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Geld drucken gegen die Krise?

Von Philipp Löpfe


«Quantitative Easing» heisst die neue Wunderwaffe der Notenbanken im Kampf gegen die Krise. Klingt gut, ist aber leider ein Bluff: Es handelt sich dabei um das altmodische Anwerfen der Notenpresse.
An den Börsen löst ein Blutbad das nächste ab. Das Vertrauen der Investoren ist zerstört. Die Märkte sind ausser Kontrolle geraten. Es droht der Kollaps von ganzen Volkswirtschaften. Regierungen und Nationalbanken müssen eingreifen, um eine Depression wie in den Dreissigerjahren zu verhindern. Aber wie?
In normalen Zeiten ist die Geldpolitik der Nationalbank eine sehr mächtige Waffe. Wenn sich die Konjunktur abschwächt, weil die Wirtschaft in eine zyklische Krise geraten ist, senkt die Nationalbank ihre Leitzinsen. Damit gibt sie Unternehmen und Konsumenten einen attraktiven Anreiz, die Wirtschaft zu beleben: Kredite werden billiger, es lohnt sich zu investieren, wenn man ein Unternehmen ist. Die Hypozinsen fallen, und die Konsumenten haben mehr Geld im Sack. Umgekehrt wird Sparen weniger attraktiv, weil man dafür weniger Zinsen erhält. Ist die Konjunktur wieder angesprungen, erhöht die Notenbanken ihre Leitzinsen wieder und verhindert so ein Überhitzen der Konjunktur.

Notenbanken stossen an Grenzen
Nach diesem Muster sind die Notenbanken auch in der aktuellen Krise verfahren. Sie haben ihre Leitzinsen Schritt für Schritt gesenkt. Inzwischen stossen sie jedoch mit dieser Politik auf eine natürliche Grenze: Unter Null können die Zinsen nicht sinken. Heisst dies, dass die Notenbanken ihre Munition verschossen haben? Nein, sagen sie, wir haben ja noch das «quantitative Easing».
Das Ziel dieses quantitative Easing ist dasselbe wie bei der Senkung der Leitzinsen: Geld soll billiger werden und somit die Wirtschaft stimulieren. Weil die Notenbanken die Zinsen nicht mehr senken können, blähen sie die Geldmenge auf. Eine Notenbank ist dabei in der glücklichen Lage, dass sie ihr Geld selbst herstellen kann; sie kann sich sozusagen selbst reich machen und muss dazu nicht einmal mehr die Druckerpresse anwerfen. Ein paar Clicks am Computer genügen.
Mit dem neu geschaffenen Geld geht die Notenbank auf Einkaufstour. Sie erwirbt Vermögenswerte wie Staatsanleihen, Aktien, Obligationen, ja, selbst Immobilien. Damit erhöht sie die Nachfrage und den Preis. Bei Schuldscheinen verhalten sich Preis und Ertrag gegensätzlich, steigt der Preis sinken die Erträge respektive die Zinsen. In der Theorie sollte das quantitative Easing zum gleichen Ziel führen: Die Wirtschaft mit billigen Geld zu versorgen. Solange die Wirtschaft am Boden liegt, besteht auch keine Inflationsgefahr. Wenn sie wieder anspringt, dann macht die Notenbank das Gleiche wie bei den Leitzinsen: Sie verkauft ihre Vermögenswerte und vernichtet das Geld.

Beispiel Japan
Japan ist die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt. In den Neuzigerjahren ist die Wirtschaft eine hartnäckige Stagnation geraten. Die japanische Notenbank hat sich nach dem oben geschilderten Muster verhalten: Sie hat zunächst die Leitzinsen bis zum Nullpunkt gesenkt. Dann hat sie das quantitative Easing eingesetzt: Zwischen 2001 und 2006 hat die japanische Notenbank rund 25 Billionen Yen (etwa 250 Milliarden Franken) in den Kreislauf gepumpt, indem sie hauptsächlich Staatsanleihen gekauft hat. Was ist passiert? Nichts. Die Wirtschaft ist nicht angesprungen. Das Aufblähen der Geldmenge hat aber auch keine Inflation ausgelöst. Die Geldpolitik der Nationalbank hat sich als völlig wirkungslos erwiesen. Weshalb?
Die japanische Wirtschaft steckte nicht in einer normalen, sprich zyklischen Rezession, sondern in der eher selten auftretenden «Bilanz»-Rezession. Das ist die sehr überzeugende These von Richard Koo, Ökonom bei der Nomura Bank. Von einer Bilanz-Rezession spricht man, wenn eine Blase geplatzt ist und riesige Vermögenswerte praktisch über Nacht vernichtet werden. In diesem Fall kann die Wirtschaft nicht mit tiefen Zinsen wieder zu neuem Leben erweckt werden. Unternehmen und Konsumenten sind nämlich überschuldet. Am deutlichsten zeigt sich dies, wenn eine Immobilienblase geplatzt ist. Wenn die Hypotheken den Wert der Häuser übersteigen, wenn Hauseigentümer plötzlich «unter Wasser» sind, nützen die tiefsten Zinsen nichts mehr. Unternehmer und Konsumenten können nur noch eines: Schulden abbauen.

«Quantitatives Easing bringt keinen wirtschaftlichen Aufschwung»
Die ganze Weltwirtschaft steckt heute in einer gefährlichen Bilanz-Rezession. Deshalb ist die Geldpolitik der Notenbanken weitgehend wirkungslos geworden. Koo erklärt dies mit folgendem Vergleich: «Wenn die Notenbank in einer Zeit, wo der Leitzins bereits bei Null ist, zum Mittel des quantitativen Easing greift, dann verhält sie sich wie ein Gemüsehändler, der seine 100 Äpfel am Tag nicht verkaufen kann und deshalb 1000 Äpfel anbietet. (…) Es gibt keinen Grund, weshalb die Kunden ihr Verhalten ändern sollten. (…) Das ist, kurz gesagt, die Geschichte des quantitativen Easing: Es hat keinen wirtschaftlichen Aufschwung gebracht und es konnte auch nicht verhindern, dass die Preise weiter gefallen sind.»
Und die Moral der Geschichte lautet: In einer Bilanz-Rezession werden die Waffen der Nationalbank stumpf. Deshalb muss die Regierung eingreifen und das Marktversagen mit fiskalischen Mitteln bekämpfen.

*Richard C. Koo, «The Holy Grail of Macro Economics», John Wiley & Sons, Singapore, 2008.

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » http://www.tagesanzeiger.ch