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Der Dollar wird altersschwach

von André Kühnlenz und Mark Schrörs (Frankfurt)

Chinesen, Russen und Brasilianer arbeiten an der Ablösung des Dollar als wichtigster Reservewährung. Seine Schwankungen bedrohen die Schwellenländer. Ökonomen sehen in der Fixierung auf den Greenback gar eine Ursache für die Finanzkrise. Auf einem Uno-Gipfel Anfang Juni wird es ernst.
So drastisch hat noch kein westlicher Ökonom den Dollar angegriffen: "Es ist klar, dass eine Reservewährung nicht auf einer nationalen Währung basieren sollte, denn dies führt dazu, dass die Disziplin im Finanzsystem verloren geht - mit desaströsen Folgen für das Reservewährungsland sowie die Weltwirtschaft." Kein Geringerer als Nobelpreisträger Joseph Stiglitz formulierte diesen Frontalangriff, nachzulesen in den Vorschlägen, die eine Kommission unter seinem Vorsitz für den UNO-Gipfel vom 1. bis 3. Juni erarbeitet hat. Erstmals haben es Pläne für eine neue Weltwährung auf die Tagesordnung einer internationalen Konferenz geschafft.
Der wichtigste Vorwurf der Kommission, der auch Bundesentwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) angehört: Mit dem Dollar als wichtigster Handels- und Reservewährung sei es zu heftigen Wechselkursschwankungen gekommen. Das setzt vor allem Schwellenländer unter Druck. Sie haben gewaltige Währungsreserven in Dollar angehäuft. So hat China gut zwei Drittel seiner Reserven von 2000 Mrd. $ in US-Wertpapieren investiert. Sinkt der Wert des Greenback, schmilzt auch der Wert der Devisenreserven.

Greenback eine Ursache für Finanzkrisen

Den Dollar kleinreden können die Schwellenländer also im eigenen Interesse nicht. Brasilianer, Russen und Chinesen können nur auf eine neue Reservewährung hoffen, um unabhängiger von der Geldpolitik der USA und den Dollar-Schwankungen zu werden. Vorgewagt hat sich mit dieser Forderung Chinas Notenbankchef Zhou Xiaochouan Ende März. Unterstützt werden die Forderungen in jüngster Zeit von US-Starökonom Nouriel Roubini und Berkeley-Professor Barry Eichengreen. Vor der UNO-Konferenz, bei der Minister aus 192 Staaten über die Folgen der Finanzkrise für die Entwicklungspolitik beraten, stellen sie den Dollar infrage.
Viele Ökonomen sehen in der Leitrolle des Greenback eine Ursache für die vielen Finanzkrisen seit Anfang der 70er-Jahre. Damals war das Nachkriegssystem der festen Wechselkurse - mit dem Dollar im Zentrum - kollabiert. Doch Exporteure und Notenbanker bevorzugen bis heute den Dollar für ihre Geschäfte.
Die Amerikaner hoffen, dass das so bleibt. Denn dann müssten alle Länder weiter ihre Devisen in der größten Wirtschafts- und Militärmacht anlegen. Verbraucher, Unternehmen und Staat in den USA könnten sich auch in Zukunft günstig verschulden, so die Logik.
Es ist unwahrscheinlich, dass sich alle 192 Staaten bereits Anfang Juni konkret auf eine neue Weltwährung einigen. In der diplomatischeren zweiten Version der Expertenvorschläge heißt es nur noch, dass sie prüfen wollen, wie ein Reservesystem mit einer "prominenteren und effektiveren Rolle" der Sonderziehungsrechte (SZR) des Internationalen Währungsfonds (IWF) möglich wäre. Auf die SZR setzen sowohl die Stiglitz-Kommission als auch Chinesen, Russen und Brasilianer. Bisher nutzt der IWF diese künstliche Währung nur als Buchungseinheit, deren Wert sich aus den täglichen Kursen von Dollar, Euro, Yen und Pfund ergibt. Die IWF-Länder halten nur einen geringen Teil ihrer Reserven in SZR, die sie bei anderen Staaten unter IWF-Aufsicht gegen echtes Geld tauschen können.

