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Anleger und Unternehmen erleiden Kollateralschäden

Samstag, 24. September 2011, 07:18
Nach Betrachtung der aktuellen Aktienkurse und Edelmetallpreise, besonders nach dem Aktienkollaps vom Donnerstag und dem Edelmetallkollaps vom Freitag, drängt sich zwangsläufig die Erinnerung an den Herbst 2008 auf. Damals verkauften Groß- und Kleinanleger im Zuge der Lehman-Pleite so ziemlich alles, um liquide zu bleiben. Und dieses Mal? Keine Bankpleite, keine wirkliche Liquiditätsnot, dafür ratlose Politiker und Notenbanker, die – anders als 2008 – schon einen Großteil ihres Beruhigungspulvers verschossen haben und sich nun wundern, dass die Börsen ihnen nicht gehorchen. Folglich werden sie zur Beruhigung noch größeres Geschütz auffahren. Es sei denn, sie riskieren eine Depression, aber die wollen alle um fast jeden Preis der Welt verhindern.

Die Auffanglinie für den Goldpreis, vor der Jahreswende 2008/09 bei 750 Dollar, dürfte jetzt, wie hier schon vor einigen Wochen angedeutet, um 1600 Dollar liegen, für den Silberpreis, seinerzeit bei 9 Dollar, jetzt zwischen 25 und 30 Dollar. Für die Aktienkurse lassen sich noch keine vergleichbaren Angaben machen, weil Aktienindizes komplexe Gebilde sind, die anders als die beiden Edelmetalle nicht einfach ein einziges Gut verkörpern, sondern eine Vielzahl von Unternehmen mit unterschiedlichen Produkten, Dienstleistungen, Managern, Bilanzen usw. Und für einzelne Aktien, auch Edelmetallaktien, lassen zurzeit nur schwerlich Auffanglinien erkennen. Bis es so weit ist, werden noch einige Wochen vergehen.
Nun zum Aufreger Nummer eins von höherer Warte, zur traditionellen Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank in Washington. Dort scheint es in diesem Jahr nur ein Thema zu geben: immer feste drauf auf die Euro-Länder. Dabei handelt es sich um ein abgekartetes Spiel der Angelsachsen. Allerdings helfen die BRIC-Länder (Brasilien, Russland, Indien, China) zum Teil mit. So kommt es dann zwangsläufig zu allerlei absurden Vorschlägen, wie man den Euro retten könnte, vom Schuldenschnitt Griechenlands mit oder ohne Austritt aus der Euro-Zone bis zur Aufteilung in einen Nord- und einen Süd-Euro.
Vergessen Sie das alles sofort wieder, denn für die Rettung – besser gesagt: für die monetäre Integration so unterschiedlicher Länder wie Deutschland und Niederlande einerseits sowie Griechenland und Italien andererseits wird es einer sehr langen Zeit bedürfen. Im Übrigen muss man sich fragen: Rettung wovor? Etwa vor dem Absturz gegenüber dem maroden Dollar? Das kann ja wohl nicht wahr sein. Denn US-Präsident Barack Obama mag ein noch so tolles Konjunkturprogramm vorschlagen, gegen die Republikaner durchkommen wird er damit nicht.
Haken wir das abgekartete Spiel ab und wenden wir uns stattdessen lieber dem einen oder anderen wirklichen Problem zu. Da wäre zunächst die drohende Rezession in Europa und Amerika. Die Aktienkurse nehmen sie vorweg, also wird sie kommen; allein ihr Ausmaß und ihre Dauer stehen noch nicht fest. Die Rezession wird die folgende Kette in Bewegung setzen: Die Steuern brechen weg, daraufhin müssen die Staaten sich höher verschulden, die in Staatsanleihen bereits überinvestierten Geschäftsbanken können sie den Staaten nur begrenzt oder gar nicht mehr abnehmen, woraufhin die Europäische Zentralbank hüben und die US-Notenbank Fed drüben für die Geschäftsbanken einspringen, indem noch mehr Staatsanleihen kaufen als bisher.
Nun könnte man sich auf den Standpunkt stellen: Sollen die EZB und die Fed doch machen, was sie wollen, Hauptsache, die Wirtschaft versinkt nicht in Deflation oder sogar in Depression. Mutig mutig. Denn abgesehen davon, dass die beiden Notenbanken mit ihren ohnehin schon gigantischen Anleihekäufen ein Experiment eingegangen sind, das mit einem großen Knall enden könnte, sollte man den zu erwartenden Kollateralschaden für Unternehmen beachten. Die werden nämlich durch die Staaten unter kräftiger Mithilfe der Notenbanken vom Kapitalmarkt verdrängt, und ohne Zugang zu diesem können sie nicht wachsen. Was im Übrigen zusätzlich erklärt, warum Anleger - in Erwartung eines solchen Verdrängungsmechanismus – zurzeit aus Aktien flüchten.
Die Analyse dieses bedrohlichen Geschehens wäre unvollständig, würden wir nicht weitere Kollateralschäden beachten. Zum Beispiel sind Versicherer noch mehr in zweifelhaften Staatsanleihen investiert als Geschäftsbanken. Angenommen, sie schreiben diese Anleihen auf die ihnen gebührenden Restwerte weit unter den Nominalwerten ab, besteht die Gefahr, dass das ganze Geschäftsmodell solcher Versicherer zusammenbricht. Also verschieben sie die Abschreibungen in die Zukunft, was ja rechtlich erlaubt ist. Die Quittung erhalten später die Kunden, Inhaber von Kapitallebensversicherungen etwa in Form zusammengeschrumpfter Ablaufleistungen.
Indes halten Versicherer in ihren Portfolios neben Staats- auch Bankanleihen, diese sogar in noch größerem Umfang. Ginge eine Bank pleite, hätte das die Abschreibung ihrer Anleihen auf Null zur Folge. Auch daraus – und nicht nur wegen der sogenannten Systemrelevanz vieler Institute - erklärt sich, warum Regierungen, Notenbanken und Aufsichtsbehörden Bankpleiten um jeden Preis zu verhindern versuchen.
Das bedeutet aber: Wenngleich Banker noch so viele dubiose Geschäfte betreiben, werden sie im Zweifel nicht bestraft und ihre Banken von Staaten mithilfe der Notenbanken gerettet. Welche Quittung in diesem Fall die Kunden erhalten, bleibt zwar einstweilen offen, aber Bankaktionäre haben sie schon überreichlich bekommen. Man schaue sich nur auf Commerzbank-Aktie, die sich auf dem Weg zum Pennystock befindet. Und weil der deutsche Staat die schützende Hand über die Commerzbank hält, braucht es nicht viel Phantasie für die Schlussfolgerung, dass deutsche Steuerzahler ebenfalls in die Rettungsaktion eingebunden werden, ob sie wollen oder nicht. Wie, wird wahrscheinlich noch in diesem Jahr entschieden.

Nun noch der guten Ordnung halber ein Hinweis in eigener Sache zum hier in der vorigen Woche wiedergegebenen Gedicht: Es stammt nicht von Kurt Tucholsky aus dem Jahr 1930, sondern von Richard Kerschhofer aus dem Jahr 2008. Immerhin hätte der Inhalt dem Satiriker von einst gut zu Gesicht gestanden. Meine Dokumentation hatte offenbar einen rabenschwarzen Tag, was ich letztlich auf die eigene Kappe nehmen muss und zu entschuldigen bitte. Allen, die mich an den Fauxpas erinnert haben, sei herzlich gedankt.

Manfred Gburek, 23. September 2011

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » gburek.eu