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Was nun, Mr. Bernanke?

von Rolf Benders
Die Fed entscheidet heute über ihren weiteren Kurs. Die Erwartungen an die US-Notenbank sind enorm. Doch mit einem Leitzins nahe null bleiben ihr nur noch unkonventionelle Mittel. Notenbank-Chef Ben Bernanke wirbt um Vertrauen – und wird weiter Geld in die Banken pumpen.

NEW YORK. Die Not muss groß sein, wenn der Chef der mächtigsten Notenbank den Weg ins Fernsehen sucht. Seit mehr als 20 Jahren hatte das kein Fed-Chef mehr getan. Am Sonntagabend war es dann so weit: Ben Bernanke wandte sich in einem Interview mit dem TV-Sender CBS direkt an den kleinen Mann auf der Straße. Nicht im Kauderwelsch der Hochfinanz seines Vorgängers Alan Greenspan, sondern in klaren, verständlichen Worten sprach er die Ängste, Sorgen und Empörung der Menschen an. Mit seinem ganzen Gestus wirkte er wie ein Patriarch, der eine verängstigte Großfamilie zu beruhigen versucht.
Es geht um Vertrauen. Vertrauen, das in der schlimmsten Rezession seit 70 Jahren verlorengegangen ist. Kurz vor den wichtigen geldpolitischen Beratungen am Dienstag und Mittwoch will Bernanke ein Signal setzen: Ja, die Banker waren gierig und haben unmoralisch gehandelt. Aber für die Rettung des großen Ganzen müssen wir ihnen helfen. Vertraut mir, gemeinsam werden wir das schaffen, so die Botschaft. Und dann der Schlüsselsatz: "Wahrscheinlich werden wir bereits Ende des Jahres eine Erholung sehen." Diese Worte reichten, um die internationalen Börsen zu entzücken. In Asien, Europa und Amerika zogen die Kurse kräftig an.
Die Experten in New York bewerten den ungewöhnlichen TV-Auftritt so: "Bernanke wirbt um Vertrauen - und um das Verständnis für einige unpopuläre Maßnahmen", sagt Josh Feinman, US-Chefvolkswirt der Deutschen Bank in New York. Bernanke weiß: Seine Rettungsprogramme - so umfangreich sie auch sein mögen - funktionieren nur, wenn die Menschen daran glauben. Denn nach dem Kollaps der Immobilienmärkte hat die Fed die Leitzinsen erst auf praktisch null gesenkt und dann mehr als eine Billion Dollar ins System gepumpt, um das Abgleiten der Wirtschaft in eine Depression zu vermeiden. Alle diese Maßnahmen setzen auf ein Prinzip: Leih den Banken Geld, damit sie anderen Marktteilnehmern, der Wirtschaft und den Privatleuten, wieder mehr und günstigere Kredite anbieten. In einigen Fällen, wie etwa bei den Hypotheken, ist dies gelungen. Aber solange die Menschen die Kredite nicht nutzen, um zu konsumieren, ist die Krise nicht zu überwinden.
Erste Konjunkturindikatoren lassen vermuten, dass Bernankes Maßnahmen und die Ankündigung eines rund 800 Mrd. Dollar schweren Stimuluspakets der Regierung Wirkung zeigen. So fielen die Einzelhandelsumsätze im Februar weniger stark als befürchtet, und der Verbrauchervertrauensindex der Universität Michigan zog leicht an. "Das Vertrauen der Konsumenten ist in dieser Krise der wichtigste Indikator. Zieht er an, ist das ein wichtiges Signal für die erhoffte Erholung", sagte Marc Zandi, Chefvolkswirt des Forschungsinstituts Moodys.com.
Wegen dieser zaghaften Hoffnungsschimmer und weil ihm angesichts eines Leitzinses bei null Prozent kaum etwas anderes übrigbleibt, wird Bernanke weiter Geld in die Banken pumpen. Bis zu 200 Mrd. Dollar sollen ab dieser Woche in das "Term Asset Relief Program" (Talf) fließen. Damit soll der Ankauf von Konsumentenkrediten, Autofinanzierungen und Kleingewerbedarlehen durch private Investoren finanziert werden. Autofinanzierer etwa sollen mit diesem Geld in den nächsten Monaten mit diesen Krediten besicherte Anleihen im Volumen erwerben und so den sogenannten Verbriefungsmarkt wieder in Gang bringen. Darunter versteht man die Verpackung von Krediten in Anleihen, die dann weiterverkauft werden. Vor der Krise stellte dieses System die wichtigste Fremdkapitalquelle der US-Wirtschaft dar. 2008 brach der Verbriefungsmarkt aber um 82 Prozent ein. Die Hoffnung der Fed: Mehr Verbriefungen werden zu bis zu einer Billion Dollar günstigen Krediten führen. Finanzexperten bewerten die Erfolgsaussichten von Talf positiv, aber es gibt auch skeptische Stimmen. Jeremy Anwyl, Chef von der führenden Internetseite für den Autohandel Edmunds.com, befürchtet, dass den Käufern das für den Konsum nötige Vertrauen in die Zukunft fehlt: "Das Problem Nummer eins ist die fehlende Nachfrage, nicht die Kreditversorgung."
Doch was, wenn Talf ohne Wirkung bleibt. Dann hält sich die Fed noch ein letztes Instrument in der Hinterhand: den Ankauf langlaufender US-Staatsanleihen. Dadurch würden die langfristigen Kapitalmarktzinsen gedrückt werden. Die britische Notenbank macht dies seit gut einer Woche - mit Erfolg. Die Rendite der britischen Staatspapiere fiel von 3,6 auf 3,0 Prozent. Offenbar gibt es aber derzeit Dissens unter den Fed-Gewaltigen, ob und wann man dieses Mittel einsetzen wird. Die Gegner fürchten den Vorwurf, die Fed verkomme zur direkten Finanzierungsagentur der Regierung und verliere ihre Unabhängigkeit. Hohe Inflationsraten könnten die Folge sein. "Man weiß nie, was die Fed macht. Aber vermutlich wird sie ihr Pulver noch etwas trocken halten", sagte Feinman mit Blick auf die anstehenden Beratungen.
Die vermutlich passenste Zusammenfassung für die Situation der Fed liefert daher das an der Wall Street kolportierte Bonmot eines Händlers. Die Programme der Notenbank seien wie das Doping eines angeschlagenen Footballspielers vor einem entscheidenden Match. Die Frage ist, kann er dem Rest des Teams so viel Vertrauen einflößen, dass es das Spiel trotz Formkrise gewinnt.

