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Der Inflationstrend zeigt langfristig nach oben

Abnahme der zyklischen Inflation sorgt nur kurzfristig für Entspannung

Die Inflation steigt weltweit und verunsichert die Anleger. In einem Interview mit NZZ Online gibt Anja Hochberg, Leiterin des Research internationale Volkswirtschaft bei der Credit Suisse, einen Einblick darin, wie bedrohlich sie die Inflation einschätzt und welche Anlagestrategien angesichts der schwierigen Marktsituation zum Erfolg führen könnten.

Interview: Marco Metzler
NZZ Online: Frau Hochberg, stellt die zunehmende Inflation eine Bedrohung für das Wachstum der Weltwirtschaft dar?
Anja Hochberg: Inflation oder übermässige Inflation ist durchaus eine Gefahr für das Wirtschaftswachstum. Deshalb haben die internationalen Zentralbanken auch das Mandat, für Preisstabilität zu sorgen. Momentan können wir in einigen Ländern wie beispielsweise Deutschland beobachten, dass sich aufgrund der erhöhten Inflation das Konsumentenvertrauen und die Kauflust verringert haben. Eine übermässige Inflation verzerrt beispielsweise auch die richtige Allokation des Produktionsfaktors Kapital.
Gleichzeitig sehen wir aber Indikatoren dafür, dass die Inflation ihren kurzfristigen Höhepunkt erreicht hat und dass sie in den nächsten Monaten von dem derzeit sehr hohen Niveau deutlich fallen sollte.
Was sind die Ursachen für die sich beschleunigende Inflation?
Wir sehen zwei Faktoren, welche die Inflation auf die hohen Werte geschoben haben: Zum einen der wieder nach oben zeigende strukturelle Inflationstrend, zum anderen befinden wir uns gleichzeitig auch auf einem zyklischen Hoch. Bei der strukturellen Inflation sprechen Faktoren wie generell steigende Erdöl- und Lebensmittelpreise für einen weiteren Anstieg. Das Hoch bei der zyklischen Inflation kann man damit erklären, dass die Weltwirtschaft im vergangenen Jahr ihren Höhepunkt erreicht hat, die Kapazitäten sehr stark ausgelastet sind und die Unternehmer eine hohe Preissetzungsmacht haben, um die steigenden Inputpreise auch an die Konsumenten weiterzugeben.
Wieso gehen Sie in nächster Zeit von sinkender Inflation aus?
Die Abschwächung der Weltwirtschaft wird die Inflation bremsen. In den kommenden Monaten werden die Kapazitäten der Weltwirtschaft nicht mehr so stark ausgelastet sein, was zu einem gewissen Grad auch die Überwälzung der Preiseffekte auf den Endkonsumenten limitiert. Zudem hat sich der Erdölpreis momentan deutlich vom fundamental gerechtfertigten Wert entfernt. Für das zweite Quartal rechnen wir damit, dass der Erdölpreis wieder auf 85 $ pro Fass sinkt, was eine deutliche Erleichterung bei der Inflation bringen wird.

«Die globalen Deflationskräfte haben an Wirkung verloren»

