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Ketzerische Gedanken zur Enteignung

Spätestens am Donnerstag und Freitag, als der Euro im Vergleich zum Dollar einen großen Sprung nach oben machte, ist allen Beobachtern der Währungsszene klar geworden: Eine neue Spekulationsrunde hat begonnen. „Begehen Sie nicht den Fehler, sich jetzt in Dollar-Anleihen zu engagieren“, schrieb ich Ihnen hier am 12. Februar. Diese Aussage wird, wenn der Euro zum nächsten oder übernächsten Sprung ansetzt, analog für Euro-Anleihen gelten.
Das Spiel mit den Währungen braucht für die an ihm beteiligten Banken, Hedgefonds usw. immer einen Auslöser. Jetzt ist es die schwache US-Konjunktur, beim nächsten Mal wird es irgendeine Horrorbotschaft aus dem Euro-Raum sein. Fundamental hat das alles wenig zu bedeuten. Denn unter Einbeziehung aller Schulden, auch der sog. impliziten Verpflichtungen (z.B. aus Pensionszusagen und ausgegliederten Etats), sind die USA und der Euro-Raum gleichermaßen etwa zu 300 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschuldet, Rückkehr zu Relationen unter 100 Prozent ausgeschlossen – was ein Mal mehr die These erhärtet, dass Gold als Anti-Papierwährung trotz des Rücksetzers vom Freitag weiter reüssieren wird.
Politiker und Wirtschaftskapitäne mit klarem Kopf haben das Schuldenproblem auf beiden Seiten des Atlantiks natürlich längst erkannt und sinnen seitdem auf Abhilfe. US-Präsident Barack Obama macht es sich dabei zunächst recht einfach, indem er nach der Gesundheitsreform eine Finanzreform auf den Weg bringt, die diesen Namen eigentlich gar nicht verdient, weil sie noch von allerlei Imponderabilien abhängt. Da trifft es sich gut, dass das Ablenkungsmanöver mit der Halbe-Milliarde-Dollar-Auflage für die Investmentbank Goldman Sachs wegen allzu rüder Methoden im Umgang mit Kunden etc. die Schlagzeilen mehr beherrscht als der undurchsichtige Vorschriftendschungel zur Finanzreform.
Deutschland wird das eigene Schuldenproblem ebenso wenig dauerhaft lösen können wie – als Zahlmeister - das der anderen Euro-Länder oder der EU insgesamt. Aber man kann ja so tun als ob und zwischendurch den einen oder anderen Versuchsballon starten, nach der Flugverkehrssteuer z.B. Pkw-Maut, Bahnreform – sprich: Preiserhöhung (willkommener Anlass: die schlapp gewordenen Klimaanlagen), einheitlicher Mehrwertsteuersatz, höhere Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung (zum Teil bereits beschlossen) oder Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Für Letztere haben sich pikanterweise viele sog. Reiche ausgesprochen, wobei sie dies als Signal des guten Willens und nicht als Aufforderung zum Schröpfen aufgefasst haben wollen.
Auf eines sollten Sie allemal gefasst sein: Schon beim nächsten einschneidenden Ereignis wird die Politik gnadenlos mit höheren Steuern, Abgaben und Schulden zuschlagen und dann wahrscheinlich an die Solidarität aller Deutschen appellieren. So ein Ereignis kann bereits die derzeitige Hitzewelle sein, die Eskalation der Streiks in Griechenland, ein Kurseinbruch an der Börse in Shanghai oder die Wende zum Schlechten im Afghanistan-Krieg. Lassen Sie Ihrer Phantasie freien Lauf und diskutieren Sie im Familien- oder Freundeskreis, welche Ereignisse sonst noch infrage kommen – und vor allem auch: Wie Sie sich finanziell dagegen wappnen.