Viele Instrumente ...
Stütze für den Immobilienmarkt
Bereits im Herbst vergangenen Jahres versuchte die Fed, mit einem Hypothekenaufkaufprogramm im Volumen von 600 Mrd. Dollar die Krise bei ihrer Wurzel zu packen. Damit erleichterte die Notenbank den kreditfinanzierten Kauf von Häusern. Das Ziel: Der Verfall der Immobilienpreise sollte gestoppt werden. Konkret kaufte sie mit Baufinanzierungen gedeckte Anleihen auf, um den Instituten die nötige Liquidität für eine erweiterte und günstige Kreditvergabe zur Verfügung zu stellen. Der Effekt ist spürbar: Die Hypothekenzinsen fielen um mehr als einen Prozentpunkt auf knapp fünf Prozent. Den Preisverfall am Häusermarkt konnte die Fed allerdings nicht stoppen. Mit einer Stabilisierung des Marktes rechnen Experten erst gegen Ende des Jahres. Trotz günstiger Zinsen haben noch zu wenig Amerikaner ausreichend Vertrauen, um sich ein Haus zu kaufen. Der Kollaps der Häuserpreise war der Auslöser der aktuellen Krise. Zu viele US-Bürger, die es sich eigentlich nicht leisten konnten, bekamen Hypothekendarlehen und erfüllten sich den Traum vom Eigenheim. Die so geschaffene Preisblase am Immobilienmarkt platzte 2007, als die Schuldner die Kredite nicht mehr bedienen konnten. Eine Abwärtsspirale aus fallenden Hauspreisen und Hypothekenausfällen führte zu Milliardenabschreibungen bei Banken. Der Konsum brach ein und die USA rutschten in eine schwere Rezession.
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Liquidität für die Banken
Zur Unterstützung der angeschlagenen Banken legte die Fed eine Reihe verschiedener Programme auf. Diese funktionierten alle nach einem gemeinsamen Schema: Die Zentralbank gewährte den Instituten gegen Einlage verschiedener Wertpapiere Kredite. Das Spektrum dieser Papiere erweiterte die Fed nach und nach. In der Tat zeigten diese Maßnahmen Wirkung - auch wenn der Markt äußerst anfällig geblieben ist. Die akute Angst vor dem Versagen einer Bank durch Liquiditätsengpässe wurde abgemildert. Das lässt sich am Libor, dem Zins, mit dem sich Banken untereinander Geld leihen, ablesen. Die Furcht vor einem Zusammenbruch einer Bank aufgrund von Milliardenabschreibungen auf toxische Wertpapiere blieb aber bestehen. Daher zieht der Interbankenzins regelmäßig an, wenn Probleme eines Instituts bekanntwerden. Als die Investmentbank Lehman Brothers im September in die Insolvenz ging, war der Interbankenmarkt vollständig eingefroren. Die klassische Liquiditätsversorgung der Institute durch Zentralbankkredite, die für diesen Fall vorgesehen war, funktionierte aber nicht. Keine Bank wollte am sogenannten "Discount Window" der Fed nach Geld fragen, weil dies öffentlich geworden wäre und das Misstrauen gegen das Institut am Markt noch größer hätte werden lassen. Und noch eine Hoffnung ging nicht auf: Die konjunkturstimulierende Wirkung der Programme fiel deutlich geringer aus als erwartet. Viele Banken horteten die gewonnene Liquidität, um sich selbst zu schützen, anstatt Kredite an die Wirtschaft zu vergeben.

