StartseiteAllgemeinesBeständeAnlageAnalysenNewsWissenAutorenChartsHandelForum

News:

News zu Silber

News zu Edelmetallen

News zu Minen

News zu Wirtschaft

News zu Währungen

News zu Wirtschaft:

Wirtschaft 2007

Wirtschaft 2008

Wirtschaft 2009

Wirtschaft 2010

Wirtschaft 2011

Allgemein:

Startseite

News (RSS)

News-Select (RSS)

Link´s

Sitemap

Kontakt

Disclaimer

Eine Runde Mitleid für Europa...

Dienstag, 19. Juli 2011, 05:28
von Miriam Kraus

Ich schwanke mittlerweile von der Frustration ins Mitleid über, wenn ich das hilflose Agieren der Häuptlinge in Europa und den USA beobachte. ;-) Sicher, jetzt muss ich selbst auch lachen, aber, ganz unter uns: so ein ganz kleines bisschen tun sie mir schon leid, die armen Häuptlinge. Es muss ja auch schrecklich frustrierend für sie sein, so ganz ohne einen Schimmer davon, wie sie die jeweilige verfahrene Situation im eigenen Einflussbereich eigentlich ändern sollen.

Festgefahrene Europäer

Nehmen wir zum Beispiel einmal Europa. Dort ist nun die gesamte Verantwortung auf die armen, halbwissenden Politiker über gegangen...obwohl, ganz so allein sind sie ja eigentlich nicht...schließlich steht ihnen die EZB-Bad Bank ja weiterhin mit dem Aufkauf von Staatsanleihen der Länder, deren Staatsanleihen nur noch wenige haben wollen (glücklicherweise gehören noch die Chinesen dazu), zur Seite...nur Anleihen eines Staates, die tatsächlich mit Default bewertet werden, mag die EZB dann doch nicht mehr haben. Also sollen die Polit-Häuptlinge, nach dem Willen der EZB, jetzt dafür sorgen, dass es nicht zu einem Default kommt (namentlich zum Default der Griechen).

Nur leider sind sich die EU-Häuptlinge alle nicht einig. Frau Deutschen-Häuptling hat offenbar kein ganz so großes Problem mit einer Griechen-Umschuldung, was allerdings ein gewisses Maß an Realismus bezeugt. Doch die EZB-Häuptlinge sind strikt dagegen, haben Angst vor einer noch größeren Krise, was ebenfalls nicht von der Hand zu weisen ist. Andere bringen die Euro-Bonds ins Spiel, was die Bundesbank aber kategorisch ablehnt. Medienberichten zufolge, wird aber derzeit gerade über Variante 3 diskutiert, nach der dem EFSF der Aufkauf der Griechen-Anleihen (und später auch anderer Anleihen) überlassen werden soll, gerne auch irgendwie mit Beteiligung der Privaten.

Es hat sich also in Euroland nicht viel geändert. Die Situation bleibt festgefahren, aber zumindest sind sich mal alle einig darüber, dass sie mit der Gesamtsituation unzufrieden sind.

Warum die Europäer festgefahren sind

Allerdings fehlt es den Europäern keineswegs an Handlungsalternativen. Viel mehr ist es wohl so, dass deren zu viele vorhanden sind. Woran es dagegen mangelt, ist eine klare gemeinsame Richtung. Oder um es anders zu sagen: nach wie vor versucht Europa der alles entscheidenden Gretchen-Frage, nach dem unbedingten Für oder Gegen die Zone, aus dem Weg zu gehen. Verstehen Sie mich nicht falsch: ich sage nicht, dass diese Frage einfach zu beantworten ist und ich sage auch nicht, dass die Antwort (wie immer sie auch ausfällt) keine Konsequenzen nach sich zieht. Ich sage nur, dass die Märkte Europa so lange nicht in Ruhe lassen werden, bis sie ihre Antwort bekommen haben.

Denn am Ende kann es nur heißen: entweder wird der Anfang vom Ende der Eurozone billigend in Kauf genommen oder die Eurozone wird zur Transferunion!

Wenn Sie mich fragen, für welche Lösung ich mich entscheiden würde, dann müsste ich ganz ehrlich sagen: am liebsten für keine der beiden. Das ist allerdings wenig hilfreich, denn das entspricht der gleichen Antwort, welche die Politik derzeit von sich gibt.

Und derzeit sieht es nicht danach aus, als würden die Häuptlinge bald Farbe bekennen. (obgleich sie ihre zögerlichen Schritte bislang stärker in Richtung der Transferunion gebracht haben und sich erst seit kurzem stärkerer Widerwille gegen das unbedingte Dafür regt...).

