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Versteckte Nichterfüllung beim Silber?

Heute werde ich über ein Thema schreiben, bei dem ich das Gefühl habe, dass es für jeden Silberinvestor von allerhöchster Bedeutung sein wird. Besonders wichtig ist es für diejenigen, die Anteile am Barclays-ETF besitzen, der an der American Stock Exchange unter dem Kürzel SLV gelistet ist. Da sich diese Angelegenheit als recht kontrovers herausstellen kann, werde ich in meiner Argumentation gründlich sein, in der Hoffnung, dass meine Worte nicht missinterpretiert werden. Auch wenn ich es kurz und einfach halten möchte, es gibt viel zu besprechen.

Der SLV existiert jetzt seit etwas mehr als zwei Jahren. Sie nahmen den Handel Ende April 2006 auf. Vor drei Jahren, als zum ersten Mal von der Einführung des Silber Trusts die Rede war, begann ich über ihn zu schreiben, seitdem habe ich schon viele Artikel zum Thema verfasst. Ich habe immer gesagt, dass der Silber-ETF eine große Sache für"s Silber sei. In nur zwei Jahren wuchs die Silbermenge im SLV auf 195 Millionen Unzen an – das größte, bekannte Silberlager auf der Erdoberfläche. Zählen Sie noch die neuen ETFs in London und der Schweiz hinzu und Sie kommen auf einen Gesamtbestand von 220 Millionen Unzen Silber. Das ist eine Menge Silber.

Es ist kein Geheimnis, warum die Silber-ETFs so populär geworden sind. Zum ersten Mal in der Geschichte wurde den institutionellen Fonds, den Rentenfonds und anderen ausschließlich an Aktien gebundenen Programmen die Möglichkeit gegeben, Silber und Gold auf einfache Art und Weise zu kaufen und zu halten. In Anbetracht der einzigartigen Doppelrolle von Silber – als Industrierohstoff und als Investitionsanlage – war diese Entwicklung keine Kleinigkeit. Es ist also auch klar, dass die Einführung des ETFs bedeutende Auswirkungen auf den Silberpreis hatte. Nicht so stark wie ich annahm, aber dennoch von Bedeutung. Alles in allem stieg der Silberpreis um das Dreifache, nachdem der SLV eingeführt wurde. Auch wenn noch andere Faktoren hinzukommen, so hatte die Einführung des SLV die größten Auswirkungen auf den Preis. Vor dem SLV war Silber in einer Handelspanne zwischen 4 $ und 5 $ gefangen.

Als Silberanalyst habe ich immer die Bedeutung des SLV für die Angebot/ Nachfragerechnung beim Silber anerkannt. Eine Schlüsselfrage in diesem Zusammenhang war, ob sich echtes Silber hinter den Anlagen dieses Trusts befindet, so wie es Barclays behauptet. Einige Kommentatoren hatten ihre Zweifel, dass sich das geltend gemachte Silber wirklich im Trust befindet, andere wiesen darauf hin, dass das Silber verliehen wurde oder zum Drücken des Silberpreises dient. Ich bin jedoch immer davon ausgegangen, dass das angegebene Silber, das sich in den Lagern befinden sollte, auch wirklich in den Lagern der Verwalter liegt. Davon gehe ich auch weiterhin aus. Heute geht es mir jedoch nicht um das Silber, von dem behauptet wird, es befände sich nicht in den Lagern der Verwalter. So viel Zeit und Aufmerksamkeit hat das schon (oder nicht) gelagerte SLV-Silber bekommen, dass das wichtigste Problem dabei übersehen wurde. Hierbei geht es um das Silber, von dem nicht behauptet wird, es befände sich im Lager.

(Ein kurze Nebenbemerkung an dieser Stelle. Ich bin ein (sehr) unabhängiger Silberanalyst. Ich schreibe, wovon ich denke, es müsste in Bezug auf Silber geschrieben werden, ohne groß, oder überhaupt keinen, Gedanken daran zu verschwenden, was andere darüber denken mögen. Ich habe über 300 Artikel in den letzten 7 Jahren geschrieben und unter jedem stand der Name Investment Rarities, Inc., jeder, der sie lesen wollte, konnte sie kostenlos lesen. Nicht ein einziges Mal habe ich geschrieben, dass die Leser dort Silber kaufen sollen, auch wenn ich IRI sehr schätze. Auch habe ich den SLV nie offen attackiert, vielleicht sehr zum Leid des Präsidenten von IRI, Jim Cook, der, in Bezug auf das, was bei IRI verkauft wird, den SLV mit Recht als einen Konkurrenten betrachtet. Ich möchte Herrn Cook dafür danken, dass er nie versucht hat, in meine Analysen einzugreifen oder sie zu beeinflussen, wenn es um den SLV ging oder um irgendeine andere Sache, über die ich geschrieben habe.)

