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Silbermarkt: JP Morgan ist mal wieder gleicher

von Peter Boehringer 16.01.11 16:07:15
Vorbemerkung: Leser des Smart Investor Magazins werden voraussichtlich im Ende Januar erscheinenden Heft 2/2011 eine längere Abhandlung von mir zur langjährigen Manipulation der GoldSilber-Preise finden. Am Rande geht es dabei auch um die 2010 vom Comex-Regulierer CFTC großspurig angekündigte Einführung von Positions-obergrenzen bei Comex-Kontrakten. Viele Marktbeobachter haben sich von dieser vermeintlichen "lex anti - JP Morgan" ja positive Veränderungen oder gar ein Ende der Manipulation über die Comex-Papiersilberspielchen erhofft. Im SI-Artikel bin ich diesbezüglich äußerst skeptisch - lesen Sie es in ein paar Tagen bitte dort nach. Und wie zum Beweis dieser Skepsis sind in den letzten beiden Tagen nun erste technische Umsetzungsdetails der neuen "Positionsobergrenzen"-Regelung der CFTC durchgesickert, die damit ihren Namen nicht mehr verdient! Es ist eine etwas technische Materie. Nichtsdestotrotz wird einiges davon hier dokumentiert - denn es ist wieder einmal prototypisch: die Banken im Allgemeinen und JPM im Besonderen setzen ihre Interessen wie immer durch; und die Öffentlichkeit wird unter aktiver Beihilfe einer vermeintlich "neutralen und harten" Regulierungsbehörde ruhiggestellt. Die ganze Palette des massenpsychologischen Beeinflussungsarsenals wird dabei genutzt: Pseudo-Aktionismus, good guy - bad guy Spielchen, Divergenz zwischen Überschriften-Show und realer Regulierungssubstanz!

Hier also nun eine (unvollständige) erste Dokumentation dieser "Substanz" in Form der in der nun abgelaufenen Woche von der CFTC nur HÖCHST formal beschlossenen "Positionsobergrenzen" an der Comex. In Teilen von mir übersetzt aus Zusammenstellungen von u.a. Zerohedge und dem wie immer akribisch recherchierenden Chris Martenson.

1. Keine Positionsobergrenzen bei schon heute aufgebauten exzessiven Kontraktpositionen
=> Es soll also eine Art "Vertrauensschutz" ["bona fide" = "guter Glaube"] für bereits bestehende Kontrakte geben. Somit insbesondere KEINE Begrenzungen bereits bestehender exzessiver Silbershort-Positionen von JPM. Alleine dies entwertet schon ganz erheblich die neuen Regelungen zu den "Positionsobergrenzen"!
=> Man könnte das entsprechende Wording der CFTC "Exemptions [will apply] for bona fide hedging transactions and for positions that are established in good faith prior to the effective date of specific limits adopted pursuant to the proposed regulations" auch übersetzen mit "JPM verletzt im Silbermarkt die neuen Obergrenzen schon lange und in enormem Ausmaß. Also lassen wir JPM die Überschusspositionen einfach behalten"...

2. Keine Positionsobergrenzen bei "validem Hedging"
=> Darüber hinaus wird JPM auch bei KÜNFTIG einzugehenden Short-Positionen relativ problemlos ein valides Hedging-Interesse behaupten können. Es gibt technisch und rhetorisch genügend Möglichkeiten, solche "validen" Interessen unwiderlegbar vorzuschützen und somit sogar für NEUE Shortkontrakte Positionsobergenzen zu umgehen.

3. Zunächst werden Positionsobergrenzen nur "front month" Kontrakte betreffen
=> Future-Kontrakte wie solche an der Comex machen am meisten Sinn, soweit sie die (fernere) "future" / Zukunft betreffen. Unzweifelhaft wird der Silberpreis nicht nur über Short-Positionen am (nächsten) Spot-Termin gedrückt, sondern auch über Kontrakte mit längeren Laufzeiten. "Bis auf weiteres" aber gelten die neuen Positionsobergrenzen der CFTC für die Comex nur für den "front month". Es ist nicht bekannt, wann die CFTC auch Grenzen für die Kontrakte mit längerer Laufzeit festsetzt. Und es ist auch noch unbekannt, wie diese dann aussehen werden...

