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Papiergeld-System "Wir nähern uns dem Ende"

Finanzkolumnist Bill Bonner rechnet damit, dass das Papiergeld-System bald zusammenbricht. Und er warnt Anleger, wie Vieh zusammen in dieselbe Richtung zu rennen.

Interview: Catherine Hoffmann

William (Bill) Bonner ist Gründer und Chef von Agora Financial, einem der weltweit größten Herausgeber von Börsenbriefen. Bekannt wurde der amerikanische Querdenker durch seine zahlreichen Kolumnen und Finanzbücher, in denen er mit scharfem Blick und spitzer Feder menschliches Fehlverhalten an den Finanzmärkten analysiert.

SZ: Herr Bonner, helfen uns persönliche Instinkte wie Angst, Ekel oder der Selbsterhaltungstrieb, an der Börse zu überleben?
William Bonner: Nein, solche Naturtriebe sind tödlich. Nehmen Sie die Tierwelt: Ein Kaninchen schlägt instinktiv Haken. Es sieht einen Wolf kommen und flitzt nach links, wendet dann plötzlich und saust nach rechts. Der Wolf hat es schwer, das Kaninchen zu erwischen. Kaninchen schlagen Haken, weil die Kaninchen, die keine Haken schlagen können, von den Wölfen gefressen werden und keine Gelegenheit haben, sich zu vermehren. Doch dann kam das Auto die Straße hinunter. Und der Instinkt, der einst eine sinnvolle Anpassung an eine frühere Umwelt war, ist tödlich.
SZ: Wird dem Menschen heute sein "sicheres Gefühl" für eine Sache oder einen Trend gefährlich, obwohl es für frühere Generationen noch nützlich war?
Bonner: Instinkte passen nicht mehr in die Zeit. Die Verhaltensweisen, die wir über Jahrtausende erworben haben als Jäger und Sammler in der Steinzeit, helfen uns nicht in einer modernen Welt mit Fast-Food-Restaurants und computergesteuerten Börsen. Sehen Sie sich an, wie wir uns ernähren! Wir essen Pommes und Burger, als stünden wir kurz vor dem Hungertod - und werden fett dabei. So ist es auch an den Finanzmärkten: Die Art, wie wir spekulieren, ist ungesund.
SZ: Warum?
Bonner: Die Menschen haben sich in Tausenden von Jahren der Evolution dahin entwickelt zusammenzuarbeiten. Ihr Überleben hing nicht von den Handlungen des Einzelnen ab, sondern von der Solidarität der Gruppe. Sie lernten, sich anzupassen, das Gleiche wie die anderen zu denken, geschlossen zu handeln. Die Einstellung der Massen ergreift den Anleger genauso wie der Reflex den Hasen. Die Menschen wollen alle zur gleichen Zeit in das Gleiche investieren. An der Börse funktioniert das nicht. Der Herdeninstinkt ist für Anleger verhängnisvoll. Investoren, die wie Schafe der Menge folgen, haben auf Dauer garantiert keine Chance, Geld zu verdienen.
SZ: Sollten die Anleger besser Einzelgänger werden?
Bonner: Sie sollten es wie Warren Buffett machen, statt mit der Herde zu rennen. Der Multimilliardär ist ein privater Investor, kein öffentlicher. Er schaut sich die Unternehmen aus einem ganz eigenen Blickwinkel an und investiert auf eine sehr persönliche Art und Weise. Er sagt nicht: Oh, der Markt wankt, alle sind pessimistisch, die Experten sagen, die Aktienkurse sinken, die Wirtschaft rutscht in eine Rezession. Jetzt kaufe ich keine Aktien. Buffett schaut sich ein einzelnes Unternehmen an: Wie sehen seine Zahlen aus? Geht es aufwärts oder abwärts mit der Firma? Was stellt sie her? Taugt es etwas? So funktioniert Investieren: Halten Sie die Augen auf nach Unternehmen, die ihren Job gut machen.
SZ: Aber ist es nicht oft eine gute Idee, auf Trends zu setzen? Es hat sich doch gelohnt, in den siebziger Jahren in Gold zu investieren und in den achtziger Jahren japanische Aktien zu haben. In dieser Dekade sind Rohstoffe ein gutes Geschäft. Was spricht dagegen?