Nachdem Barclays meinen öffentlichen Vorschlag akzeptierte, alle Gewichte, Seriennummern und Prägezeichen der in ihren Lagern befindlichen Barren zu veröffentlichen, wurde meine Überzeugung, dass das Silber im Lager ist, erneut bestätigt. Ich machte Barclays öffentlich das Kompliment, dass sie das Richtige getan haben.

In den letzten Artikeln habe ich jedoch auch erwähnt, dass ich von Zeit zu Zeit Verspätungen feststellen musste, wenn es darum ging, dass Silber in die Lager kommen sollte, als Deckung für die neu gekauften Anteile. Ich brachte das mit logistischen Schwierigkeiten in Verbindung, die mit der Bereitstellung von physischem Silber und dem Transport zu den Lagern der Verwalter in London zusammenhingen. Laut den Auflagen des Prospekts sollte das jedoch nicht passieren – das Silber hätte nämlich zuvor eingelagert werden müssen, noch bevor neue Anteile ausgegeben wurden oder zum Verkauf freigegeben werden. Nichtsdestotrotz wollte ich meine Kritik aufsparen für wichtigere Fragen. Man lernt, sich nicht Hals über Kopf in alle Schlachten gleichzeitig zu stürzen, ich entschloss mich also, nicht auf den kurzfristigen Verspätungen – eine Woche oder zwei – herumzureiten, bei der Frage, ob einige Millionen Unzen nun im Trust gelagert werden oder nicht.

Vor sechs bis acht Monaten musste ich feststellen, dass sich ein Muster bei den Verspätungen der Silbereinlagerung herausbildete. Die Muster tauchten tatsächlich mit einer solchen Regelmäßigkeit auf, dass ich ziemlich genau vorhersagen konnte, wann und wie das Silber eingelagert werden würde. Ich konnte das, indem ich die Preise und die Volumenmuster im Handel mit den SLV-Anteilen beobachtete. Ich habe diese Informationen mit engen Kollegen ausgetauscht und ich musste feststellen, dass sie von der Genauigkeit dieser Muster überrascht waren.

Eine Sache wurde deutlich: Im ersichtlichen Gegensatz zu den Bestimmungen im Prospekt gab es immer wieder Perioden, in denen der Trust nicht über das ganze Silber verfügte, das er eigentlich haben müsste. Anders ausgedrückt: Der SLV besaß das Silber, das man auch angegeben hatte, manchmal jedoch hätte es dort mehr Silber geben sollen, als wirklich existierte. Mir war der Mechanismus klar, durch den eine solche Verzögerung hervorgerufen wurde. Neue Anteile konnten an die Käufer ausgegeben werden, ohne dass zusätzliches Silber eingelagert sein musste. Es funktioniert über den Leerverkauf von Anteilen – an die Käufer von neuen Anteilen.

Mein Tipp war in erster Linie, neben der Faszination über die beobachteten Muster, dass diese Verspätungen bei der Silbereinlagerung in den SLV damit zusammenhingen, dass man das Silber nicht ohne Weiteres in London vorrätig hatte. Als Analyst erkannte ich, dass das Angebot an Silber in Großhandelsmengen viel eingeschränkter sein musste, als allgemein angenommen wurde. Das wiederum fiel mit der bekannten Angebotsspannung bei Einzelhandelssilber zusammen, und ganz besonders bei den US Silver Eagles (dank Izzys Artikel).

Hier hatten wir also Hinweise auf Lieferverspätungen beim Silber für den Einzelhandel und auch für den Großhandel. Viele haben im Bezug auf Silber eine Abneigung gegenüber dem Wort "Knappheit". Sie glauben, das sei einfach nicht möglich oder aber sie denken, dass "Knappheit" Nichterhältlichkeit zu jedem Preis bedeutet. Diese Definition ist aber Unsinn, da immer bestimmte Mengen zu einem bestimmten Preis erhältlich sein werden. Eine Rohstoffknappheit heißt nicht, dass das gesamte Silber (oder jeder andere Rohstoff) in der gesamten Welt plötzlich verschwunden sei. Die korrekte Definition einer Rohstoffknappheit würde sich eher mit Lieferverzögerungen auseinandersetzen und nicht mit der Nichterhältlichkeit. Eine Lieferverzögerung beim Silber für die Formen des Einzel- und Großhandels würde, anders ausgedrückt, einer Knappheit beim Silber entsprechen. Vielleicht keiner heftigen Knappheit, aber immerhin einer Knappheit. Hinweise für Lieferverzögerungen vor dem Hintergrund fallender Preise, sollten die Verfechter der Prinzipien eines freien Marktes beunruhigen.

