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Die große Geldnot

von Angela Maier

Die Insolvenzwelle rollt. Um sich selbst nicht zu gefährden, halten die Banken bei strauchelnden Großunternehmen noch still. Das schiebt die Probleme aber nur auf und löst sie nicht.
Experten rechnen für 2009 und 2010 mit so hohen Kreditausfällen wie noch nie.Wochenlang hatte die hoch verschuldete Schaeffler Gruppe mit ihren Banken verhandelt. Erst in der Osterwoche gelang der Durchbruch: 1 Mrd. Euro zusätzlichen Kredit gewährten die Institute dem Familienkonzern - obwohl er sich mit der Übernahme von Continental verhoben hat, obwohl er mit 12 Mrd. Euro bereits bis über die Halskrause verschuldet ist, obwohl er wie alle Autozulieferer unter massiven Umsatz- und Gewinneinbrüchen leidet.
"Bei der Kreditlinie geht es darum, dass Schaeffler weitermachen kann", sagt ein Bankmanager. "Die Banken hoffen auf bessere Zeiten. Eine Wertberichtigung will im Moment niemand haben." Schaefflers Kredite sind schon seit September unter Wasser - seit die Annahmefrist für das Übernahmeangebot abgelaufen ist und die Franken 90 Prozent an Conti bekamen.
Heute sind die auf Pump für 10 Mrd. Euro gekauften Aktien weniger als 3 Mrd. Euro wert. Trotzdem tut sich bei Schaeffler wenig. Weder ziehen die Banken die Reißleine, noch gibt es ein Konzept zur finanziellen Restrukturierung - bei dem es ohne frisches Kapital und einen Forderungsverzicht der Banken nicht gehen wird.

verschobene Probleme

Der Fall Schaeffler ist nur einer von vielen, bei denen die selbst ins Straucheln geratenen Banken sich eine Abschreibung schlicht nicht leisten können. "Die Banken verzögern im Moment häufig Entscheidungen, so lange es geht", sagt ein Manager eines großen Private-Equity-Hauses. "Wenn sie sich aber dann entschließen, dass zum Beispiel ein Unternehmensteil verkauft werden muss, muss es ganz schnell gehen."
Das sieht auch Ansgar Zwick so, Co-Europachef der auf Restrukturierungen spezialisierten amerikanischen Investmentbank Houlihan Lokey: "Die Strategie der Banken ist derzeit zu überwintern. Man versucht, die Bilanzen der Unternehmen so stehen zu lassen, wie sie sind. Aus Unternehmenssicht ist das oft suboptimal, weil die Probleme nur verschoben statt gelöst werden." Auch bei Schaeffler ist die "große Lösung" nun für Anfang des dritten Quartals geplant, heißt es in Unternehmenskreisen.

Experten rechnen mit höheren Kreditausfällen

Anstieg Die Ratingagentur Standard & Poor's gibt in einem Bericht vom April 2009 eine düstere Prognose ab: Zwischen 90 und 112 der 765 Unternehmen, die Standard & Poor's bewertet, haben mit Kreditausfällen zu rechnen. War die Ausfallrate für hochriskante Kredite in den letzten Jahren bis auf 1,53 Prozent gesunken, stieg sie bereits im vergangenen Jahr auf 4,5 Prozent an. Standard & Poor's geht davon aus, dass sich die Ausfallrate in diesem Jahr mehr als verdoppeln wird. Die Analysten rechnen mit einer Ausfallrate zwischen 11,7 und 14,7 Prozent. Ähnlich beurteilen sie die Lage für 2010.

Die anfängliche Insolvenzwelle

Die Insolvenzwelle rollt zwar schon, traf bislang aber hauptsächlich Unternehmen, die schon vor der Krise schlecht dastanden: den Fertighausbauer Kampa und die Autozulieferer TMD Friction und Edscha; Traditionsmarken wie Schiesser, Märklin oder Rosenthal, die schon seit Jahren um die richtige Verkaufsstrategie ringen; Den Speicherchiphersteller Qimonda, der in einem überbesetzten Markt seit Langem hohe Verluste einfährt; und den Auftragshersteller von Mercedes und Audi, Karmann, dessen Eignerfamilie zu lange mit dem Verkauf oder einem drastischen Umbau der Gruppe zögerte.
Doch das ist erst der Anfang. Bald droht die Krise, auch florierende Firmen mitzureißen. "Die Lage vieler Unternehmen hat sich in den vergangenen Monaten nochmals dramatisch verschlechtert", sagt Zwick. "Verlässliche Geschäftspläne für Firmen sind daher kaum darstellbar. Es weiß keiner, wie es ab dem Sommer weitergeht." Auf welcher Basis sollten also Banken Finanzierungen gewähren oder gar Investoren mit Eigenkapital aushelfen?
So prognostiziert die Wirtschaftsauskunftei Creditreform, dass die Zahl der Insolvenzen dieses Jahr auf bis zu 35.000 zunehmen wird, gegenüber 29.580 Firmeninsolvenzen im vergangenen Jahr. Dabei erwarten viele Experten, dass der Höhepunkt der Krise erst 2010 erreicht wird. "Wir sind in der Mitte des bislang größten Distressed-Zyklus überhaupt", sagt Hermann-Josef Woltery, Partner des Finanzinvestors Strategic Value Partners (SVP).

