StartseiteAllgemeinesBeständeAnlageAnalysenNewsWissenAutorenChartsHandelForum

News:

News zu Silber

News zu Edelmetallen

News zu Minen

News zu Wirtschaft

News zu Währungen

News zu Wirtschaft:

Wirtschaft 2007

Wirtschaft 2008

Wirtschaft 2009

Wirtschaft 2010

Wirtschaft 2011

Allgemein:

Startseite

News (RSS)

News-Select (RSS)

Link´s

Sitemap

Kontakt

Disclaimer

Europa gegen die Rating-Geier

Donnerstag, 07. Juli 2011, 05:39
von Miriam Kraus

So jetzt ist es passiert: die Rating-Geier haben uns den Fehde-Handschuh hingeworfen und wir sind, ähm, entrüstet! Fragt sich nur, wer im Kalten Krieg zwischen Europa und den Rating-Geiern schließlich den längeren Atem haben wird...

Der Kalte EU/Rating-Geier-Krieg

Wir hatten uns ja schon am Montag darüber unterhalten, wie der Rating-Geier S&P der EU-Politik mal wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte. Was muss das frustrierend für die EU-Häuptlinge sein...da hatten sie sich schon so darauf gefreut, die ganze Griechen-Sache jetzt langsam mal einen Schritt weiter zu bringen und dies mit einer kleinen freiwilligen Beteiligung der Banken auch dem Steuerzahler schmackhaft zu machen und dann das: S&P schießt quer und droht bei Ausführung der Rollover-Pläne, eine Abstufung der entsprechenden Griechen-Bonds auf einen "Teilausfall" vorzunehmen. Das war der erste Akt!

Dann folgte der zweite Akt:
Auftritt der eisernen Kanzlerin, die es wagte die Diktatur der Rating-Agenturen in Frage zu stellen und an die Troika appellierte, sich von den Rating-Geiern nicht einschüchtern zu lassen.

Gestern Abend dann der dritte Akt: der Moody's-Geier stuft überraschend die Portugiesen auf Ramschniveau ab. Begründung: man habe Zweifel daran, dass das Land seine Sparziele erreichen könne. Dementsprechend geht man davon aus, dass auch Portugal ein weiteres Hilfspaket brauchen wird. Angesichts der aktuellen Entwicklung hätte man nun die Befürchtung, dass an einem zweiten Hilfspaket aber die privaten Gläubiger beteiligt werden würden, was zu Verlusten bei jenen führen könne. Man könnte es auch anders sehen: nämlich als ersten Warnschuss im Gesamtkonflikt.

Akt Vier beschreibt nun heute entrüstete EU-Häuptlinge, die nun ihrerseits in den Drohmodus schalten. Bundesfinanz-Häuptling Schäuble will "das Oligopol der Rating-Agenturen" brechen. Und auch die sonst eher zurückhaltende EU-Kommission ist mittlerweile so richtig sauer und droht den Rating-Heinis nun mit Regulierungen.

Und wer hat nun Recht, oder anders gefragt: auf wessen Seite wollen wir heute stehen?

Nun, so gefragt, am besten auf keiner Seite!

Denn, obgleich ich den Rating-Geiern (wie Sie ja wissen) generell rein gar nichts abgewinnen kann, muss ich zugeben, dass in deren Warnungen und Entscheidungen schon ein Körnchen Wahrheit steckt. Die S&P-Geier haben zumindest in so weit Recht, wenn sie sagen, dass die Griechen alleine mit einem Sparpaket wohl nicht weit kommen werden. (und sollte sich an der grundsätzlichen Ausgangsposition der griechischen Wirtschaft nichts ändern, dann bleibt eine Umschuldung auch weiterhin nicht nur eine Möglichkeit, sondern auch eine die früher oder später Realität werden müsste). Der Moody's-Geier hat leider auch nicht ganz Unrecht mit seiner Begründung für die Abstufung Portugals, allerdings forciert er mit seiner Entscheidung, dass das Szenario auch wirklich Realität wird.

Doch abgesehen davon, muss ich auch zugeben, dass ich die Reaktionen der EU-Häuptlinge absolut nachvollziehen kann (obwohl ich von denen generell ja auch nichts halte). Es kann schließlich nicht angehen, dass auch noch außereuropäische private Institutionen die europäische Politik bestimmen.

Zumal diese Institutionen keineswegs unparteiisch vorgehen, geschweige denn nach international gleichen, transparenten und klar nachvollziehbaren Richtlinien handeln.

Oder um es mal mit einer ganz klaren Ansage zu äußern: Hey Rating-Geier, wir wissen selbst, dass bei uns die Probleme überkochen. Und was wir bestimmt nicht gebrauchen können, das seid ihr, die ihr das Feuer nur noch zusätzlich anfacht. Also fliegt lieber nach Hause und mischt euch dort ein, da gibt's genug Probleme für euch anzuprangern.

...und wenn ich schon dabei bin, will ich gleich auch noch den EU-Häuptlingen folgendes mit auf den Weg geben: Howdy EU-Häuptlinge (inkl. EZB), ich weiß, ihr habt's nicht einfach dieser Tage. Allerdings müsst ihr euch wohl langsam darauf einstellen, dass ihr das gegenwärtige Zeit-Spielchen nicht ewig weiter spielen könnt. Irgendwann wird der Tag der echten Entscheidung kommen: für oder gegen die Zone, mit allen Konsequenzen.

Wenn die Geier auf das Vertrauen zielen

von Miriam Kraus

Eigentlich darf es niemanden verwundern, dass der Rating-Geier Moody's seine Bombe ausgerechnet über Portugal abgeworfen hat. Bei den Griechen gibt's nicht mehr viel abzustufen und Portugal ist eben der zweitschwächste Wackelkandidat im Bunde.