Noch gibt es aber keinen Markt für den freien Tausch von SZR. Währungsexperten erwarten darum, dass die US-Valuta noch über Jahre die Rolle der Weltwährung behalten wird. "Der Dollar wird erst mal seine besondere Stellung behalten, auch wegen der aggressiven Antwort der US-Politiker auf die Krise", sagt Peter Hooper, US-Chefvolkswirt der Deutschen Bank. "Der Verfall des Dollar wird mehr als ein Jahrzehnt dauern, es könnte jedoch schneller gehen, wenn wir unser Finanzsystem nicht in Ordnung kriegen", so Ökonom Roubini.
Der Weg zu einer neuen Weltwährung, wie ihn die Stiglitz-Kommission vorschlägt, sei ohnehin auf viele Jahre angelegt, sagen Experten. Zunächst sollen der IWF oder die Uno von Jahr zu Jahr mehr SZR ausgeben. Daneben braucht es eine Tauschstelle, bei der jeder SZR in Euro, Dollar oder andere Währungen wechseln kann. Als weiteren Schritt sollten Staaten und Firmen Anleihen ausgeben, die auf SZR lauten. Allmählich würden sich Exporteure und Notenbanker so an das neue Geld gewöhnen, Volumen und Bedeutung der neuen Reservewährung sollte wachsen.
Als erster Schritt in die Richtung kann der Beschluss der G20-Staaten Anfang April auf ihrem Londoner Gipfel gesehen werden: Der IWF will bis September SZR für 250 Mrd. $ an seine Mitglieder verteilen. Zum Vergleich: Derzeit halten sie etwas mehr als 30 Mrd. $ in der Kunstdevise.
Bevor sich daraus eine echte Währung entwickelt, müsse das Volumen mindestens auf 3000 Mrd. $ steigen, schätzt Onno Wijnholds, Ex-Direktor des IWF und ehemaliger Vertreter der Europäischen Zentralbank in den USA. Er favorisiert einen schnelleren Weg zu einer neuen Reservewährung: So könnte der IWF "Substitutionskonten" einrichten, auf denen Länder überschüssige Dollar in SZR anlegen. Der Vorteil: Die Staaten müssten nicht auf dem Devisenmarkt tauschen, was den Wert des Dollar schont. Die Pläne liegen seit Ende der 70er-Jahre in den IWF-Schubladen, umgesetzt wurden sie nie.
Eile ist nach Ansicht von Experten geboten, denn viele Schwellenländer schaffen bereits Fakten. So hat China kürzlich mit einigen Schwellenländern Währungsabkommen geschlossen, um den Dollar im Handel zu umgehen. Nach Argentinien könnte schon bald Brasilien folgen. Die beiden Staaten haben einen Pakt untereinander bereits geschlossen. Die asiatische Staatengemeinschaft Asean Plus Three, zu der auch China, Japan und Südkorea gehören, beschloss Anfang Mai, ihren Hilfsfonds kräftig auszuweiten, worin Experten Anfänge eines asiatischen Währungsfonds wittern. Wie diese Woche bekannt wurde, hielten die Russen 2008 schon mehr ausländische Währung in Euro als in Dollar. "Die Frage ist nicht, ob wir uns von einem Dollar-Währungssystem wegbewegen", sagte Stiglitz kürzlich in einem Interview mit "Emergingmarkets.org". "Die Frage ist, ob dies auf chaotischem oder organisiertem Weg geschieht."

Euro Seit 1999 hat sich der Euro als zweitwichtigste Währung fest etabliert: Sein Anteil an den weltweiten Währungsreserven ist gestiegen, bei Neuemissionen von Firmen- und Staatsanleihen liegt er in manchen Jahren bereits vor dem Dollar. Inzwischen ist mehr Euro- als Dollar-Bargeld im Umlauf. In der Finanzkrise hat er die Mitgliedsländer vor Währungsturbulenzen wie Anfang der 90er-Jahre bewahrt. Jetzt aber gibt es verstärkte Sorgen um ein Auseinanderbrechen der Währungsunion. Besteht der Euro den Test der Finanzkrise, kann er an Gewicht gewinnen. Die EZB hat eine neutrale Position zu seiner internationalen Rolle - sie fördert sie nicht, behindert sie aber auch nicht.
Renminbi Der Angriff Chinas auf die führende Rolle des Dollar lässt namhafte Ökonomen spekulieren, ob der Renminbi zur Weltreservewährung aufsteigen könnte. Voraussetzung wäre aber erst mal, dass er frei tauschbar wird. Mitte 2005 hat China die feste Bindung des Renminbi an den US-Dollar gelockert, ihn aber an einen Korb verschiedener Währungen gebunden. Mit Deviseninterventionen verhindern die Chinesen eine zu starke Aufwertung. Nötig wäre auch ein transparenter und liquider Kapitalmarkt, der für ausländische Investoren interessant ist. Zuletzt hat Peking Währungsabkommen mit Argentinien, Indonesien und Weißrussland abgeschlossen.
Sonderziehungsrechte (SZR) SZR wurden 1969 zu Zeiten des Bretton-Woods-Systems fester Wechselkurse eingeführt. Sie dienen heute als Recheneinheit des Internationalen Währungsfonds (IWF) und anderer Organisationen. Die IWF-Mitgliedsländer halten SZR entsprechend ihrer Anteile am Währungsfonds. Bei Bedarf erhalten sie dafür Devisen wie Dollar oder Euro. Den Wert eines SZR errechnet der IWF täglich aus den Kursen von Dollar, Euro, Yen und Pfund. Viele Experten und Politiker sind skeptisch, wie aus den SZR eine Weltreservewährung entstehen kann. Andere betonen, dass auch der Euro zunächst aus einer künstlichen Währungseinheit entstanden ist.
Rohstoffwährung Bereits auf der Konferenz von Bretton Woods schlug der Ökonom John Maynard Keynes 1944 eine internationale Währung vor, die er "Bancor" nannte. Sie sollte ursprünglich an einen Korb aus 30 Rohstoffen gebunden werden. Dahinter stand die Idee, den Preis von Rohstoffen zu stabilisieren und so auch den Wert einer globalen Reservewährung. Außerdem wollte Keynes Länder mit großen Leistungsbilanzüberschüssen mit einer Steuer belegen, um globale Ungleichgewichte zu verhindern. Der Brite scheiterte jedoch mit seiner Idee. Stattdessen wurde der Dollar an das Gold gebunden, und viele andere Staaten koppelten ihre Währung an den Greenback.
Goldstandard Anfang der 70er-Jahre brach die Währungsordnung der Nachkriegszeit zusammen. So wie die großen Wirtschaftsmächte bis in die 30er-Jahre, versprachen die Amerikaner, jederzeit Dollar zu einem festen Kurs gegen Gold zu tauschen, und andere Industriestaaten koppelten ihre Devisen an den Greenback. Die Goldmenge stellt jedoch eine Grenze für die Expansion der Geld- und Kreditmengen dar. Das Wechselkurssystem scheiterte auch, weil die USA zuvor große Leistungsbilanzdefizite aufbauten, worauf die anderen Länder verstärkt Dollar in Gold tauschen wollten.

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » http://www.ftd.de/