Bonner: Nichts, das war eine gute Idee. Aber Sie müssen wissen, was Sie tun: Sie sind nicht mehr Warren Buffett, der wohlüberlegt und nach gründlicher Recherche sein Geld anlegt und geduldig darauf wartet, dass seine Anlage an Wert gewinnt - Sie spekulieren. Und das kann gründlich schiefgehen. Ich spekuliere auch - in Japan, China, Indien und Brasilien. Das ist einfacher, als nach einem unterbewerteten Unternehmen zu suchen, dessen wahre Klasse noch niemand entdeckt hat.
SZ: Wie setzen Sie Ihre Ideen um?
Bonner: Ich mache es wie alle: Wenn ich eine Story mag, kaufe ich den passenden Fonds. Sie müssen nur schlau dabei sein und dürfen nichts kaufen, was gerade seinen Höhepunkt erreicht hat; besser Sie erwischen den Tiefpunkt. Typischerweise machen Anleger genau das Gegenteil. Sie sind begeistert von etwas, wenn es in den Schlagzeilen ist - so wie vom Öl. Dann ist es meist schon zu spät, damit noch das große Geld zu machen. Ich glaube, der Rohstoffzyklus ist nahe an seinem Gipfelpunkt. Der Ölpreis hat sich binnen eines Jahres verdoppelt - auf mehr als 130 Dollar. So kann es nicht mehr lange weitergehen.
SZ: Warum soll der Ölpreis nicht auf 200 Dollar steigen?
Bonner: Meine Theorie ist: Es gibt bestimmte Muster in der Menschheitsgeschichte, die sich wiederholen. Sie werden geboren, erreichen ihren Höhepunkt und sterben. Das ist wahr für Menschen, Märkte, Weltreiche, Unternehmen, Volkswirtschaften. Was steil gestiegen ist, fällt tief - da gibt es keine Ausnahme in der Geschichte. Gold in den achtziger Jahren war eine Blase, die Dotcom-Aktien in den neunziger Jahren waren eine Blase, Rohstoffe sind eine Blase, und auch das enorme Wachstum der Menschheit ist eine Blase. Blasen sind aus einem bestimmten Grund da. Sie sagen dir: So kann es nicht ewig weitergehen.
SZ: Was wird die nächste Blase sein?
Bonner: Keine Frage: Gold. Wenn die Rohstoffblase platzt, werden die Notenbanken noch mehr Geld drucken als ohnehin schon. Dann schlägt die Stunde des Goldes. Noch hat der Goldpreis kein Blasenniveau erreicht - Öl schon. Ein Fass Öl kostete in heutiger Währung, also inflationsbereinigt, schon einmal 100 Dollar. Das war im Jahr 1981. Jetzt ist es sogar noch teurer. Gold notiert dagegen in heutigem Geld noch weit unter seinem Höchstpreis von 2200 Dollar. Gold wird die größte Blase von allen. Wenn diese Blase platzt, ist es das Ende von Papiergeld, das Ende des Zentralbankensystems.
SZ: Wie bitte?
Bonner: Ganz recht: Wir nähern uns dem Ende des Geldsystems, das 1971 eingeführt wurde. Es ist ein großes Experiment: Können die Notenbanken ein Geldsystem allein mit Papiergeld betreiben, das nicht an Gold geankert ist? Das wurde auch vorher versucht, von John Law etwa im 18. Jahrhundert in Frankreich - ohne großen Erfolg. Die Römer und die Chinesen hatten Papiergeld für eine Weile. Aber sie sind damit gescheitert. Ein solches System beruht allein auf dem Vertrauen, dass die Notenbanker ihre Macht nicht missbrauchen und nach Lust und Laune Geld drucken. Ich glaube nicht daran. Die Zentralbanken werden es auch diesmal vermurksen.
SZ: Wie kommen Sie denn darauf?
Bonner: Mit Alan Greenspan, der von 1987 bis 2006 Chef der amerikanischen Notenbank war, gab es mehr Dollar als jemals zuvor. Was möchte jeder Mensch haben? Mehr Geld. Also gab Greenspan den Menschen mehr Geld, aber nicht so viel mehr, dass sie merkten, dass sie nur Papierstücke bekommen, für die sie sich immer weniger leisten können. Das ist das Geheimnis: den Menschen die Illusion zu lassen, sie hätten mit mehr Geld auch mehr Kaufkraft. Die Zentralbank von Zimbabwe hat es damit eindeutig übertrieben. Die Amerikaner merken erst langsam, dass die Geldmenge und auch die Inflation zugenommen haben, nicht aber der Wohlstand.