Auch wenn mich die Lieferverzögerungen beim SLV, lange nachdem die Aktien schon verkauft waren, störten, so wollte ich mich nicht darüber beschweren. (Übrigens kann man dieses anhand der unregelmäßigen Einlagerungsmuster im SLV ablesen, wenn man sie mit dem Handelsvolumen des ETF vergleicht.) Was mich wirklich störte: Die Anteile wurden somit in jedem Fall leerverkauft.

Ich werde jetzt eine sehr direkte Aussage machen. Ich denke nicht, dass man Leerverkäufe bei den Anteilen des SLV erlauben sollte, gleiches gilt für die Anteile der börsengehandelten Gold-ETFs – GLD und IAU. Von den Zehntausenden unterschiedlichen Stammaktien sowie anderen gehandelten Wertpapieren, die unter der Aufsicht der US Securities and Exchange Commission (SEC) stehen, sind diese drei Metall-ETFs etwas ganz Besonderes und sie unterscheiden sich deutlich vom Rest. Von den Zehntausenden von unterschiedlichen Wertpapieren fordern nur SLV, GLD und IAU eine strenge Deckung durch Metallbestände – 10 Unzen Silber hinter jedem Anteil im SLV, eine Zehntelunze Gold hinter jedem Anteil im GLD oder IAU. Investoren kaufen Anteile dieser ETFs, weil sie sicher gehen können, dass diese spezifische Deckung durch Metalle existiert. Investoren kaufen Anteile im Wissen, dass Sponsoren und Verwalter die Garantie für die Existenz des Metalls übernehmen.

Was aber passiert, wenn jemand Anteile an diesen ETFs kauft und der Verkäufer diese Anteile leerverkauft? Hinterlegt der Leerverkäufer Metall, um den Kauf zu decken? Nein. Der Leerverkäufer verkauft ausschließlich Anteile leer, ohne Metall zu hinterlegen, vielleicht leiht er sich zuvor auch die Anteile – vielleicht auch nicht. Der Käufer weiß nicht, von wem er kauft, er bekommt nur eine Kaufbestätigung von seinem Broker, er zahlt und nimmt, aufgrund der im Emissionsprospekt stehenden Angaben, an, dass er neue Anteile gekauft hat, die von einem Sponsor, der Metall hinterlegt hat, herausgegeben werden oder von einem schon existierenden Anteilseigner stammen, der sich zur Liquidierung seiner Anteile entschlossen hat. Der Käufer kommt gar nicht erst darauf, dass er von einem Leerverkäufer gekauft hat, der das Metall nicht hinterlegt hat. Zusammengefasst heißt das, dass der Leerverkäufer das, was im Prospekt zugesichert wird, umgeht. Diese Partei durchkreuzt und zerstört das klar im Prospekt gegebene Versprechen, dass jeder verkaufte Anteil durch physisches Metall gedeckt wird.

Und hier kommt die beunruhigende Frage: Welcher Käufer besitzt nun die Anteile, die nicht durch Silber gedeckt sind, wenn man davon ausgehen muss, dass Leerverkäufer in die Transaktionen verwickelt sind? Nur der unglückselige und nichtsahnende Käufer, der leider zufällig einen Leerverkauf kaufte – oder werden alle Anteilseigner des SLV anteilsmäßig geschröpft – ähnlich den abgeschnittenen Münzecken von anno dazumal? Schauen Sie nicht in den Prospekt, dort werden sie keine Antwort bekommen.

Diejenigen, die davon bislang noch keine Ahnung hatten und nicht verstehen, wie Anteile ohne Metalldeckung verkauft werden können (oder die an meinen Anschuldigungen zweifeln), kann hier ein handfester Beweis geliefert werden. Es gibt eine Auflistung von Leerverkäufen, die belegt, dass Leerverkäufe existieren. Derzeit weist der SLV öffentlich eine kleine Short-Position an der American Stock Exchange aus, sie beläuft sich auf ca. 250.000 Anteile, äquivalent zu 2,5 Millionen Unzen. Am 11.März erreichten diese Leerverkäufe fast die Menge von 1 Million oder ca. 10 Millionen Unzen. Es kann also kein Zweifel mehr daran bestehen, dass Leerverkäufe existieren, was zu einer ganzen Palette an unangenehmen Fragen führt. Ich gehe davon aus, dass dieser Aspekt vor der Einführung der ETFs nicht gründlich durchdacht wurde. Leider könnte es damit viel ernstere Probleme geben, als was diese Anzahl an Leerverkäufen betrifft – vielleicht viel ernstere Probleme.