Wo bewegt sich die Inflation langfristig hin?
Der Inflationstrend zeigt mittel- bis langfristig nach oben. Wir glauben, dass die sogenannten globalen Deflationskräfte an Wirkung verloren haben. Die Märkte sind mittlerweile in einem grossen Ausmass liberalisiert, was zu mehr Wettbewerb geführt und insgesamt das weltweite Preisniveau gesenkt hat. Dieser Mechanismus ist allerdings ausgereizt. Gleichzeitig gehen wir davon aus, dass der Bullen-Markt bei den Rohstoffen und der damit verbundene steigende Preistrend sein Ende noch lange nicht erreicht hat. Hinzu kommen strukturelle Herausforderungen wie zum Beispiel die demografische Entwicklung. Alle diese Faktoren deuten auf einen langfristig steigenden Inflationstrend hin.
Es scheint sehr wahrscheinlich, dass gewisse Schwellenländer bald ihre Währungen gegenüber dem Dollar aufwerten werden, um die Inflation zu bekämpfen. Teilen Sie diese Einschätzung?
Das ist auch in unserem Szenario eine sehr wichtige Grundannahme. Wir sehen einen deutlichen Aufwertungstrend insbesondere in den asiatischen Ländern, aber auch in ausgewählten Ländern in Lateinamerika. Die Aufwertung der Währung ist ein sehr effektives Mittel der Geldpolitik, um den Inflationstendenzen in den Schwellenländern entgegenzuwirken.
Wann könnte eine solche Aufwertung erfolgen?
Wir befinden uns mittendrin. Vergangene Woche hat die Geldbehörde in Singapur eine einprozentige Aufwertung ihrer Währung veranlasst, um dem erhöhten Inflationsdruck entgegenzuwirken. Mittlerweile preisen die Märkte auch für China eine Aufwertung des Renminbi innerhalb der nächsten zwölf Monaten um über 10% ein.
Könnte durch diese Aufwertung die Inflation der Schwellenländer in die USA und nach Europa exportiert werden?
In gewisser Weise ist das ein Risiko. Deshalb streben die Politiker auch an, dass der Fall des Dollars in einem vernünftigen Rahmen erfolgt, damit auch die Gefahr der importierten Inflation nicht allzu gross wird. Ökonometrische Studien haben aber gezeigt, dass der Effekt der importierten Inflation bisher noch nicht allzu gross war. Das gilt übrigens auch für den Schweizer Franken: In Zeiten eines schwachen Schweizer Franken – wie dies bis vor Kurzem der Fall war – haben wir keine deutliche Erhöhung des importierten Inflationsdrucks gesehen, der die Schweizerische Nationalbank zum Handeln hätte animieren können.

«In den USA wird es weitere Zinssenkungen geben»

Wie werden sich die Zinsen angesichts des Inflationsdrucks weiterentwickeln?
Da müssen wir unterscheiden zwischen den Ländern, die sich im Wachstumsabschwung befinden – dies sind insbesondere die USA, in gewissem Ausmass auch die Euro-Zone und in noch geringerem Ausmass auch die Schweiz –, und den Ländern, die sich in einer Aufschwungsphase befinden. In den USA wird es weitere Zinssenkungen geben. Auch in der Euro-Zone dürfte die europäische Zentralbank in der zweiten Jahreshälfte, wenn der Inflationsdruck ein wenig nachgelassen haben wird, die Zinsen vorsichtig senken. In der Schweiz sehen wir derzeit keinen Handlungsbedarf.
Gibt es auch Länder, die ihre Zinsen erhöhen werden?
Ja, im Unterschied zu den genannten Ländern gibt es Notenbanken – vor allem in rohstoffproduzierenden Ländern wie Australien oder Norwegen –, die weiterhin die Zinsen anheben werden, um den Inflationsdruck zu bekämpfen.
NZZ Online: Mit welcher Anlagestrategie sollen die Anleger auf den zunehmenden Inflationsdruck reagieren?
Anja Hochberg: Obwohl wir davon ausgehen, dass die Inflationsrate aus zyklischen Gründen kurzfristig wieder nachgeben wird, glauben wir, dass es eine gute Anlagestrategie ist, sich generell gegen Inflationsrisiken abzusichern. Das muss heutzutage nicht mehr notwendigerweise über Gold geschehen, denn Gold erzielt keine Zinserträge.
Wir empfehlen für ein langfristig gegen Inflation gesichertes Portfolio den Einbezug von inflationsgeschützten Anleihen – insbesondere aus der Euro-Zone. Als zweites empfehlen wir den Anlegern, am Inflationstrend und den Währungsaufwertungen in den Schwellenländern zu partizipieren.
Heisst das, Sie raten von herkömmlichen Anleihen ab?
Nein. Obligationen haben in einem ausgewogenen Portfolio immer ihren Platz. Zudem befinden wir uns in einer Phase, in der sich die Weltwirtschaft noch im Abschwung befindet. Sobald sich die Weltwirtschaft wieder deutlich beschleunigt und sich der zyklische Inflationsdruck wieder zum ohnehin vorhandenen strukturellen Inflationsdruck hinzu addiert, sollte man sich überlegen, inwieweit man sein Obligationenportfolio aktiver bewirtschaft. Es kann sich lohnen, Gewinne mitzunehmen und zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Zinsen gestiegen sind, wieder einzusteigen.
Soll man derzeit eher kürzere oder längere Laufzeiten bevorzugen?
Im Moment empfehlen wir nach wie vor bei europäischen Anleihen die kürzeren Laufzeiten, da die europäische Zentralbank die Zinsen noch senken dürfte. Bei der immer noch recht flachen Zinskurve sind wir der Meinung, dass man für das Risiko, das man mit längeren Laufzeiten eingeht, nicht angemessen entschädigt wird.
Was sind denn die Nachteile von inflationsgeschützten Anleihen?
Bei den inflationsgeschützten Anleihen ist es sicherlich so, dass sie ebenso wie «normale» Anleihen unter einem kräftigen Zinsanstieg leiden werden. Sollte dieser jedoch von einem kräftigen Anstieg der Inflationserwartungen ausgelöst sein, dürften inflationsgeschützte Anleihen deutlich besser abschneiden.

