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Vertrauen in Papiergeld ist gefährdet

Die Hilfspakete in den USA und in Europa sollen die Wirtschaft stärken. Gewaltige Schuldenberge stellen nun aber die Glaubwürdigkeit der Papierwährung in Frage.

Von Beat Kappeler
Amerika und Europa fassen die Notenpresse ins Auge, um die ausufernden Staatsdefizite zu finanzieren.
Soeben hat das Geldkomitee der Bank of England angeregt, Schuldpapiere des britischen Staates mit neuem Geld aufzukaufen. Der amerikanische Notenbankchef Ben Bernanke verficht diese Idee seit Anfang Dezember – und könnte bald mit ihrer Umsetzung loslegen.
Die Rechnung ist schnell gemacht. Der amerikanische Staat muss dieses Jahr Schuldpapiere im Wert von 2000 Mrd. $ unter die Käufer bringen. Gleichzeitig versprach die Zentralbank aber, die Zinsen noch auf Jahre hinaus tief zu halten. Die Anleger werden also gebeten, Papiere auf zehn Jahre hinaus zu einem Zins von bloss 2,8% in abwertungsgefährdeten Dollars zu erwerben. Niemand drängt sich vor, vor allem ausländische Anleger wie China, Arabien oder Japan zögern.
In Europa werden dieses Jahr ebenfalls 2000 Mrd., aber in Euro, von den Staaten aufzutreiben sein, was etwa 17 % des Volkseinkommens entspricht. Doch die Sparrate der Haushalte Europas liegt bei immerhin 10 %, während die Haushalte in den USA praktisch nichts sparen. Gleichzeitig möchten Unternehmen und Banken Hunderte von Milliarden aufnehmen. Da bleiben nur die Asiaten und Araber als Käufer. Allerdings blühen deren Einnahmen auch nicht mehr wie früher, und die Signale sind gemischt. Zwar vermutete der Chef der chinesischen Bankenaufsicht, China habe keine grosse Auswahl an anderen Anlagen als amerikanische Staatspapiere. Doch davon hält es, zusammen mit US-Hypothekenpapieren, bereits weit über 1000 Mrd. $ – und den weiteren Kaufentscheid fällt nicht der Bankenaufseher.
Der Ministerpräsident Chinas zeterte hingegen in Davos über die Schuldenwirtschaft der USA. China kauft gegenwärtig nicht Anleihen, sondern Realien, nämlich Bergbauminen, Unternehmen sowie russische Ölzusagen mit Dutzenden von Milliarden. Unsinnigerweise forderte Obamas neuer Finanzminister Timothy Geithner China zur Aufwertung seiner Währung auf. Er verlangt also, dass China amerikanische Dollaranleihen kauft, die er jetzt in Massen zu lächerlichem Zinsertrag ausgibt – und bei denen gleichzeitig eine währungsmässige Abwertung droht.
Das Tiefzinsversprechen wird sich rächen. Wenn die Ankurbelung gelänge, müssten die Zinsen rasch ansteigen. Ökonomen monieren, die Zentralbank glaube somit gar nicht an den Erfolg des Aufschwungs. Oder aber sie muss tiefe Zinsen versprechen, weil sonst der Wert der ausgegebenen Tausende von Milliarden Dollarpapieren abnähme, wenn das Zinsniveau anstiege. Auch deshalb zögern die Käufer. Es gibt nur eines: Die Notenbank muss auf längere Sicht selbst die Staatspapiere kaufen. Der Preis wird mit der Notenpresse bezahlt.
Solches geschah bisher nur in Kriegszeiten. Die deutschen Reichsregierungen haben beide Weltkriege mit der Notenpresse finanziert. Die USA gingen 1942 zur Notenpresse als Kriegswaffe über und schafften diese bequeme Staatsfinanzierung erst 1951 ab. Titanenkämpfe zwischen Notenbank und Schatzamt gingen voraus, der Notenbankpräsident wurde sogar abgesetzt. Diesmal soll die Deflation mit der Notenpresse vermieden werden, aber viele befürchten das Gegenteil: eine massive Inflation.
Zwar muss die Inflation nicht auftreten, solange die reale Wirtschaft unter ihrer Leistungskapazität fährt. Wenn diese Schwelle erreicht wird, muss aber die Notenpresse stillgelegt und das viele Geld wieder eingezogen werden. Doch wie von 1945 bis 1951 werden Gegenkräfte jahrelang dagegen anrennen. Die Banken werden sagen, man hungere sie wieder aus, die Firmen klagen über Kreditklemmen, die Gewerkschaften über fehlende Arbeitsplätze im Aufschwung. Die Politiker entsetzen sich, wenn die aufgelaufene, riesige Staatsschuld plötzlich 5 statt 2,8 % kosten und damit doppelt so schwer wiegen wird. Und alle jene, die gläubig die Staatspapiere kauften, werden deren Kurs stark sinken sehen, vom Dollarkurs ganz abgesehen.
Seit dem Herbst scheint der Dollar noch stark zu sein, aber dies spiegelt nur die damaligen enormen Zinssenkungen der US-Notenbank. Dadurch werteten sich die bisher ausgegebenen Staatspapiere massiv auf. Bei fallender Aktienbörse waren dies die einzigen Gewinnchancen der letzten Monate – und viel Geld strömte in die USA. Doch als im Januar das Dilemma der enormen Neuverschuldung und der versprochenen Tiefzinspolitik auftrat, fielen die Kurse dieser Papiere mehr als die marode Börse.
Zwei langfristige Verwerfungen dominieren die nächsten Wochen: China spart 40 % des Volkseinkommens und legt das Geld in Schuldpapieren an, welche die überkonsumierenden US-Hausbesitzer und -Politiker ausgeben. Dieses fundamentale Ungleichgewicht hielt die Langfristzinsen der USA andauernd zu tief – und finanzierte den Konsum- und Schuldenboom in Amerika billig.
Der damalige US-Notenbankchef Alan Greenspan versuchte ab 2004, mit steigenden Zinsen zu bremsen, und fand es ein «conundrum» (Rätsel), dass die langfristigen Zinsen nicht mitstiegen. Die andere Verwerfung stammt vom 15. August 1971, als Präsident Richard Nixon den Dollar nicht mehr in Gold umzutauschen erlaubte. Der Papierpresse sind damit keine physischen Grenzen mehr gesetzt, nur allenfalls politische.
Bisher versprachen die Behörden Amerikas und Europas für jede neue Engnis der Finanzmärkte neue Hilfen. Die Bilanzen der Notenbanken verdoppelten sich mit dubiosen, aufgekauften Guthaben, die Staatsdefizite explodieren. Private Schulden werden mit neuen öffentlichen Schulden ausfinanziert. Vertrauen soll geschaffen werden, aber das allerletzte Vertrauen, jenes in die Papierwährung, steht jetzt auf dem Spiel.
Der amerikanischen Notenpresse sind keine physischen Grenzen mehr gesetzt, nur allenfalls politische.

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » http://www.nzz.ch