Leistungsbilanzdefizit und der Außenwert einer Währung
von Miriam Kraus
nachdem wir uns in der letzten Woche mit der massiven Staatsverschuldung der USA beschäftigt hatten, wollte ich heute eigentlich auf die wachsenden Schuldenberge in anderen Staaten eingehen. Dies werde ich jedoch, zugunsten eines anderen hochinteressanten Schuldenthemas, nach hinten verschieben.
Obgleich aktuell - im Angesicht der Griechenland-Geschichte - vor allem das Haushaltsdefizit angesprochen wird (damit werden wir uns auch noch beschäftigen), gibt es noch eine weitere wesentliche Kennzahl die, meiner Meinung nach, vor allem langfristig von noch größerer Bedeutung ist. Ich spreche von der Leistungsbilanz! Hier bestehen bei den Staaten weltweit entweder Defizite oder Überschüsse. Im Folgenden wollen wir uns insbesondere mit dem Leistungsbilanzdefizit der USA beschäftigen, denn dieses ist das Größte weltweit.
Zur Einstimmung auf das Thema habe ich Ihnen einen Auszug aus dem Devisen-Monitor vom 19.11.2008 mitgebracht, der - wie ich finde - insbesondere im Rückblick auf die EUR/USD-Entwicklung in den letzten beiden Jahren recht interessant ist!
Aus Devisen-Monitor "Leistungsbilanzdefizite und Rüstungsausgaben bestimmen Wechselkurse" vom 19.11.2008:
"Was jahrelang an den Devisenmärkten keine Rolle spielte wird in der laufenden Rezession wieder wichtiger. Nämlich die Höhe der so genannten Leistungsbilanzdefizite.
Die Leistungsbilanz ist im Rahmen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung Teil der Zahlungsbilanz. In der Leistungsbilanz werden internationale Güterströme ebenso verbucht wie Übertragungen zwischen In- und Ausland. Der Saldo der Leistungsbilanz stellt eine wichtige ökonomische Größe zur Bewertung der Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft dar.
Grundsätzlich ist ein hohes Leistungsbilanzdefizit schlecht und ein Leistungsbilanzüberschuss gut für den Außenwert der Währung.
Die einzige Ausnahme stellt der US-Dollar dar. Die Größe der US-amerikanischen Volkswirtschaft und der Kapitaltransfer von den USA, vor allem in die ölexportierenden Länder, der das Resultat einer starken Binnenkonjunktur in den USA war, führte zu einer massiven Abwertung des US-Dollars. Doch jetzt führen fallende Ölpreise und die Repatriierung von Auslandskapital in die USA, entgegengesetzt zur vorherrschenden Meinung zu einem Wiedererstarken des US-Dollars.
Diesen Sondereffekt außen vor gelassen, hat das Argument der Leistungsbilanzdefizite aber nach wie vor eine hohe Gültigkeit.
Hohe Leistungsbilanzdefizite außerhalb der USA weisen zum Beispiel auch die Länder Mexiko, Indien, Pakistan, Türkei, Australien, Bulgarien, Rumänien und Ungarn auf.
Betrachten wir die Währungsentwicklungen dieser Länder im einzelnen, im Vergleich zum US-Dollar so stellen wir fest, dass es hier seit Beginn des Jahres zu erheblichen Abwertungen kam.
Türkische Lira: USD/TRY: 1,65 (-28%)
Mexiko Peso: USD/MXN: 13,17 (-17%)
Indische Rupie: USD/INR; 49,63 (-20%)
Pakistan Rupie: USD/PKR: 79,77 (-25%)
Rumänien Leu: USD/RON: 3,04 (-24%)
Bulgarien Lev: USD/BGN: 1,55 (-17%)
Ungarn Forint: USD/HUF: 213 (-10%)
Australien Dollar: USD/AUD: 0.64 (-29%)
Auch in der Eurozone haben wir, wegen des durch die Euroeinführung viel zu tiefen Zinsniveaus, Länder die erhebliche Leistungsbilanzdefizite aufgebaut haben. Zum Beispiel Spanien (in den letzten 3 Jahren gestiegen von -30 auf -131 Milliarden USD), Italien (-78 Milliarden Euro) oder Griechenland (-51 Milliarden Euro).
Somit könnte man die Vermutung haben, dass die verschlechterten Exportaussichten der Eurozone und die Leistungsbilanzdefizite der Südosteuropäer auch den Euro massiv belasten. Der Euro steht damit im Moment vor einer Zerreißprobe. Natürlich sind die Auswirkungen bisher sehr gering, aber den Anfang einer möglichen Stabilitätskrise sehen wir bereits, denn der Euro hat gegenüber dem US-Dollar bereits die Gewinne der letzten 3 Jahre abgegeben und allein in diesem Jahr fast 20% verloren."
Tja, was soll ich sagen?!
EUR/USD-Entwicklung in einer Dekade
Sehen wir uns im folgenden Chart die EUR/USD-Entwicklung in den letzten 10 Jahren an:
Quelle: CFX-Broker
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Eine wachsende USD-Schwäche seit Beginn des letzten Jahrzehnts und dann der massive Einbruch in EUR/USD in 2008 - also ein Widererstarken der US-Währung. Oder mit anderen Worten, der im 1.Teil genannte Sondereffekt. Dann eine Zwischenerholung auf ein tieferes Hoch und Ende 2009 kommen dann die massiven Defizite der Euro-Staaten auf den Tisch - mit dem Ergebnis erneuter USD-Stärke. (und ungeachtet des eigentlich noch viel höheren Leistungsbilanzdefizits der USA)
So long liebe Leser...tja, für den USD gelten wohl einfach bisweilen ganz andere Regeln und Denkmuster...wie lange sich die USA allerdings noch des unumwunden größten Vertrauens der Menschheit sicher sein kann, wer weiß?! ...sicher nicht ewig...doch mit Mutmaßungen über mögliche Folgen und Fakten über die wahren Ausmaße des US-Leistungsbilanzdefizits wollen wir uns erst wieder ab morgen beschäftigen...dagegen möchte ich Ihnen noch den heutigen 3.Teil, mit einem Gastbeitrag meines geschätzten Kollegen Andreas Lambrou zum Lesen empfehlen, der heute einmal nicht über die Börse sprechen will, uns dafür aber ans Herz legt, dass es deutlich Wichtigeres auf der Welt gibt, als den Markt...bis morgen und liebe Grüße
Ihre Miriam Kraus
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