4. Positionsobergrenzen für "cash-settled contracts" liegen 5x höher als bei Kontrakten mit physischem Bezug!
=> Klingt verrückt? Ist es auch! Und doch ist es künftige Comex-Realität. Hier der Originaltext der Comex: "Spot-month position limit levels [are] set at 25% of deliverable supply for a given commodity, with a conditional spot month limit of five times that amount for entities with positions exclusively in cash-settled contracts"
=> Nun wäre auch schon eine Positionsobergrenze von "nur" 25% des Angebots völlig überhöht. Gerade mal VIER Teilnehmer an der Comex könnten zusammen das gesamte verfügbare Angebot auf sich konzentrieren. Aber es wird noch "besser":
=> Es ist kein Geheimnis, dass Player wie JPM so gut wie NIE physische Lieferung anstreben. Damit gilt aber für Großfinanz-Spekulanten wie JPM die Regel, dass Short-Positionen "125% des verfügbaren Angebots" nicht überschreiten dürfen [sic: "125%" - entsprechend 5 x 25%!]

=> Chris Martenson kommentiert diese absurde Regelung mit einem sehr treffenden Vergleich: "Was für ein 'Limit' soll das sein? Das ist wie wenn man die Gefahr von Autounfällen dadurch 'limitieren' wollte, dass man die Höchstgeschwindigkeit auf 280 km/h festsetzen würde!"
=> Fast schon müßig zu sagen, dass diese Regelung natürlich exakt die Befürchtung bestätigt, die ich schon im Oktober 2010 direkt nach der Ankündigung des CFTC-Commissioners Chilton geäußert hatte:
Mit der hier formulierten Einschränkung "five times that amount as limit for cash-settled contracts" sind Shorties in ENORMER Weise bevorzugt, weil sie eben NIE physische Lieferung anstreben. Long-Positionierte mit echtem Lieferinteresse (wie zB die Hunt-Brüder 1980 oder u.U. auch große industrielle Silberverbraucher) unterliegen dagegen einer um den Faktor FÜNF niedrigeren Positionsobergrenze! Das ist ein echtes déjà-vu für alle, die noch wissen, mit welchen illegitimen Regeländerungen die Hunt-Brüder damals zur Aufgabe ihrer long-Positionen gezwungen wurden!

=> Und zuletzt liegt noch eine weitere Fußfalle im oben von der Comex nicht näher definierten Begriff "deliverable supply": Es ist völlig unklar, ob hier die regelmäßig veröffentlichten physisch zwecks Settlement verfügbaren Bestände der Comex gemeint sind. Oder ob nicht ein "gleicherer" (Short)-Player auch Bestände einrechnen kann, die sich gar nicht an der Comex befinden bzw. dort nicht registriert sind. Dass diese Vermutung keineswegs aus der Luft gegriffen ist, beweist alleine schon die Regeländerung der Comex vor einigen Monaten, wonach u.a. Bestände bzw. Aktien von Gold- und Silber-ETFs künftig als "good settlement" eines Kontrakts zulässig sind! Papiergeld-Eliten betreiben eben gerne Papiersilber-Spielchen. Schon im Messemagazin der Edelmetall-Messe 2006 hatte ich zB den damals wie heute marktführenden SLV-Silber ETF als potentiellen Papiertiger bezeichnet. Es riecht auch hier und heute wieder einmal eindeutig nach einer Papiersilberkabale - auch wenn man dies an der Comex erst noch eine Weile wird beobachten müssen...
Was Zerohedge bzw. Chris Martenson in ihren Artikeln übrigens gar nicht erwähnen, ist die Möglichkeit von JPM, seine ggf. selbst nach diesen laschen Positionsobergrenzen-Beschränkungen noch IMMER exzessiven Short-Positionen heimlich-verdeckt auf viele kleinere Tochterbanken aufzuteilen. Es gibt Indizien, wonach genau dies schon seit Januar 2010 (!) geschieht. Lesen Sie Details zu diesem weiteren Punkt in meinem oben bereits erwähnten Artikel im Smart Investor 2-2011 bitte nach.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Schwäche des Silberpreises der letzten drei Handelstage bereits eine enttäuschte Reaktion des Marktes auf die nun ganz offensichtlich verfrüht als "Manipulations-Buster" gefeierten Positionsobergrenzen war! An der fundamentalen Stärke des enorm gefragten Industriemetalls und zunehmend auch wieder monetären Metalls Silber ändert all dies jedoch gar nichts. Der Marktpreis will nach oben. Comex-Spielchen, bei denen Machtbanken wie JPM mal wieder "gleicher" als Tausende von LONG positionierten Parteien sind, verzögern den weiteren Anstieg des Silberpreises noch eine kurze Zeit lang. Verhindern werden sie ihn nicht!

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » http://www.goldseitenblog.com