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Verzweifelte Regulierungswut

Mittwoch, 24. August 2011, 06:54
von Miriam Kraus

In der vorletzten Woche war es wieder einmal so weit: die politischen Entscheider in Frankreich, Italien, Spanien und Belgien griffen einmal mehr zum letzten verzweifelten Mittel, um die Märkte in eine genehme Richtung zu lenken. Leider haben die politischen Entscheider aus der Geschichte nicht gelernt, dass jenes Mittel nicht dazu angetan ist, nachhaltig fallende Kurse zu verhindern.

Immer sind die Short-Seller schuld...

...wenn mal wieder die Aktienkurse fallen! So alt diese Aussage ist, so sehr zeigt sie aber immer vor allem eine panische Verzweiflung bei den Politikern auf, welche gerade ein Leerverkaufsverbot durchführen. Denn das Short-Selling (Leerverkäufe) besteht seitdem es Börsen gibt und wird seit Jahrhunderten immer dann verboten, wenn der Politik die Richtung des Marktes nicht schmeckt.

Doch der Erfolg lässt fast immer zu wünschen übrig

Aufgescheucht durch fallende Kurse gaben am 11.August Frankreich, Italien, Spanien und Belgien ein Leerverkaufsverbot bekannt - hauptsächlich für Finanztitel im Aktienmarkt, Spanien erließ zusätzliche Restriktionen für den OTC-Markt. Die Verbote gelten zunächst einmal bis zum 26.August. Die Folgen dieses Verbotes lassen sich zum Beispiel an der Aktie der SocGen sehr gut ablesen: die Aktie konnte von ihrem Tief am 11.August zwar zunächst deutlich steigen, gab aber ab Mittwoch vergangener Woche schon wieder deutlich nach.

Dies ist keineswegs ungewöhnlich, denn die Geschichte lehrt uns, dass Leerverkaufsverbote sich im Nachhinein nicht nur als denkbar ineffektiv erweisen, sondern die Probleme sogar noch verschärfen können. Jüngstes Beispiel: die letzte Leerverkaufsverbotswelle in 2008. Damals wurde in den USA nach dem Kollaps der Lehman Brothers ein temporäres Leerverkaufsverbot für Finanztitel eingeführt. Die Folge: kurzfristig legten die Märkte zwar zu, aber innerhalb von nur 3 Wochen hatten sich die zwischenzeitlichen Gewinne wieder verflüchtigt. Im Durchschnitt fielen die Kurse der vom Leerverkaufsverbot betroffenen Aktien hernach um 25%, während der S&P insgesamt um 21% nachgab.

Warum?
Nun zum einen, weil der Druck auf die Kurse nicht zwangsläufig nur von "bösen" Leerverkäufern ausgeht, sondern eben auch von Investoren, die ihre Anteile verkaufen. Die Crux dabei: Aktien, die von einem Leerverkaufsverbot betroffen sind, geraten oftmals noch viel stärker in den Fokus der Verunsicherung. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass durch ein Leerverkaufsverbot eine normale Preisfindung erschwert wird und die Liquidität sinkt.

Zweitens sind Leerverkäufe nun einmal wichtig für viele Marktteilnehmer (und nicht nur für "böse" Spekulanten), in Form einer Absicherungsstrategie. Und wer auf solch eine Absicherungsstrategie nicht verzichten will oder kann, wegen des Risikomanagements, der muss eben andere Wege finden um seine Positionen oder das Gegenpartei-Risiko (im Falle von Banken) abzusichern. Dies geschieht dann zum Beispiel mit Hilfe von synthetischen Short-Positionen über Derivate, wie Futures und Optionen. Aufgrund der Verbote und Restriktionen ist der Marktteilnehmer dann aber oft gezwungen, strategisch so vorzugehen, dass im Endeffekt, neben den vom Leerverkauf ausgeschlossenen Titeln, ein ganzer Index betroffen ist. Ein Beispiel: ein Marktteilnehmer will sich gegenüber dem Kursverfall der SocGen absichern. Weil Leerverkäufe in der Aktie verboten sind, shortet der Markteilnehmer einfach einen Index-Future, in dem die Aktie enthalten ist und kauft zugleich die Aktien der übrigen im Index enthaltenen Titel. Eine andere Möglichkeit wäre, Short-Positionen in anderen Finanztiteln (da sich die aktuellen Leerverkaufsverbote auf Finanztitel beziehen) einzugehen, welche nicht vom Leerverkaufsverbot betroffen sind, da ein möglicher Zusammenbruch einer Bank (und leider wachsen die Sorgen bezüglich eines solches Kollaps immer gerade für die Aktien, für die ein Leerverkaufsverbot ausgesprochen wird) auch die übrigen Finanztitel unter Druck setzen würde. Oder man shortet gleich einen ganzen Finanz-Index. Und sollten gar die Terminmärkte mit Restriktionen bedacht werden, wie zuletzt in Frankreich, dann sichern sich die Marktteilnehmer eben auf die gleiche Weise über Indizes in anderen Ländern ab. Oder anders gesagt: wer französische Banken nicht shorten kann, der shortet dann eben deutsche Banktitel, oder auch gleich den DAX-Future. Und schließlich gibt es auch immer noch die Möglichkeit in New York ADRs der betreffenden Titel leer zu verkaufen.

