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Der Euro bedroht den Dollar – und die Wirtschaft

Das europäische Gemeinschaftsgeld springt von einem Hoch zum anderen und lässt den Dollar alt aussehen. Wenn sich der Trend fortsetzt, wird der Euro den Status der US-Leitwährung in Frage stellen. Für die Wirtschaft in Europa könnte das gravierende Folgen haben.

Wenig hat gereicht, um den Euro über die 1,60-Dollar-Hürde zu treiben. Angesichts der hohen Inflation im Euro-Raum sagte der französische Notenbankchef Christian Noyer, die Europäische Zentralbank (EZB) sei jederzeit bereit zu handeln. Und damit meinte er, bereit, die Zinsen zu erhöhen. Die Hoffnungen, die EZB folge der US-Notenbank Fed mit Zinssenkungen – zerstoben. Den Euro beförderte das am Dienstag in der Spitze auf 1,6018 Dollar – ein Rekord.

Die noch junge europäische Gemeinschaftswährung hat zur Aufholjagd angesetzt. Es geht um nichts Geringeres als die Spitzenstellung im Welt-Währungsgefüge. Hier hat der Dollar seit Ende des Zweiten Weltkrieges den ersten Platz inne. Doch schneller als von den meisten erwartet, hat ihm der Euro Konkurrenz gemacht. „Im Zuge der Finanzkrise hat der Dollar im Vergleich zum Euro deutlich an Wert verloren“, sagt Barry Eichengreen von der University of California in Berkeley. Allein seit Februar hat der Euro zum Dollar mehr als zehn Prozent zugelegt.

Dabei streiten sich die Ökonomen, ob der Euro nun der Star der Krise oder vielmehr deren Opfer ist. Zweifelsohne hat er sich als robuste Währung behauptet. Aber seine Stärke ist spiegelbildlich auch eine Schwäche der US-Währung. Und die kommt den Amerikanern nicht ungelegen. Denn die Dollar-Schwäche verbilligt die US-Exporte und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit besonders gegenüber der Konkurrenz aus dem Euro-Raum.
Lange Zeit hat die Preisblase am Immobilienmarkt den Amerikanern einen Reichtum vorgegaukelt, den es – wenn überhaupt – nur auf dem Papier gab. Damit ist seit vergangenem Sommer Schluss. Die Blase ist geplatzt, und der Wertverfall ihrer Häuser hat den sonst so konsumfreudigen US-Bürgern die Kauflaune verdorben. Statt wie bisher das Wirtschaftswachstum ihres Landes gehörig anzutreiben, legen sie nun vermehrt Geld zur Seite. Wer es sich leisten kann, der spart. Und das schmälert die Nachfrage im Inland, die die US-Wirtschaft bisher in großem Maße antreibt.

Der Absturz hilft

An dieser Stelle hilft ihnen der schwache Dollar. Denn er macht Computer und Autos aus den Vereinigten Staaten vergleichsweise günstig. „Der Absturz des Dollar sollte nun das amerikanische Exportwachstum anschieben und das Handelsbilanzdefizit verringern“, sagt Volker Treier, Chefvolkswirt des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK).Die Rechnung geht auf. Noch vor einem Jahr machte das Defizit in der US-Leistungsbilanz 6,6 Prozent des Bruttoinlandprodukts aus. Im ersten Vierteljahr dieses Jahres waren es nur noch 4,9 Prozent.