«Der Anteil der Schwellenländer am weltwirtschaftlichen Wachstum wird weiter zunehmen»

Ist es ein guter Zeitpunkt, um in Renten von Schwellenländer zu investieren?
Rentenpapiere in Schwellenländern mit guten Fundamentaldaten sind sehr attraktiv. Zum einen stehen wir am Anfang einer tiefgreifenden Veränderung der Weltwirtschaft. Wir glauben, dass der Wachstumsbeitrag der industrialisierten Länder schon deutlich gesunken ist und wahrscheinlich noch weiter nachgeben wird. Der Anteil der Schwellenländer oder der Länder, die noch keine Schwellenländer sind, am weltwirtschaftlichen Wachstum wird weiter zunehmen. Das geht Hand in Hand mit einer weiteren Verbesserung der bereits jetzt sehr positiven Fundamentaldaten. Je mehr diese Länder exportieren, umso besser werden ihre Bilanzen und ihre Kredit-Ratings. Hinzu kommt, dass sich die Währungen gegenüber dem Dollar weiter aufwerten dürften. Dies sind positive Faktoren, die für einen wiedereinsetzenden Trend sprechen, in Schwellenländern zu investieren.
Empfehlen Sie Anleihen in Lokalwährungen?
Ja. Diese gibt es auch auf inflationsgeschützter Basis.
Eine Aufwertung der Schwellenländerwährungen gegenüber des Dollars bedeutet ja nicht gleich eine Aufwertung gegenüber dem Franken. Können auch Schweizer Anleger von diesem Szenario profitieren?
Wir gehen davon aus, dass auch eine gewisse Aufwertung gegenüber dem Schweizer Franken stattfinden wird. Der Dollar wird sich auch in den nächsten Monaten noch weiter gegenüber dem Franken abschwächen. In den nächsten zwölf Monaten sehen wir aber eher eine Stabilisierung des Dollars gegenüber dem Franken. An dem Potenzial der Aufwertung der Währungen der Schwellenländer können sich also auch Schweizer Anleger beteiligen.

«Aktien reagieren stark auf die Inflationsentwicklung»

Wirkt sich die Inflation auch auf die Aktienmärkte aus?
Aktien reagieren sehr stark auf die Inflationsentwicklung. Die Aktienmärkte bevorzugen ein Szenario mit hohen Wachstums- und moderaten Inflationsraten. Zum einen weil damit real die Erträge höher sind, zum anderen weil die Finanzierungskosten im Falle hoher Inflation steigen, da die Notenbanken mit Zinsanhebungen reagieren müssen.
Je nachdem in welcher Inflationsphase sich die Wirtschaft befindet, sind jeweils andere Sektoren attraktiv. In der jetzigen Situation, wo wir uns zyklisch gesehen auf dem Höhepunkt der Inflation befinden, empfehlen wir Unternehmen, die nach wie vor über eine hohe Preissetzungsmacht verfügen und deshalb steigende Inputkosten auch in steigende Preise für Konsumenten umwandeln können. Die Sektoren, die dabei herausstechen, sind Lebensmittel und Getränke.
Welche Anlagekategorien könnten denn in diesem schwierigen Marktumfeld die grössten Chancen bieten?
Da bevorzugen wir nach wie vor aufgrund der komplexen Situation weiterhin alternative Anlagen, die volatilitätsdämpfend wirken. Dazu zählen neben Investitionen in Hedge-Funds, Private Equity und ausgewählten Immobilien auch eine breit aufgestellte Rohstoffstrategie oder der Einsatz von Devisenmarkt-Produkten.

Interview: Marco Metzler
Quelle: nzz.ch