So ca. um den 15.April herum bemerkte ich nun, dass die Verspätungen bei den Silberlieferungen im SLV viel ausgeprägter wurden. Es ging auch um viel größere Mengen Silber, als ich zuvor beobachtet hatte. Die Menge an leerverkauften Anteilen am SLV begann tatsächlich extrem zu werden.

Nur kurz zu den Leerverkäufen: Bitte verwechseln Sie diese Diskussion um Leerverkäufe von SLV-Anteilen (im GLD und IAU ebenfalls) nicht mit den Leerverkäufen, über die ich regelmäßig schreibe, wenn es um die Silber-Futures an der COMEX geht. Ich weiß, dass das kompliziert scheinen kann, aber es ist wichtig für Sie, dass Sie es verstehen. Bei den Futures muss es für jeden Leerverkauf einen Verkauf einer Long-Position geben. Daher liegt das Problem bei den Silber-Futures nicht bei der Existenz der Shorts im Allgemeinen, sondern beim (dokumentierten) konzentrierten Auftauchen dieser Short-Position – nämlich daran, dass diese sehr große Short-Position von nur wenigen Händlern gehalten wird. In den Augen der CFTC haben schon weniger extreme Konzentrationsniveaus bei anderen Rohstoffen als manipulativ gegolten; aber jetzt ist das beim Silber (und Gold) aus irgendeinem Grund nicht mehr der Fall.

Da die SEC über das vergangene Jahrzehnt die Einschränkungen bezüglich des Verkaufs von Short-Positionen gelockert hat, hat sich das neue Phänomen der nackten Leerverkäufe explosiv entwickelt. Zum Verkauf von nackten Short-Positionen braucht man sich gar nicht erst die Anteile, die man short verkaufen will, leihen. Die nackten Leerverkäufer gehen einfach short, ohne sich die entsprechenden Anteile vorher geliehen zu haben. Der Leerverkäufer kann schließlich dem Käufer am Abrechnungstag keine Anteile liefern. Und die Strafe, für das, was man im Grunde einen Lieferverzug nennt? Die SEC holt eine lange Liste hervor, auf der schon viele Aktien stehen, die nicht ausgehändigt werden konnten. Das ist alles – sie machen eine Liste. Keine Strafen, keine erzwungenen Rückkäufe, keine Identifikation desjenigen, der nackte Leerverkäufe gemacht hat, kein Nachsitzen nach Schulschluss. Und ja, auch der SLV steht von Zeit zu Zeit auf dieser Liste. Diejenigen, die Anteile am SLV besitzen, sollte das mehr als nur zu denken geben.

Und noch ein Tritt ins Gesicht für den SLV und die Silberinvestoren: Alle Investoren, die SLV-Anteile kaufen, müssen ihre Anteile voll und ganz bezahlen (oder sie leihen sich das Geld zu horrenden Zinsspannen von ihrem Broker). Nicht nur, dass die nackten Leerverkäufer nicht einen Cent für ihre Leerverkäufe hinterlegen müssen oder auch nur eine Unze Silber einlagern, sie erhalten auch die gesamte Bareinzahlung, die der Käufer aufgebracht hat, sie können Zinsen einstreichen und über das Geld solange frei verfügen, bis sie ihren Leerverkauf zurückkaufen. Was möglicherweise auch nie der Fall sein kann, da sie keiner dazu drängt. Das ist Wall-Street-Schwindelei und Abzocke erster Ordnung.