Dass die US-Notenbank (Fed) etwas gegen den Verfall des Außenwerts unternehmen wird, ist daher unwahrscheinlich. „Beggar thy neighbour“ haben Ökonomen diese Politik getauft – den Nachbarn anpumpen. Oder wie es John Conally, Finanzminister unter US-Präsident Richard Nixon, einmal ausgedrückt hat: „Der Dollar ist unsere Währung, aber euer Problem.“ Und das bekommen deutsche Firmen immer deutlicher zu spüren. „Unternehmen, die hauptsächlich in die USA exportieren und im Euro-Raum produzieren, erleiden derzeit Ertrags-, aber verstärkt auch Absatzeinbußen“, sagt Treier vom DIHK.
Ein wichtiger Grund für die Euro-Rallye sind die unterschiedlichen Strategien von EZB und Fed. Während die EZB ihren Leitzins seit Juni konstant bei vier Prozent hält, hat ihn die Fed drastisch von 5,25 auf 2,25 Prozent gedrückt. Den Euro treibt das nach oben, weil höhere Zinsen Anlagen im Euro-Raum attraktiver machen und ausländische Investoren die Währung daher verstärkt nachfragen.
Damit Europa nicht den größten Teil der Anpassungslast tragen muss, wäre es hilfreich, wenn die anderen Handelspartner auch mitspielen würden. Doch daran hat zum Beispiel China überhaupt kein Interesse. Noch stemmt sich die Zentralbank mit aller Macht gegen eine Aufwertung des Renminbi und kauft im großen Stil Dollar, um die eigene Währung stabil zu halten. Und im Gegensatz zu China, wo die Währung fest an den Dollar gekoppelt ist, bildet sich der Wechselkurs zwischen Euro und Dollar frei am Markt. Den Europäern bleibt daher nichts anderes übrig, als dem Höhenflug des Euro zuzusehen.
Dass er sich deshalb gleich zur neuen Leitwährung aufschwingt, ist indes unwahrscheinlich. „Die Stärke des Euro bedeutet nicht automatisch, dass er das Potenzial hat, den Dollar als Leitwährung abzulösen“, sagt Michael Schubert, Analyst der Commerzbank. Dazu gehörten noch zwei weitere wichtige Bedingungen. Neben dem stabilen Außenwert muss das Land wirtschaftlich besonders stark sein und über einen großen und funktionsfähigen Finanzmarkt verfügen. Hierbei schneidet der Euro im Vergleich zu anderen Währungen wie dem japanischen Yen oder dem Schweizer Franken gar nicht schlecht ab, aber schlechter als der Dollar.

Bewährungsprobe bestanden

Tatsächlich ist mit der Euro-Zone ein Wirtschaftsraum entstanden, der es mit den USA aufnehmen kann. Und auch die Finanzmärkte in Frankfurt, London und Paris sind dabei zusammenzuwachsen. Zudem muss die vergleichsweise junge EZB neben der Fed mit ihrer fast 100-jährigen Geschichte nicht zurücktreten. „Durch ihr ruhiges und besonnenes Handeln in dieser Finanzkrise hat die EZB endgültig ihre Bewährungsprobe bestanden“, sagt Roland Döhrn, Konjunkturchef des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung.
Blickt man allerdings auf die Verbreitung der Geldscheine, ist der Dollar für die Menschen weltweit noch immer das wichtigste Zahlungsmittel. So schließen die arabischen Golfstaaten ihre Ölgeschäfte in Dollar ab. Und bei wichtigen Metallen wie Gold, Stahl oder Aluminium orientieren sich die Händler an Preisen in der US-Währung.
Auch die Zentralbanken vertrauen nach wie vor am liebsten auf den Dollar, wenn sie Devisenvorräte anlegen. Zwei Drittel der gesamten Reserven weltweit werden in Dollar gehortet, wie der Internationale Währungsfonds schätzt. Der Euro kommt gerade mal auf ein Viertel. „Viele Notenbanken haben derzeit ja gar kein Interesse daran, dass der Dollar seine Rolle als Leitwährung verliert, weil sie große Dollarbestände halten“, sagt Döhrn. „Daher vollzieht sich so ein Prozess äußerst langsam und kann Jahrzehnte dauern.“ Experten von Deutsche Bank Research gehen immerhin davon aus, dass der Anteil des Euro an den weltweiten Währungsreserven bis 2020 auf 30 bis 40 Prozent steigen könnte.

Abgesehen von ausgewiesenen Dollar-Skeptikern wie dem US-Ökonomen Jeffrey Frankel sieht daher auch kaum jemand tatsächlich das Ende des Dollar als Leitwährung kommen. „Vielmehr könnte es in Zukunft ein Nebeneinander zweier wichtiger Währungen geben“, sagt Rolf Schneider, Leiter Volkswirtschaft der Dresdner Bank. Gelingt das dem Euro im Zuge der Umwälzungen derzeit, wäre er tatsächlich ein Held der Krise – wenn auch ein tragischer.

Quelle: welt.de