Doch das wahre Mitleid gebührt dem europäischen Bürger

Mein Vorschlag wäre demnach, die Gesamtheit der Eurozonen-Bürger entscheiden zu lassen....

(Kurze Anmerkung: wenn Sie schon länger Rohstoff-Daily lesen, haben Sie sicher schon festgestellt, dass ich der plebiszitären Demokratie so einiges abgewinnen kann. Warum? Nun, angesichts dessen, dass es auf diesem ganzen Planeten wohl weder eine Einzelperson, noch ein Gremium geben kann, dessen oder deren Weitsicht klar genug ist, um die Entscheidungshoheit über die Zukunft von Millionen Menschen zu tragen, kann diese Entscheidungskraft schlussendlich nur von der Gesamtheit Aller getragen werden. Nicht nur, weil dabei meistens sogar die besseren Ergebnisse erzielt werden, sondern auch, weil die Gesamtheit Aller die Konsequenzen ihrer Entscheidung tragen wird.)

...denn diese (also wir alle) sind es, welche die Konsequenzen jeglicher Entscheidungen in der Politik tragen müssen.

Transferunion? Wir alle bezahlen füreinander. Der EFSF kauft Griechen-Anleihen? Wir alle stellen dem EFSF das Grundkapital zur Verfügung. Die EZB kauft Anleihen? Nun, wenn das schief geht, dann müssen wir alle die EZB rekapitalisieren.

Aber auch: wir lassen die Griechen umschulden? Nun, die Rating-Heinis stufen den Default ein, unser Banken-System bekommt erneut ernsthafte Probleme (übrigens, auch der letzte Banken-Stresstest, bei dem immerhin 8 Banken durchgefallen sind, hat die Möglichkeit einer Staatspleite nicht einmal mit einbezogen...ist dementsprechend nach wie vor nur wenig aussagekräftig.) und wir müssen erneute Banken- und Finanzsystem-Rettungen bezahlen oder zumindest verbürgen. Wir lassen die Eurozone auseinander fallen? Auch dann müssen wir alle extremen Konsequenzen hin nehmen. Die können von Verwerfungen, über Crashs, Wachstumseinbußen der exportorientierten Länder und dem Verlust des politischen Gewichts auf internationaler Ebene, bis hin zu Währungsab- und aufwertungen, aber auch der Möglichkeit einer positiven Neuorientierung reichen. Das Spektrum ist hier jedenfalls weit und die Auswirkungen mehr als unsicher, weshalb man seitens der Politik dieses Szenario gar nicht ins Auge fassen mag.

Der springende Punkt ist jedoch: egal welchen Weg wir wählen, es ist nicht zwangsläufig der Richtige. Wenn wir jedoch selbst wählen dürften, dann wüssten wir wenigstens, dass wir nicht die Konsequenzen der Entscheidungen bemitleidenswerter Polit-Häuptlinge tragen müssen, wie wir es jetzt tun. Denn die Hauptschuld an der aktuellen Misere trägt (meiner Meinung nach) die Politik, die in der Vergangenheit die Eurozone (und ich spreche hier ganz bewusst nur von der Eurozone, denn vom Gedanken an einen gemeinsamen Wirtschaftsraum, der freien Handel ermöglicht, bin ich nach wie vor positiv überzeugt) in Lichtgeschwindigkeit auf- und ausgebaut hat. Ein Fehler, den die Mehrheit der europäischen Bürger, davon bin ich jedenfalls überzeugt, nicht begangen hätte.

...und die USA!

Und auch die USA verdienen heute mein Mitleid.

Da ist zum einen der arme US-Häuptling, dem seine Mitpolitiker die kalte Schulter zeigen. Oder anders gefragt: was ist eigentlich aus Obamas großartigem Ultimatum geworden? Hatte er nicht schon für Samstag eine Antwort zur schwebenden Frage nach Sparpaket und Schuldenobergrenzen-Anhebung gefordert? Die kam aber nicht und so kann man sich auch fragen, was ein Ultimatum eigentlich wert ist, wenn man so gar nichts hat, womit man drohen könnte. Denn augenscheinlich wollen sich die Damen und Herren vom Kongress, so gar nicht von der schlimmsten anzunehmenden Drohung, der Zahlungsunfähigkeit der Regierung, beeindrucken lassen. Welch Coolness, oder vielleicht ist es auch einfach nur sture Verbohrtheit, gekoppelt mit grenzenloser Selbstüberschätzung.