Während es einfach ist, zu beweisen, dass es Leerverkäufe und auch nackte Leerverkäufe im SLV gibt, kann man die Mengen nicht so leicht festmachen. Ich bin überzeugt, dass viele dieser nackten Leerverkäufe in keinem Bericht auftauchen. Meinen derzeitig besten Schätzungen zufolge, müsste die Gesamtmenge der seit dem 15.April leerverkauften SLV-Anteile zwischen 2,5 Millionen bis 5 Millionen liegen. Das entspricht einer Silbermenge zwischen 25 Millionen und 50 Millionen Unzen. Um es ganz deutlich zu sagen: Ich glaube, dass die Käufer SLV-Anteile für mehr als 25 Millionen bis 50 Millionen Unzen Silber gekauft und bezahlt haben, welche jedoch nicht physisch im Trust hinterlegt sind. Kann ich das beweisen? Nein. Behaupte ich das aufgrund von vagen Vermutungen und ohne gründliche Betrachtung? Nein. Könnte die Menge der Anteile, die von den nackten Shorts am SLV leerverkauft wurden, unter meinen Schätzungen liegen? Ja. Könnte die Menge der Anteile, die von den nackten Shorts am SLV leerverkauft wurden, über meinen Schätzungen liegen? Ja.

Im Interesse einer vollständigen Aufklärung habe ich in dieser Angelegenheit schon versucht, mich an die betreffenden, höheren Stellen zu wenden. Vor einigen Wochen habe ich Barclays Global Investors (BGI) von meinen spezifischen Bedenken in Kenntnis gesetzt und sie in diesem Zusammenhang um eine interne Klärung gebeten. Da ich ihrerseits noch keine Anstrengungen in dieser Angelegenheit sehen konnte und auch meine Beschuldigungen nicht zurückgewiesen wurden, beschloss ich mit dieser Angelegenheit an die Öffentlichkeit zu gehen. Zudem schrieb auch einer meiner Kollegen an Barclays. Im Verlauf ihres Austausches wurden die heute von mir beschriebenen Informationen entweder bestätigt oder zumindest nicht geleugnet.

Was hat das nun alles für den Silbermarkt im Allgemeinen und für die Investoren im SLV im Speziellen zu bedeuten? Für den Silbermarkt könnte nichts bullischer sein oder aber nichts beunruhigender. Wenn ich richtig liege, dann sind mit größter Wahrscheinlichkeit einer oder mehrere der Autorisierten Marktteilnehmer (Authorized Participants – APs) – vielleicht sogar Barclays selbst – Kandidaten für die großen nackten Shorts im SLV. Und man kann sich nur schwerlich vorstellen, dass diese nackten Leerverkäufer im SLV nicht dieselben sind, wie die großen konzentrierten Shorts an der COMEX.

So bullisch für Silber daran ist, dass es nur einen guten Grund für die nackten Leerverkäufe von SLV-Anteilen gibt: Weil das verfügbare Silber, dass man dazu hätte kaufen und in die Lager der Verwalter bringen müssen, nicht existiert. Anstatt draußen den Silberpreis offensiv in die Höhe zu treiben, ist es unendlich einfacher, die Anteile einfach nur leerzuverkaufen. Keiner würde dahinter kommen und es würde den Preis schön in den Schranken halten. Das bestätigt aber auch, dass physisches Silber möglicherweise nicht mehr in großhandelstypischen Mengen erhältlich ist. Das würde, mit anderen Worten, der Beweis für einen Knappheit im Silbergroßhandel sein, der mit einer Knappheit im Einzelhandel einhergeht.

Angenommen meine Zahlen sind korrekt, dann ist es beunruhigend, dass sich der gleiche Betrug und die gleiche Manipulation, wie sie schon mit den konzentriert leerverkauften Silber-Futures an der COMEX besteht, nun auch auf den SLV ausgeweitet hat. Und wenn dem so ist, dann vielleicht auch noch von denselben Akteuren. Denken Sie einmal darüber nach: Warum sollte irgendjemand, der bereitwillig Hunderte von Millionen Unzen bei den COMEX-Silber-Futures short verkauft hat, zögern, eine weiter zweistellige Millionenzahl an Unzen im SLV zu verkaufen, nur um den Schwindel am Laufen zu halten? Wer A sagt, muss auch B sagen. Vielleicht hat der Druck auf die konzentrierten Shorts an der COMEX die Manipulatoren dazu gebracht, am SLV leerzuverkaufen, um die Short-Position an der COMEX am Wachsen zu hindern?

Was aber am meisten von allem beunruhigt (abgesehen von der Manipulations-Connection), ist, dass es bei den Leerverkäufen der SLV-Anteile um etwas geht, dass man erst in Zukunft beim COMEX-Silber erwartet – Lieferverzug. Wenn im SLV umgerechnet 25 bis 50 Millionen Unzen Silber leerverkauft wurden (vielleicht weniger, vielleicht mehr), dann entspricht das 5000 bis 10.000 COMEX-Kontrakten. Wenn Käufer an der COMEX auf die Lieferung von 5000 bis 10.000 Kontrakten bestehen würden und die Verkäufer nicht im vorgegebenen Zeitraum liefern könnten, dann würde jeder wissen, dass es hier eine richtig große Nichterfüllung gegeben hat und das würde wiederum für den Silberpreis und den ETF die ernsthaftesten (die bullischsten) Auswirkungen haben, die es überhaupt geben kann.