SZ: Warum war Greenspan so enorm erfolgreich mit seiner Politik?
Bonner: Er war am Ruder zur bestmöglichen Zeit, die für einen Zentralbanker überhaupt vorstellbar ist: Maggie Thatcher und die Reagan-Revolution sorgten für Deregulierung, Liberalisierung und niedrige Steuern. In Berlin fiel die Mauer, das bereitete den Weg für die Globalisierung. Es war der große Boom des Kapitalismus und des Outsourcings. Statt für 30 Dollar die Stunde amerikanische Arbeiter anzuheuern, wurden in China Arbeiter für drei Dollar am Tag beschäftigt. Das hat die Preise nach unten gedrückt und die Zinsen auch - obwohl die Fed nach Herzenslust Geld druckte.
SZ: Anleger können sich nicht darüber beschweren!
Bonner: Es war die beste Welt, die wir je hatten: Aktien, Anleihen, Immobilienpreise, alles ist gestiegen. Immer wenn der Wohlstand durch eine Krise bedroht schien, sorgte Greenspan dafür, dass Geld leicht zu bekommen war. Obwohl die Fed die Wirtschaft stimulierte, nahm die Inflation nicht zu. Was die Fed stattdessen produziert hat, sind Blasen, erst in asiatischen Aktien und Anleihen, dann die große Blase am US-Aktienmarkt. Als die Dotcom-Blase platzte, hat Greenspan noch mehr Geld gedruckt, und es gab die nächste Blase am Immobilienmarkt und zusätzlich in Derivaten. Greenspan trägt mehr Schuld an all den Blasen als jeder andere Mensch.
SZ: Wo sind wir jetzt?
Bonner: Die Blase in der Finanzindustrie ist geplatzt, die Aktienkurse der Banken haben sich mitunter halbiert, die Immobilienpreise fallen in den USA. Die Fed versucht, den Verfall zu stoppen, pumpt wie verrückt Geld. Aber das Geld geht dahin, wo die Fed es nicht haben will: in die Lebenshaltungskosten.
SZ: Was hat sich geändert, warum sorgt die lockere Geldpolitik auf einmal für Inflation?
Bonner: Ganz einfach: Die Importpreise für Waren aus China, die immer nur gefallen sind, steigen plötzlich. Es ist ein dramatischer Bruch, der Ende 2006 erstmals zu sehen war. Jetzt sehen wir die Kehrseite der Globalisierung. Die Fed kommt mit ihrer Politik des billigen Geldes nicht mehr durch, sie heizt mit ihren Minizinsen die Inflation an, die sie kontrollieren müsste.
SZ: Müssen jetzt endlich höhere Zinsen her?
Bonner: Ich glaube nicht, dass die Integrität des Geldsystems noch durch höhere Zinsen zu retten ist. Das System wird implodieren. Und Gold wird kräftig steigen - auf 3000 Dollar, weil Gold die eigentliche Währung ist. Gold ist der Stoff, den die Menschen haben wollen, wenn das Papiergeldsystem ins Wanken gerät. Irgendwann wird der Wert des Dollar gegen null tendieren.
SZ: Gibt es noch einen Ausweg aus Ihrem düsteren Szenario?
Bonner: Die Alternative ist, es den freien Märkten zu überlassen, die Kreditzinsen zu setzen. Wir wissen, dass Preiskontrollen nicht funktionieren, und dennoch erlauben wir Zentralbanken, den allerwichtigsten Preis in der Wirtschaft zu manipulieren: den Preis des Geldes. Als Alan Greenspan den Leitzins 2003 weit unter die Inflationsrate gesetzt hat, was hat er getan? Er hat den Leuten signalisiert, dass es Geld umsonst gibt. Und die Menschen haben hohe Kredite aufgenommen, das Geld ausgegeben und kolossale Fehler gemacht. Wir hatten den Fall von Bear Stearns, Bradford & Bingley, Northern Rock. Und die Zahlen von Merrill Lynch sehen beängstigend schlecht aus. Man muss für Fehler zahlen. Die Märkte werden am Ende dafür sorgen.

Quelle: http://www.sueddeutsche.de