Als Emmerich Müller, persönlich haftender Gesellschafter der angesehenen Frankfurter Privatbank Metzler, vor Kurzem in einem Wirtschaftswoche-Interview auf das Thema Enteignung angesprochen wurde, wich er zunächst aus, machte dann aber deutlich: „Es geht um gesellschaftspolitische Verteilungskämpfe. Eine Gesellschaft muss entscheiden, wem sie was wegnehmen will.“ Jawohl, wegnehmen. Führen wir diesen Gedanken zu Ende und interpretieren wir Gesellschaft als Wählermasse, die im Großen und Ganzen darüber entscheidet, welche Politiker uns regieren. Dann könnte man meinen, dass der Wählerminderheit etwas weggenommen wird, was der Wählermasse zugute kommt.
Doch weil der Minderheit nicht genug weggenommen werden kann, um die Masse zu befriedigen, wird auch ein Teil der Masse geschröpft, etwa Arbeitnehmer und Selbständige mit mittlerem Einkommen. Hier wird es für Politiker gefährlich, denn dieser Teil der Masse bildet ein gehöriges Wählerpotenzial, das eine Wahl entscheiden kann, wie wir in Nordrhein-Westfalen gesehen haben. Als Konsequenz erleben wir jetzt dort de facto eine rot-grün-rote Landesregierung, die Entscheidungen des Bundesrats blockieren kann. Fazit: Am Ende werden der schwarz-gelb beherrschte Bundestag und der rot eingefärbte Bundesrat Gesetze beschließen, die der Wählermasse nicht weh zu tun versprechen. Solche Gesetze werden bis auf Weiteres in höhere Schulden münden, deren negative Folgen die Wähler zunächst nicht spüren dürften.
Bankier Müller verweist noch auf eine vernünftige, aber nur unter großen Opfern mögliche Alternative: „Unsere aufgebauten Probleme sind unter Schmerzen lösbar. Die Schmerzen heißen Verzicht, Einschränkung und Reduktion in Teilen des Lebensstandards. Wir werden nicht weiterhin über unsere Verhältnisse leben können und fangen damit besser heute als morgen an, weil der Schmerz morgen noch größer ist.“ Politiker, die so etwas der Wählermasse vermitteln, würden allerdings das Ende ihrer politischen Karriere einläuten. Machen wir uns nichts vor, Politiker werden im Zweifel immer die höhere Verschuldung wählen.
Das Wegnehmen im o.g. Sinn wird allerdings gleichzeitig stattfinden, und zwar unter großzügiger Auslegung von Artikel 14 Grundgesetz. Schon dessen erster Absatz lädt dazu ein, wenn es heißt: „Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.“ In der laufenden Legislaturperiode hieße das: Gesetze, die vom Bundestag und Bundesrat schwarz-gelb-rot-grün eingefärbt, also Kompromisse sind, die im Zweifel die als reich geltenden Minderheiten treffen werden, wie Vielverdiener, Immobilieneigentümer, speziell Vermieter und Erben.
Den zweiten Absatz von Artikel 14 lassen Sie sich am besten auf der Zunge zergehen: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Also alles drin, alles dran. Könnte man jedenfalls meinen. Aber dann beginnt der dritte Absatz wie folgt: „Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig.“ Dafür soll es eine Entschädigung geben, und zwar „unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten“. Die Kommentare vieler Professoren zu Artikel 14 füllen ganze Bände, unter anderem, weil die Väter des Grundgesetzes bis zu dessen Verabschiedung im Mai 1949 am schönen Chiemsee in Klausur gegangen waren und dort so viele Nachtschichten über sich ergehen lassen mussten, dass ihre Köpfe und dementsprechend auch die formulierten Artikel nicht mehr ganz klar waren. Seien Sie also nicht überrascht, wenn Sie demnächst gezwungen sein sollten, Ihren Beitrag zum „Wohl der Allgemeinheit“ zu leisten.“

Manfred Gburek, 16. Juli 2010

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » gburek.eu