Ich bitte Sie, nutzen Sie Ihren gesunden Menschenverstand. Falls Käufer, wie ich behaupte, 25 Millionen bis 50 Millionen Unzen Silber im SLV gekauft und bezahlt haben und die Verkäufer entgegen den Vereinbarungen kein Silber hinterlegt haben, sondern stattdessen nur Anteile leerverkauft haben, haben wir es dann nicht per se mit einer Nichterfüllung zu tun? Ist das nicht dasselbe, wenn der Lieferung von 10.000 Kontrakten an der COMEX nicht nachgekommen werden kann? Sollte es nur deshalb keine Nichterfüllung sein, weil keiner davon wusste, solange, bis es ihnen erklärt wurde?

Sollten sich meine Berechnungen am Ende auch als überzogen darstellen, was das nackte Leerverkaufen im SLV betrifft, so habe ich doch ein Szenario angesprochen, dass problemlos Realität werden kann und das, meines Wissens nach, noch nie zuvor öffentlich angesprochen wurde. Leerverkäufe (und nackte Leerverkäufe) dieser Anteile existieren und hinter diesen Anteilen gibt es kein Silber. Allermindestens sollte dies im Keim erstickt werden – von Barclays, der SEC, und jede Form von Leerverkäufen von SLV-Anteilen, ganz gleich welchen Typs, sollte strikt verboten werden. Die Short-Verkäufer sollten auch schön dort bleiben, wo sie ohnehin schon sind – an der COMEX und in der Derivate-Jauchengrube. Jeder Silberinvestor (und jeder Goldinvestor) sollte sich Gedanken über die Einzigartigkeit dieser ETFs machen - in Bezug auf die unmittelbare Nähe zum und die Umwandelbarkeit in Metall. Dies macht die ETFs zu einem potentiellen Werkzeug für Betrug, Manipulation und Vertragsverletzung.

Was können die SLV-Investoren nun dahingehend unternehmen? Einige Dinge gehen mir da durch den Kopf. Erstens, verkaufen Sie jetzt nicht empört und überhastet Ihre SLV-Anteile, um dann anschließend den Silbermarkt zu verlassen. Sie würden sich ins eigene Fleisch schneiden. Silber steht kurz davor zu explodieren, das ist meine Meinung. Wenn Sie nun Ihre Anteile liquidieren, bevor es dazu kommt, dann wäre das dumm und Sie würden den Tag verfluchen, an dem Sie sich dazu entschieden haben. Sie sollten jedoch auch nicht komplett passiv auf Ihren SLV-Anteilen sitzen blieben und vorgeben, dass diese Leerverkäufe unwichtig seien.

Wenn Sie können, dann wechseln Sie zum echten Silber, entweder in Ihrem eigenen, direkten Besitz oder vertrauen Sie die Lagerung Ihres Silbers einem professionellen Betreiber an. Ein Wechsel bedeutet einen Transfer von einer Anlage zu einer anderen. Treffen Sie die Vorkehrungen zum Kauf von echtem Silber, bevor Sie Ihre SLV-Anteile verkaufen. Versuchen Sie nicht, pfiffig zu sein und den richtigen Moment im Markt auszureizen. Und zum x-zigsten Mal: Zur professionellen Lagerung (von 1000 oz-Barren) gehören Zertifikate über Seriennummern, Gewichte und Prägestempel aller Barren, die nur ihnen gehören. Auch müssen Sie die Möglichkeit haben, sich die Barren auf Anfrage ausliefern zu lassen und lassen Sie die Barren nicht durch Ihren Händler, sondern separat durch jemanden anderen, von dem Sie diesen Barren nicht gekauft haben, einlagern. Bitte fragen Sie mich nicht nach diesem oder jenem Programm – stellen Sie nur sicher, dass die eben genannten Bedingungen erfüllt sind.