... langsame Wirkung
Milliardenspritzen für Firmen
Um die Versorgung der Wirtschaft mit Kurzfristkrediten - sogenannten Commercial Papers - zu sichern, griff die Fed im September und Oktober zu unorthodoxen Mitteln. Sie vergab zweckgebundene Kredite an Banken und speziellen Finanzierungsgesellschaften. Diese sollten entweder Commercial Papers oder mit diesen Krediten besicherte Anleihen aufkaufen. Hintergrund war der Zusammenbruch des Marktes für diese Kurzfristkredite, nachdem einem großen, auf diese Papiere spezialisierten Fonds die Auflösung drohte. Dadurch verloren die Teilnehmer auch in diesem Teil des Kapitalmarktes das Vertrauen in die Stabilität der Geschäftspartner und liehen einander kein Geld mehr. Das bedrohte ganz konkret die großen US-Industrieunternehmen. Denn die Liquiditätsplanung dieser Giganten kalkuliert ein, dass die Zahlung von Lieferanten und Löhnen jederzeit mit Krediten aus dem Markt bedient werden kann. Ein Zusammenbruch dieses Marktes hätte die Insolvenz vieler kleiner Firmen bedeutet. Die Maßnahme der Fed hat dies verhindert. Seiher ist das Volumen an Commercial Papers zwar insgesamt immer noch rückläufig, weil Banken sich in diesem Markt immer noch zurückhalten. Dafür stieg das Volumen, dass Industrieunternehmen an diesem Markt direkt aufnehmen konnten, deutlich an. Experten halten dieses Programm für eines der erfolgreichsten der vielen Fed-Maßnahmen, weil es eine sich anbahnende Zuspitzung der Krise in der Realwirtschaft verhinderte. Die derzeitige Welle an Insolvenzen in der US-Wirtschaft wäre weitaus heftiger ausgefallen, wenn die Fed an diesem Punkt nicht schnell eingegriffen hätte, glauben Experten. Statistisch genau belegen lässt sich das aber nicht.
Dollar-Kredite für die Notenbanken
Die US-Zentralbank hat aber in den Zeiten der akuten Zuspitzung der Krise Ende 2008 nicht nur der US-Wirtschaft und den heimischen Banken unter die Arme gegriffen. Als Lehman Brothers Mitte September bankrottging, war es vor allem der auf US-Dollar basierende Teil des weltweiten Kreditmarktes, der ins Wanken geriet. Daher lieh die Fed insgesamt 14 anderen Notenbanken gegen Sicherheiten große Mengen von Dollar. Hintergrund: Die Institute mussten plötzlich Verpflichtungen in der US-Währung bedienen, konnten sich aber bei ihren eigenen Zentralbanken nur Liquidität in der jeweiligen Heimatwährung beschaffen. Es hätte also die Situation eintreten können, dass eine europäische Bank in Probleme geriet, weil sie zwar ausreichend Euro besaß, aber ihre Dollar-Verbindlichkeiten nicht mehr richtig bedienen konnte. Mit der Unterstützung der Fed konnte etwa die EZB mit entsprechenden Kapitalspritzen einspringen. Diese sogenannten Swap-Linien der Fed an ihre Schwesterinstitutionen in anderen Ländern belaufen sich immer noch auf über 350 Mrd. Dollar. Da die Fed die Lage am Dollar-Interbankenmarkt aber erfolgreich stabilisiert hat, wird mit einem kontinuierlichen Abschmelzen dieser Position gerechnet.

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » Handelsblatt.com