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„1944 war die Welt weiter als heute“

Kommt die Inflation? Ist der Dollar am Ende? Brauchen die Devisenmärkte neue Regeln? Peter Bofinger, wichtiger Berater der Kanzlerin, redet Klartext.
Von FOCUS-Online-Redakteur Ansgar Siemens
Ein Paukenschlag: Kurz vor dem Weltfinanzgipfel schießen die Chinesen gegen den Dollar – und wollen eine neue Leitwährung. Ein Reizthema für die Regierungschefs aus 20 Ländern, die in London am Donnerstag über Mittel gegen die Finanzkrise beraten.

Wie gefährlich sind die Querschüsse aus Fernost? Braucht die Welt eine neue Währungsordnung? Wie groß ist die Inflationsgefahr? Die Antworten liefert Peter Bofinger. Der Währungsexperte, Professor in Würzburg, ist als Wirtschaftsweiser einer der ranghöchsten Berater der Bundesregierung.

FOCUS Online: Kurz vor dem Weltfinanzgipfel wollen die Chinesen den Dollar als Leitwährung abschaffen. Wie gefährlich ist das?

Peter Bofinger: Um die Krise zu bekämpfen, drucken die Amerikaner Dollar in großem Stil. Das macht die Chinesen nervös. Sie fürchten um ihr Vermögen, immerhin haben sie drei Viertel ihrer Reserven in US-Anleihen angelegt. Das sind etwa 1,5 Billionen Dollar. China möchte raus aus dem Dollar, möchte verkaufen, ohne am Markt einen gigantischen Preisrutsch auszulösen. Da kommen die Sonderziehungsrechte (SZR) ins Spiel, eine Art Ersatzwährung der Staatenorganisation IWF. Gegen eine solche Leitwährung könnte China seine Dollar tauschen, ohne am Devisenmarkt verkaufen zu müssen. Das würde bedeuten: Das Dollarrisiko der Chinesen läge plötzlich bei der internationalen Gemeinschaft. Aber so weit wird es nicht kommen.

FOCUS Online: Warum nicht?

Bofinger: Es ist ein Erpressungsversuch, bei dem für die Chinesen selbst zu viel auf dem Spiel steht. Sie können zwar drohen: Wir verkaufen Dollar am Devisenmarkt, wenn die Welt Sonderziehungsrechte ablehnt. Damit aber würde China automatisch das eigene Vermögen in den USA schmelzen lassen, da es zu einer massiven Abwertung des Dollars käme, verglichen mit dem heimischen Renminbi. So weit wird Peking nicht gehen.

FOCUS Online: Wie wichtig ist das Thema Währung auf dem Weltfinanzgipfel?

Bofinger: Es dürfte keine bedeutende Rolle spielen. Der Devisenmarkt gilt noch immer als Refugium des freien Marktes, in dem sich Angebot und Nachfrage ungestört austoben sollen. Ein Fehler. Es ist zu kurz gedacht, dass man Finanzkrisen vermeiden kann, wenn nur die Banken strenger reguliert werden. Die Welt braucht ein neues Währungssystem, nach dem Vorbild von Bretton Woods. Damals, 1944, war die Welt schon weiter als heute.

FOCUS Online: Dass sich Angebot und Nachfrage austoben können, ist ein Merkmal freier Wechselkurse. Was daran ist verkehrt?

Bofinger: Flexible Wechselkurse haben zur Eskalation der Finanzkrise beigetragen. Kern des Problems sind die unterschiedlichen Zinsen. Investmentbanken zum Beispiel haben in den vergangenen Jahren ein zu großes Rad gedreht. Das gelang ihnen auch deshalb, weil sie in hohem Maße mit fremdem Geld spekuliert haben. Wie? Ganz einfach. Die Banker haben sich zum Beispiel in Japan Geld geliehen, dort waren die Zinsen äußerst niedrig. Angelegt wurden die Kredite aber dort, wo hohe Zinsen lockten, zum Beispiel in Island. Den Zusammenbruch des Landes hätte man mit einem besseren Wechselkurssystem verhindern können.

FOCUS Online: Was genau empfehlen Sie?

Bofinger: Es geht darum, dass die Notenbanken der Welt sich besser abstimmen – und die Wechselkurse entlang eines Pfades steuern. Das bedeutet konkret: Wenn die Zinsen in Island um vier Prozentpunkte höher sind als in Japan, dann muss die isländische Krone verglichen mit dem Yen vier Prozent an Wert verlieren. Die Notenbanken können das gezielt steuern, indem sie die Währungen kaufen und verkaufen. Eine Zockerei mit billigem Geld aus Japan würde sich in dem Beispiel nicht mehr lohnen – die Änderung des Wechselkurses würde den Zinsvorteil zunichte machen.

FOCUS Online: Als eine Ursache für die Finanzkrise gilt die laxe Geldpolitik des Ex-US-Notenbankchefs Alan Greenspan. Er habe die Zinsen zu spät angehoben und dadurch eine Blase entstehen lassen. Manche fordern jetzt, die Geldmenge an Gold zu koppeln – und somit den Notenbankern Disziplin zu verordnen. Eine sinnvolle Idee?

Bofinger: Ein neuer Goldstandard wäre ein verheerendes Signal. Die Rückkehr zum Gold ist die Rückkehr in die monetäre Barbarei. Die Welt würde sich abhängig machen von der Menge des Goldes, das in der Welt gefördert wird. Es kommt aber darauf an, dass die Geldmenge gemäß der Produktionsmöglichkeiten zunimmt. Das wäre bei einer Goldwährung nicht gewährleistet. Es könnte deflationäre Prozesse geben, was man in der Geschichte beobachten konnte.

FOCUS Online: Man könnte mit einem Goldstandard aber eine starke Geldentwertung verhindern – derzeit steht doch zu befürchten, dass die gigantischen Ausgabenprogramme in den USA und Europa eine hohe Inflation auslösen.

Bofinger: Eine Inflation ist kein Selbstläufer. Das Geld, das die Notenbanken jetzt zusätzlich in das System pumpen, lässt sich binnen einer Woche zurückholen; die Laufzeiten der Kredite sind äußerst kurzfristig. Derzeit gibt es einen Unterdruck im System, in der Welt stehen die Zeichen auf Deflation. Sollte sich die Lage drehen, sodass es zu einem Überdruck kommt, ließe sich das durch steigende Zinsen jederzeit beheben – wenn die Politiker es wollen.
FOCUS Online: Daran gibt es Zweifel. Immerhin könnten sich die Vereinigten Staaten über eine hohe Inflation elegant entschulden.

Bofinger: Ich glaube in der Tat, dass es in den USA von 2011 an ein Inflationsrisiko gibt mit Raten um die fünf Prozent. In Europa handelt die Europäische Zentralbank (EZB) viel konservativer. Hier sehe ich das Problem nicht. Bis 2011 rechne ich mit einer Inflationsrate von kaum mehr als null Prozent. Danach ist davon auszugehen, dass die Inflationsrate dem Zielwert der EZB von etwa zwei Prozent pro Jahr entspricht.

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » http://www.focus.de