Für diejenigen, die nicht aus dem SLV wechseln können: Halten Sie Ihre Anteile, aber machen Sie Druck auf Barclays und die SEC, so dass sie in dieser Angelegenheit reagieren müssen. Das Problem kann behoben werden, wenn Sie sie zwingen, das Problem zu beheben – und fordern Sie auch, dass es in keinster Weise Leerverkäufe geben darf, aufgrund der einzigartigen Umstände bei diesen Wertpapieren und dem klaren Bekenntnis dazu im Emissionsprospekt. Sie haben es schon einmal geschafft, als es darum ging, die Auflistung der Seriennummern von Barclays zu fordern und Sie werden es auch in dieser Angelegenheit schaffen. Das eine solche Sache überhaupt passieren kann, ist schon unerhört und wenn Barclays diese Angelegenheit schleifen lässt, dann machen Sie denen die Hölle heiß. Auch wenn Sie die Möglichkeit haben zu wechseln, fragen Sie persönlich nach und geben Sie Barclays die Chance, ihren Kommentar zur Lage der Dinge abzugeben - isharesetfs@barclaysglobal.com.

Darüberhinaus habe ich hier einen Vorschlag für die Großinvestoren im SLV, diejenigen, die größere Mengen halten (ab 50.000 Anteile oder 500.000 Unzen). Wechseln Sie von Ihren Anteilen zum direkten Silbereigentum, machen Sie ein paar Anrufe und lassen Sie sich über Ihren Broker oder dem autorisierte Marktteilnehmer (AP) Ihre Anteile in Silber umwandeln, das in Ihrem Namen gehalten wird. Es wird billiger für Sie, wenn Sie die Lagerkosten bezahlen, anstatt Barclays Verwaltungskosten zu zahlen – es ist sicherer für Sie und schützt Sie vor den Verkaufsspielchen der nackten Leerverkäufer. Das Lustige ist, dass Ihr Silber nicht einmal von Ort und Stelle bewegt werden muss, es geht hierbei nur um die Veränderung der Eigentumsverhältnisse auf dem Papier. Halten Sie einfach nur Ihren Bull-Shit-Detektor parat, um die idiotischen Ausreden bemessen zu können, die Ihnen gegenüber vorgebracht werden, wenn Sie den für Sie zuständigen Personen diesen Vorschlag das erste Mal unterbreiten.

Abschließend möchte ich noch einmal auf eine Reihe von Gedanken zurückkommen, die ich in Bezug auf den SLV geäußert hatte, damals als er das erste Mal im Gespräch war. Ich lag falsch, als ich bezweifelte, dass der ETF jemals eingeführt wird, aber ich lag richtig, als ich davon ausging, dass er einen günstigen Einfluss auf den Preis haben werde. Ich habe Recht behalten mit meiner Aussage, dass die SEC keinen weiteren ETF zulassen würde, an dem man den betreffenden Rohstoff physisch erwerben kann. Mein vielleicht größter Fehler war die Prognose, dass die Menge von 130 Millionen Unzen Silber nicht zu den derzeitigen Preisen gekauft werden könnte (der Preis lag damals bei 7,1 $/oz) – ich fragte mich sogar, was die Leute von Barclays geraucht haben müssen, dass die behaupteten, diese 130 Millionen Unzen könnten ohne eine Preisfeuerwerk gekauft werden. Auch wenn eine Verdreifachung der Preise (bei den Hochständen) durchaus auf die Definition "nicht zu den derzeitigen Preisen" passt, so muss ich auch zugeben, dass ich preismäßig viel mehr erwartet hatte. Und da es zurzeit 195 Millionen Unzen im SLV gibt, waren es vielleicht gar nicht die Leute von Barclays, die etwas geraucht hatten. Vielleicht war ich es. Vielleicht aber auch nicht.

Das hier soll kein Vorwand sein, mich aus der Affäre zu schleichen und eine Fehlprognose kleinzureden, weil das mit Sicherheit schon vorkommen kann, da ich fast jede Woche etwas Unverwechselbares und Provokatives über Silber zu schreiben versuche. Wenn man schnell bei der Sache sein will und versucht, als einer der Ersten auf dem aktuellsten Stand zu sein, dann kann man manchmal über"s Ziel hinausschießen. Das ist berufsbedingtes Risiko. Der Trick dabei ist, keinen zu verletzen, selbst wenn Sie einmal am Bull vorbeischießen. Auch wenn es so scheint, dass ich stark daneben lag, als ich Barclay wegen der problemlosen Bereitstellung von 130 Millionen Unzen eine Tracht Prügel verpasste, so möchte ich doch noch einmal auf meine damalige Behauptung zurückkommen – ganz streng unter analytischen Gesichtspunkten – im Lichte dessen, was ich jetzt weiß und was ich damals noch nicht wissen konnte.