Na ja, die üblichen US-Politspielchen eben.

Allerdings haben sich die Demokraten- und Republikaner-Häuptlinge im Senat zusammengesetzt und debattieren offenbar über einen neuen Plan, nachdem die alleinige Befugnis, die Schuldenobergrenze anzuheben, dem Präsidenten zukommen soll.

Hmmm...nicht unclever....sollte der Plan tatsächlich Realität werden, dann hebt Häuptling Obama fröhlich die Schuldenobergrenze an, trägt dann aber auch ganz allein die Verantwortung dafür, während sich an der miesen Schuldenlage des Landes nichts ändern wird. Na ja, ganz ehrlich, auch mit Sparpaket würde sich nicht viel ändern, außer, dass die Konjunktur wohl einen Zusatzdämpfer erhält.

Deshalb erhält Häuptling Obama heute mein Mitleid dafür, dass er der Häuptling der Amerikaner ist. Mal ehrlich, wer will das schon, da könnte man auch gleich Häuptling eines europäischen Stammes werden. ;-)

Mitleid für die Rating-Heinis unter Berücksichtigung eines triefenden Sarkasmus

Ach ja, die armen Rating-Heinis von Moody's. Denen fehlt es auch an schlagender Durchsetzungskraft, zumindest in den USA. Da drohen sie seit Tagen damit, den Amis ihr Top-Rating weg zu nehmen und doch werden auch sie von den Kongressianern ignoriert. Auch ihre Ultimaten verstreichen wirkungslos, was wohl daran liegen mag, dass sie das Kriegsbeil nicht finden können. Oder anders gesagt: was hilft es schon, mit der Abstufung zu drohen, wenn doch niemand davon ausgeht, dass diese jemals durchgeführt wird?

Glücklicherweise sind sie in Europa ja weniger zimperlich zugange, so dass sie nur im Angesicht der USA zu zahnlosen Waschlappen verkommen, während sie Europa ja schon mehrmals in die Peripherie gebissen haben.

Na ja, in ihrer bemitleidenswerten Hilflosigkeit haben sie sich jetzt an Häuptling Obama persönlich gewandt. Dem raten sie nun, die Schuldenobergrenze ganz abzuschaffen, auf dass die US-Regierungen ganz ohne Kontrolle für immer ihre Schulden vermehren können. (nun ja, so ganz unüblich ist das Verfahren ohne Schuldenobergrenze auszukommen, international betrachtet, ja nicht...ob es allerdings zwingend nachahmenswert ist, steht auf einem anderen Blatt, mal ganz abgesehen davon, dass US-Regierungen nun nicht gerade für ihre große Sparsamkeit bekannt sind.)

Da sage mal einer die Heinis besäßen keine Weitsicht. Während sie im vergangenen Jahr noch die Sparpläne der angeschlagenen europäischen Regierungen gut geheißen hatten, haben sie sich inzwischen offenbar um entschieden und plädieren jetzt stattdessen für das "große Geld ausgeben". Ob sie das auch für die Euro-Staaten gelten lassen?

Ehrliches Mitleid...

...verdienen auch in den USA nur die Bürger, welche die Konsequenzen jahrzehntelanger verfehlter Notenbank- und Finanzpolitik, aber auch Sozial-, Gesundheits- und Bildungspolitik (ich weiß, das mögen nur wenige so sehen und generell halte ich angemessene Studiengebühren durchaus für einen Leistungsanreiz, aber welche Lehre kann ein Student, der sein Studium mit Schulden in Höhe von 200.000 USD beendet schon ziehen, außer, dass es völlig normal und in Ordnung ist, einfach alles über Schulden zu finanzieren...eine Lehre, die aber leider auch der Rest der ach so zukunftsorientierten, aber leider von der sofortigen Konsumbedürfnis-Befriedigung geprägten Gesellschaft gezogen hat.) tragen müssen.

So long liebe Leser...damit verabschiede ich mich für heute und bleibe weiterhin gespannt, was den Volksvertretern, hier wie auch in Übersee, noch so alles einfallen mag, um uns zu erheitern...ach noch was Interessantes: auch die chinesische Rating-Agentur Dagong droht jetzt übrigens die US-Bonität abzusenken...allerdings: Dagong hatte die USA schon im letzten November von AA auf A+ abgestuft...erscheint mir jedenfalls realistischer, als das Rating der Ami-Agenturen...bis morgen und liebe Grüße...

Ihre Miriam Kraus

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » http://www.investor-verlag.de