Expertenschätzungen zufolge dürften die Kreditausfälle 2009 und 2010 neue Rekorde erreichen und damit über den Verlustraten der Abschwungjahre 2001 bis 2003 liegen. Die Rating-Agentur Standard & Poor's (S&P) rechnet damit, dass in Europa in diesem Jahr 11,7 bis 14,7 Prozent aller hochriskanten Anleihen und Übernahmekredite (Leveraged Loans) in Zahlungsverzug geraten werden. "2010 könnte sich die Ausfallrate auch auf diesem Niveau bewegen", schreiben die S&P-Analysten.
Dabei hat der Kreditboom der vergangenen Jahre das Volumen an spekulativen Krediten stark aufgebläht: Dieses hat sich gegenüber rund 2000 Mrd. $ im Jahr 2002 weltweit auf rund 3700 Mrd. $ nahezu verdoppelt. "Die Unternehmen werden nahezu alle gleichzeitig fallen, und wir werden nicht genügend Hände haben, um sie aufzufangen", sagt Kolja von Bismarck, Deutschlandchef der Sanierungsabteilung bei der Kanzlei Clifford Chance.

Folgen der Wertberichtigungen

Bis 2007 waren oft spezialisierte Investoren zur Stelle, um strauchelnden Unternehmen unter die Arme zu greifen. Sie kauften deren faule Darlehen (Distressed Debt) auf und sicherten sich per Tausch von Krediten in Eigenkapital die Kontrolle. So wurden die Zulieferer Kiekert, Schefenacker, HP Pelzer und auch TMD vor der Pleite bewahrt.
"Der Londoner Markt hat vor zwei Jahren viele aufgefangen, die sonst in die Insolvenz gegangen wären", sagt Joachim Koolmann, bei der amerikanischen Bank JP Morgan in London im Restrukturierungsbereich tätig. Nun haben diese Investoren - oft Hedge-Fonds und Investmentbanken - selbst Probleme, weil sie auf ihre Firmen hohe Wertberichtigungen bilden mussten. In Europa sei von gut zwei Dutzend Distressed-Spezialisten nur eine Hand voll übrig geblieben, schätzt Woltery von SVP.
Zudem ist auch im Firmenkreditgeschäft eine Blase geplatzt: In den vergangenen Jahren stemmten neue Marktteilnehmer wie Hedge-Fonds und strukturierte Vehikel wie CDOs und CLOs jede noch so riskante Unternehmensfinanzierung. Jetzt sind sie illiquide oder vom Markt verschwunden - und fallen als künftige Finanziers aus.

Ein wenig Hoffnung

Hinterlassen haben sie in vielen Unternehmen hochkomplexe Finanzierungsstrukturen, die jetzt die Restrukturierung massiv erschweren. "Früher mussten sich nur Banken und vielleicht noch Anleihegläubiger untereinander einig werden", sagt SVP-Partner Woltery.
"Heutzutage sind die Gläubigergruppen in der Regel sehr diversifiziert, von Geschäftsbanken über CLOs bis hin zu Hedge-Fonds, die zudem unterschiedliche Fremdkapitaltranchen vertreten. Dass diese sich alle untereinander und mit den Gesellschaftern einigen, wird durch die unterschiedlichen Interessenlagen deutlich erschwert."
Etwas Hoffnung gibt es aber: Einige Investoren trauen sich wieder Käufe zu. So fand der insolvente Bremsbelaghersteller TMD Friction Anfang April einen neuen Eigentümer, den Finanzinvestor Pamplona. "Wenn sich die Konjunktur wieder stabilisiert, könnte es wieder Deals geben", sagt Koolmann.
Die Investoren dafür stünden bereit: "Viele Private-Equity-Firmen haben spezielle Fonds für Sanierungsfälle aufgelegt oder ihre Statuten geändert, sodass sie auch Kredite und Minderheiten kaufen können." Womöglich hilft das sogar auch Schaeffler.

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » ftd.de