2005 bin ich davon ausgegangen, dass man auf der ganzen Welt keine 130 Millionen Unzen verfügbares Silber besorgen könnte – zu einem Preis in der Nähe von 7 $ pro Unze. Natürlich wusste ich, dass die Menge an existierendem Silber viel höher lag – und für das weltweit existierende Silber habe ich immer eine Menge von ca. 1 Milliarde Unzen angegeben. Aber es gibt schließlich auch immer einen Unterschied zwischen der existierenden Silbermenge und der Menge, die zum Kauf erhältlich ist. Ich dachte, es sei unmöglich, 130 Millionen Unzen mit einem Mal zu kaufen, zu Preisen im niedrigen zweistelligen Bereich liegen. Im Nachhinein weiß ich, was falsch war. Und wo ich richtig lag.


Ich konnte mir nie vorstellen, dass Warren Buffet sein Silber freiwillig verkaufen würde (es soll eine Menge von 130 Millionen Unzen gewesen sein – auf ein Mal) und dann auch noch so billig. Natürlich hat er sein Silber nicht so richtig freiwillig verkauft, er wurde ihm eher abgenommen, da er spekulierte und die kurzfristigen Preisfluktuationen falsch einschätzt hatte. Aber im Endeffekt landete sein verlorenes Silber im SLV. Deswegen könnten, von den 195 Millionen Unzen im SLV, ganze 130 Millionen von Warren Buffett stammen, womit nur noch 65 Millionen Unzen bleiben, die anderswo gekauft wurden. Mach ich das jetzt nur, um mein Gesicht zu wahren, weil ich damals eine schlechte Prognose abgegeben habe? Keinesfalls!

Ich stelle die Berechnungen an, um mehr über die wahre Bedeutung der Leerverkäufe bei den SLV-Anteilen herauszufinden. Hätten wir gewusst, dass Barclays sich Buffetts Silber vor Einführung des ETF irgendwie gesichert hat – anstatt, vom Nullpunkt ausgehend, eine Kalkulation anzustellen, wie viel Silber mit welchen Auswirkungen für den Preis gekauft werden könnte – dann hätten wir alle Berechnungen bei einem Stand von 130 Millionen angesetzt. Anders ausgedrückt, rechnen wir rückblickend das einmalig von Buffett Verzockte heraus, dann kommen wir bei der vom SLV innerhalb von zwei Jahren gekauften Silbermenge auf 65 Millionen Unzen und nicht auf 195 Millionen Unzen. Ohne Buffet hat sich der Silberpreis verdreifacht, da in Wirklichkeit nur 65 Millionen Unzen am offenen Markt gekauft wurden. Das deutet darauf hin, dass der Markt unvorstellbar angespannt ist.

Ich glaube, das ist wichtig, denn wenn meine Berechnungen akkurat sind, dann befinden wir uns inmitten einer weltweiten Silberknappheit. Das könnte auch die eigentliche Motivation hinter den Leerverkäufen von SLV-Anteilen sein. Den großen Shorts an der COMEX verkaufen jetzt auch Anteile am SLV leer, weil sie keine andere Wahl haben – möglicherweise ist kein Silber mehr erhältlich. Wenn das stimmt, dann ist das mehr als tiefgreifend für die Preise. Wenn Sie schon so viel Silber halten, wie Sie können, dann halten Sie es weiter – Sie sind in meinen Augen korrekt positioniert. Wenn nicht, dann entgeht Ihnen eine bemerkenswerte Gelegenheit.

Noch kurz eine persönliche Anmerkung: An eine Sache würde man kaum, wenn es darum geht, im Silbersektor involviert zu sein. Hier bieten sich auch Gelegenheiten, eine Reihe von entzückenden Menschen kennenzulernen, weil man ein gemeinsames Interesse am Silber hat. Ich hatte vor Kurzem die Gelegenheit einen Freund zu besuchen (zusammen mit meiner Frau), der in letzter Zeit ein hartes Los hatte – was seine Gesundheit angeht. An dieser Stelle gute Wünsche und ein Gebet für die schnelle Genesung meines speziellen Freunds Larry O und beste Wünsche auch an seine bezaubernde Gattin Judy.


© Theodore Butler

(Diese Abhandlung wurde vom Silberanalysten Theodore Butler, einem unabhängigen Berater, verfasst. Investment Rarities teilt seine Ansichten nicht notwendigerweise, diese können sich als richtig oder falsch herausstellen.) Exklusiv übersetzt für GoldSeiten.de. Das Original wurde am 16.06.2008 auf der Website www.investmentrarities.com veröffentlicht.
Quelle: Goldseiten.de