von ihren Schuldnern, den Staaten, gerettet – ein in sich geschlossenes, geradezu perverses System. Dessen Besonderheit besteht darin, dass die Zentralbanken schon einen Teil der staatlichen Aufgaben übernommen haben, indem sie Staatsanleihen kaufen. Dadurch werden die Geschäftsbanken von dem Schicksal befreit, die von ihnen gehaltenen Staatsanleihen in dem Umfang abschreiben zu müssen, wie zur Bereinigung ihrer Bilanzen erforderlich wäre. Das haben die Börsianer längst erkannt und die Kurse der Bankaktien folgerichtig in den Keller geschickt.
Das alles kann auf Dauer nicht gut gehen. Deshalb kaufen sich Politiker und Zentralbanker Zeit, indem sie mittlerweile schon im Wochenrhythmus unhaltbare Versprechen abgeben und diese, wie jetzt Ben Bernanke, mit Psychotricks verbinden. Die Folge: entweder Ende mit Schrecken (plötzlicher Kollaps der führenden Währungen Euro und Dollar im Verhältnis zu realen Werten, wie Gold und Aktien solider Unternehmen, aber auch im Verhältnis zu soliden Währungen, wie Schweizer Franken und Norwegenkrone) oder Schrecken ohne Ende (schleichende Entwertung von Euro und Dollar im Verhältnis zu realen Werte und soliden Währungen). Zurzeit spricht mehr für die zweite Alternative.
Über die Ursachen des heftigen, aber nur kurzen Goldpreissturzes in der abgelaufenen Woche braucht nicht lange spekuliert zu werden: In eine schon viel zu euphorische Stimmung hinein, als der Preis vorübergehend über 1900 Dollar nach oben schoss, forderten die Rohstoffbörsen in Shanghai, Hongkong und Chicago höhere Margen (Einschüsse) beim Handel mit Terminkontrakten. Ähnliches hatte sich bereits im Zuge der diesjährigen Silberspekulation ereignet. Die Folge mag für so manche Anlegergruppe, die sich kurzfristig verspekuliert hatte, bitter sein. Das ändert aber nichts an der Aussage, die Sie hier vor einer Woche lesen konnten: „Obwohl die Preisschwankungen jetzt etwas heftiger ausfallen, sind der Phantasie nach oben immer noch keine Grenzen gesetzt.“
Nun schließt sich eine wichtige grundsätzliche Frage an: Wie hält man solche Schwankungen nervlich aus? Mit dieser Frage sind Trendanleger angesprochen, nicht Trader. Wer auf einen Trend setzt, wie in diesem Fall auf einen nachhaltig steigenden Goldpreis, muss sich vernünftigerweise vor dem Kauf nach dem Warum fragen. Die Antwort, die sich hier aufdrängt, besteht aktuell aus einem einzigen Wort: Schuldenkrise. Also die explosive Mischung aus Staatsschulden in Europa - zuletzt garniert mit dem Gerücht, Deutschland werde seine AAA-Bonität verlieren – und in den USA, wo die AAA-Bonität durch die Ratingfirma Standard & Poor's schon verloren gegangen ist.
In diesem Kontext zu beachten ist indes noch, dass die den bisherigen Aufwärtstrend des Goldpreises bestimmenden Faktoren weitaus vielfältiger waren, sich also nicht allein auf die Schuldenkrise beschränkten. Man denke nur an das Washington Agreement von 1999 zur Eindämmung der Goldverkäufe durch Zentralbanken und die Verlängerung des Agreements 2004, an die zu Beginn der Nullerjahre dominierenden Eindeckungen der Minenkonzerne (Dehedging) oder an die indischen und chinesischen Käufe während der vergangenen Jahre, die nur mittelbar auf die – seinerzeit erst schwebende und noch nicht akute – Schuldenkrise zurückzuführen waren.
Solange das Problem der Staatsschulden die Märkte immer wieder in Unruhe versetzt, solange die verantwortlichen Politiker und – wie zuletzt in Jackson Hole – die Zentralbanker hin und her lavieren, flüchten Anleger in den sicheren Hafen Gold. Falls Ihre Nerven Ihnen durch das kurzfristige Auf und Ab des Goldpreises allzu sehr strapaziert erscheinen, lenken Sie sich einfach mit etwas anderem ab, indem Sie zum Beispiel mehr mit Ihren Kindern oder Enkeln spielen, eine Runde Golf einlegen, verreisen, viel kommunizieren usw.
Ein probates Mittel, um die Nerven zu schonen, besteht bekanntlich in der Streuung Ihres Einsatzes und im Vorhalten von Liquidität auf dem Tagesgeldkonto. Nur ist es mit der Streuung so eine Sache: Haben Sie Ihr Geld etwa zusätzlich in Aktien angelegt, erzeugen deren Kursschwankungen ja ebenfalls Nervosität. Doch zum Glück gibt es Aktien, die auf einem recht krisensicheren Geschäftsmodell der betreffenden Unternehmen basieren, relativ hohe Dividendenrenditen abwerfen und nach Abwärtsbewegungen immer wieder die alten Höchstkurse übertreffen. Beispiele: Fielmann, Nestlé, Johnson & Johnson und viele andere. Ihre Kursschwankungen halten sich in Grenzen. Zu einem günstigen Kurs gekauft (also nicht gerade jetzt, sondern erst nach dem Ende der unter starken Schwankungen noch anhaltenden Abwärtsbewegung), wirkt ihre Kursentwicklung später – in der Gewinnzone - eher beruhigend.
Wenn die Aktienkurse mal für kurze Zeit zusammen mit dem Goldpreis abtauchen, ist das natürlich nicht gut für die Nerven. Daraus folgt: Im Zweifel lieber etwas mehr als zu wenig Liquidität vorhalten. Und: Käufe bzw. Nachkäufe zeitlich strecken. Über Fonds und Zertifikate lasse ich mich hier nicht aus, weil beide Anlagevehikel zusätzlich zu ihren sonstigen Problemen kaum zur Beruhigung der Nerven beitragen können, durch ihre komplizierte Konstruktion oft eher im Gegenteil erst so richtig nervös machen.
Zu guter Letzt ein heiß diskutiertes Thema: Besteht die Gefahr, dass Aktienkurse und Edelmetalle wie im Herbst 2008 gleichzeitig in die Tiefe rauschen? Latent ist diese Gefahr zwar immer da, aber nach den inzwischen gesammelten Erfahrungen ist sie jetzt viel geringer. Denn dieses Mal wird es aus den genannten Gründen – s.o.: „too big to fail“, d.h. Staaten und Zentralbanken bewahren Geschäftsbanken vor dem Kollaps – erst gar nicht zu einer so großen Bankpleite wie 2008 im Fall Lehman Brothers kommen. Das stützt auch die obige These, wonach bis auf Weiteres mehr für die schleichende Entwertung von Euro und Dollar als für einen Kollaps beider Währungen spricht. Schleichende Währungsentwertung bedeutet, dass die Edelmetallpreise unter Schwankungen weiter steigen und später die Aktienkurse ebenfalls.

Manfred Gburek, 27. August 2011

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » gburek.eu