Leerverkäufe erfüllen wichtige Funktionen

Im Endeffekt kreieren die politischen Verantwortlichen durch ein in Krisen ausgesprochenes Leerverkaufsverbot leider immer nur noch mehr Verunsicherung, mit der Folge, dass Investoren ihre Titel gerade verstärkt verkaufen und nervöse Leerverkäufer, auf der Suche nach Absicherung, gezwungen sind, Hintertürchen zu durchschreiten, was dann auch den Druck auf den Gesamtmarkt erhöhen kann.

Nun könnte man natürlich sagen: dann sollen eben alle Formen des Leerverkaufs überall verboten werden! Doch, mal abgesehen davon, dass dies weltweit kaum durchzusetzen ist, wäre ein absolutes Leerverkaufsverbot ein schwerwiegender Fehler... aus mehreren wichtigen Gründen:Erstens erhöhen Leerverkäufe die Liquidität und das Handelsvolumen in den Märkten.

Zweitens erhöhen sie die Transparenz in den Märkten und erfüllen damit auch die wichtige Funktion, starke Preisblasen abzuschwächen.

Und drittens bieten sie für die Markteilnehmer die wichtige Funktion Absicherungsstrategien durchzuführen.

Die Vergangenheit zeigt: wenn Leerverkäufe verboten werden, dann sinkt in der Folge oft das Handelsvolumen, was die eigentlich unerwünschten starken Kursausschläge (die man ja ursprünglich bekämpfen wollte) leider erst recht erhöht. Und gerade ein Leerverkaufsverbot für Finanztitel kann deutlich nach hinten los gehen, wenn Banken, die sich gegenüber ihrer Gegenpartei nicht mehr absichern können, dann einfach ihre Geschäfte mit der Gegenpartei einstellen - wenn derartiges um sich greift und immer weniger Banken miteinander Geschäfte machen, dann führt das zum berüchtigten Austrocknen des Interbankenmarktes, wie wir das schon aus 2008 kennen, mit der Folge, dass eine Banken-und Finanzkrise erst recht begünstigt wird.

Ich bin mir sicher, das alles liegt zwar nicht in der Absicht der politischen Entscheider, dennoch muss ich mich fragen, weshalb die Politik in Jahrhunderten nicht gelernt hat, dass ein striktes Verbot natürlicher Leerverkäufe, es nicht nur nicht vermag, Kursrückgänge aufzuhalten, sondern auch, dass ein solches Verbot von den Märkten immer auch als eine der letzten Verzweiflungstaten der Politik betrachtet wird und die Verunsicherung erst recht erhöht.

Verstehen Sie mich nicht falsch, ich will damit nicht sagen, dass Leerverkäufe (und insbesondere ungedeckte Leerverkäufe) keine Risiken in sich tragen. Das tun sie! Dennoch trägt das größte Risiko dabei der Leerverkäufer selbst und so lange illegale Handlungen, wie Preismanipulationen verboten sind (wie das heute an allen Marktplätzen der Fall ist) erfüllen Leerverkäufe wichtige Funktionen für den Gesamtmarkt. Und schließlich können in einem Markt nun einmal nicht alle eine Long-Position inne haben...

So long liebe Leser....ich möchte hier wirklich kein uneingeschränktes Plädoyer für Leerverkäufe halten...aber ich möchte aufzeigen, wie wichtig diese für einen funktionierenden Markt sind und wie gefährlich ein umfassendes Verbot der Leerverkäufe werden kann...deshalb möchte ich ab heute mit einer Reihe zu dem Thema beginnen, während der wie uns ausführlich mit allen Aspekten des Themas auseinandersetzen werden...morgen gönnen wir uns zu diesem Zweck zunächst einen historischen Streifzug durch die Geschichte der Leerverkäufe....liebe Grüße

Ihre Miriam Kraus

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » http://www.investor-verlag.de