Korrektur = Reaktion auf Täuschung
Wöchentlicher Kommentar von Frank Meyer um 21:24:17 Uhr 29.09.08
Die Emotionen schlagen hoch, die Börsen fallen tief. Das Rettungspaket in den USA ist gescheitert. Wie weiter? Muss der Dow erst 1000 Punkte fallen, um ein „Ja“ zu erzwingen?
Es war ohnehin ein seltsamer Tag. Die Hypo Real Estate wurde mit einem 35 Mrd. EUR – Rettungspaket vor dem Hades gerettet. Im Ernstfall zahlen die Steuerzahler die Zeche. Sie wurden nicht einmal danach gefragt, so drängte die Zeit. Und Herr Funke, der Chef von der HRE, ja merken Sie sich den Namen, er gibt vielleicht bald schon Kurse an der Volkshochschule im „Schönreden“ sofern man ihn lässt. Nein! Es ist kein Wunder, dass Banker sagen können was sie wollen und damit nichts mehr anrichten. Allein es fehlt der Glaube. Wann fallen schon einmal DAX-Papiere um 75%? Wann ist die Commerzbank schon einmal um 25% gefallen? Und was ist mit Infineon? Was ist mit dem Rest? Fortis? Dexia? Aareal?
Ausschau halten nach Schwierigkeiten, davon schrieb ich zu Beginn des Jahres. Es sind nicht nur Schwierigkeiten für Börsianer, es sind und vor allem Schwierigkeiten für den Otto Normalverbraucher, der den Gürtel enger schnallen muss und sorgenvoller in die Zukunft schaut, weil sein Brötchengeber vielleicht einfach bankrott ist. Vielleicht ist sein Geschäft mangels Krediten gestorben, auf deren Basis doch jeder Aufschwung funktionierte, die ihm die Bank nicht mehr geben wollte. Eine Korrektur ist eine Reaktion auf eine Täuschung mit umgekehrten Vorzeichen, schreibt Bill Bonner. Die Täuschung muss groß gewesen sein, wenn man auf die Reaktion schaut. Genauer als Bill Bonner kann man die Analyse derzeit nicht treffen. Und es geht um Vertrauen, das durch zuviele nichtssagende und dumme Worte unterhöhlt wurde. Viele werden sich jetzt auf die Suche nach Menschen machen, bei denen Worte und Taten übereinstimmen. Davon ist aber heute am 30.09.2008 nichts zu sehen. Doch! Taten gab es bei der EZB. Sie übernimmt nun Aufgabe des Interbankenmarktes, weil keine Bank der anderen mehr traut. Wieso auch? Und die Märkte schreien nach Geld, das man ihnen vorenthalten will.
Doch ich habe auch ein Stück Bewunderung für diejenigen, die Henry Paulson keinen Blankoscheck ausstellen wollten, mit dem er und seine Kumpels die Macht zementieren und ohne Kontrollen schalten und walten hätten können. Gratulation an diejenigen, die genug Verantwortung in ihrem Herzen fanden.
Und wenn da jemand den Stecker an der Börse ziehen sollte, die Erde wird sich garantiert weiterdrehen, vielleicht etwas langsamer und vielleicht auch mit weniger von denjenigen, die das ganze eingebrockt haben. Vielleicht werden die Ver-rücktheiten wieder zurechtgerückt. Es wird Zeit. Vielleicht crasht der Markt in den restlichen Minuten der Handelssitzung. Wer will das jetzt schon einschätzen können...
Doch mich beschleicht ein komisches Gefühl. Wenn die Nacht am tiefsten ist, wird man vielleicht einen neuen Anlauf wagen, um die Bedächtigen umzustimmen. Wenn der Dow Jones ein paar tausend Punkte tiefer steht, werden die Zögerer vielleicht bemerken, dass sie demnächst vielleicht gar keine Entscheidungen mehr treffen können. Dann wird es spannend! Denn es geht nicht nur um Geld, sondern es geht vor allem um Macht. Und dafür haben die, die heute gegen das Rettungspaket entschieden haben, sicherlich auch gearbeitet.
22:23 Uhr
E i l US-Repräsentantenhaus beruft für Donnerstag neue Sitzung ein
Washington (AP) Das US-Repräsentantenhaus hat nach dem überraschenden Scheitern des Rettungspaketes für die Finanzmärkte und dem dadurch verursachten Schock am Aktienmarkt für Donnerstag eine neue Sitzung einberufen.
Vielleicht ist die Zahle -777 Punkte beim Dow ein Omen. Aber vielleicht kann man ja morgen nochmal abstimmen. Mit den heutigen Minuszeichen.... vielleicht ist ein Ja! möglich? Und dann brennt man Feuerwerke auf der Feier ab? Alles ist möglich... auch das Unmögliche
© Frank Meyer
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