Also war es gerechtfertigt, dass der Geier die Portugiesen abgestuft hat?

Hmm, na ja, zunächst einmal finde ich grundsätzlich alles fragwürdig, was die drei großen Rating-Agenturen so tun. Aber abgesehen davon....wenn man schon jemanden abstufen wollte, dann sicher Portugal.

Portugal ist nicht Griechenland, aber...

...auch Portugal hat Probleme und ich spreche hier gar nicht mal nur vom Haushaltsdefizit. Dieses soll von 9,1% vom BIP bis 2013 auf 3% gesenkt werden. Ein hehres Ziel, dem sich die Portugiesen aber uneingeschränkt verpflichtet haben. Auch die Portugiesen haben sich ihr bitteres Sparpaket verschrieben (inkl. Privatisierungen) und weil sie in diesem Jahr voraussichtlich ihr angestrebtes Sparziel nicht erreichen werden, haben sie erst kürzlich noch einen oben drauf gesetzt: zum Jahresende dürfen die Portugiesen die Hälfte ihres Weihnachtsgeldes der Schuldenreduzierung spenden. Im Gegensatz zu den Griechen nehmen die Portugiesen ihr Sparpaket bislang aber ohne große Unruhen hin. Mit Sicherheit ein Vorteil für das Vertrauen in das Land.

Aber...auch das portugiesische Sparpaket belastet (wie sollte es auch anders sein) die Wirtschaft. Für dieses und das kommende Jahr geht man von einer Schrumpfung von jeweils 2% aus. Und auch die Portugiesen haben es (ähnlich wie die Griechen) mit Steuerhinterziehungen und Strukturproblemen zu tun. Laut Eurostat liegt die Arbeitsproduktivität in Portugal sogar noch unter der Griechenlands, bei knapp 65% vom EU-Durchschnitt.

Es bestehen also durchaus Parallelen zwischen Griechenland und Portugal. Beide Länder führen Sparanstrengungen zu Lasten des Wirtschaftswachstums durch und beide Länder haben noch so einiges an der Ausgangslage ihrer Wirtschaft zu verbessern (das ist besonders wichtig). Allerdings steht die portugiesische Bevölkerung stärker hinter ihrer Politik, als die griechische und Lissabon ist deutlich bestrebt wichtige strukturelle Reformen umzusetzen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu stärken. (Die EU-Kommission hat somit die Hoffnung, dass Portugal seine Exporte mindestens um 6% in diesem und im nächsten Jahr steigern und damit zumindest sein Leistungsbilanzdefizit in kommenden Jahr halbieren kann.)

Allein, ob's klappt, das steht in den Sternen und ist allemal auch eine Frage des Vertrauens!

Torpediertes Vertrauen

Ich möchte hier nichts beschönigen...Portugals Ausgangslage ist schwach! ABER (und das muss ich wirklich groß schreiben) im Grunde ist das völlig egal...denn eigentlich geht es immer und immer nur darum, wie stark das Vertrauen des Gläubigers in den Schuldner ist.

Oder anders gesagt: so lange man Portugal in Ruhe lässt und die Zinsbelastung nicht zu hoch ist, so lange das Land brav seine Reformen umsetzt, so lange hätte Portugal durchaus eine Chance (trotz Sparpaket). Doch der Moody's-Geier schoss und traf mitten ins Schwarze des Vertrauens in das Land. Wobei, nebenbei bemerkt, der Zeitpunkt ja schon äußerst geschickt gewählt war. Denn prompt konnte Lissabon, anstelle der avisierten 3-monatigen Anleihen im Wert von 1Milliarde Euro nur noch 848 Millionen Euro zu annehmbaren Zinsen aufnehmen.

Na ja, hoffen wir mal, dass die Entscheidung des Geiers nicht zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung wird.

Allerdings ist Portugal nicht einmal unser größtes Problem. Das Problem könnte noch viel größer werden, wenn die spanischen Banken unter die portugiesischen Räder geraten sollten und es könnte noch ungeahnte Dimensionen annehmen, wenn die Geier im Rating-Wahn sich auch noch Italien vorknöpfen sollten.

So long liebe Leser....na ja, wenigstens machen sich die Iren ganz gut, so dass sie derzeit mal nicht im Fokus der Geier stehen....wenn die Geier aber wirklich ernst machen sollten und halb Europa abstufen, dann wäre es, schon allein der Fairness halber, aber auch endlich mal an der Zeit am festgeschmiedeten Triple-A der Amis zu rütteln....denn auch die Amerikaner sind nicht unstürzbar - alles nur eine Frage des Vertrauens...aber vielleicht sehe ich das auch alles etwas zu eng...vielleicht sind die Rating-Geier auch nur ganz besonders vom europäischen Gedanken entzückt und wollen uns eigentlich nur in die (von allen nationalen Seiten zu Recht gefürchteten) gemeinsamen Euro-Bonds stürzen... na ja, man wird sehen, wie immer....zumindest hatte ich gestern Recht: die Woche ist doch noch ganz lustig geworden...und weil's heute so besonders aufregend war und ich, wie Sie gemerkt haben, mich vom Schuldenthema wieder einmal habe mitreißen lassen, muss ich den angekündigten Öl-Beitrag auf morgen verschieben...damit verabschiede ich mich für heute und wünsche Ihnen noch einen schönen Abend...liebe Grüße...

Ihre Miriam Kraus

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » http://www.investor-verlag.de