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Gold weiter mit Phantasie, Aktien erst später

Samstag, 20. August 2011, 07:46
In den vergangenen Tagen habe ich mehrfach bis in die Nacht mit einigen praktizierenden Privatanlegern und Anlageprofis diskutiert, deren Meinung ich besonders schätze. Wir haben vor allem auf zwei Fragen plausible Antworten zu finden versucht: Wie hoch steigt der Goldpreis? Wie tief fallen die Aktien? Dabei sind wir auf komplexe Zusammenhänge und Mechanismen gestoßen, deren Konsequenzen ich im Folgenden jeweils nur kurz skizzieren kann.
Zunächst zum Goldpreis. Er wird in erster Linie immer noch von der internationalen Schuldenkrise und damit zusammenhängend von negativen Realzinsen (Nominalzinsen minus Inflationsraten) nach oben getrieben. Seltsamerweise hat ihm zuletzt die Veröffentlichung der Angebots- und Nachfragedaten durch das World Gold Council für das zweite Quartal 2011 nicht geschadet, eher im Gegenteil. Auf den ersten Blick seltsam deshalb, weil die Goldnachfrage in diesem Quartal mit 919,8 Tonnen um 17 Prozent unter der in demselben Vorjahresquartal mit 1107 Tonnen lag. In der Statistik fällt auf, dass die Nachfrage aus Indien, China und der Türkei gestiegen ist. Das gibt insofern zu denken, als diese drei Länder traditionell nicht als pro-, sondern als antizyklische Käufer gelten. Umso mehr kann man ihre Käufe als positives Signal werten.

Die Nachfrage der börsengehandelten Fonds (ETF = Exchange Traded Funds) ist im zweiten Quartal 2011 verglichen mit derselben Vorjahreszeit von 291,6 auf 51,7 Tonnen regelrecht eingebrochen. Da diese Nachfrage zu bestimmten Zeiten primär von spekulativen Anlegern stammt, lässt sich aus dem starken Nachfragerückgang durchaus das Fazit ziehen, dass der Goldmarkt bis Ende Juni dieses Jahres von einem Großteil an spekulativem Kapital befreit war. Nicht auszuschließen ist, dass dieses Kapital während des laufenden Quartals wieder ins Gold fließt.
Der Zusammenhang von Goldpreis und Schuldenkrise wird erst deutlich, wenn man sich deren ganze Dramatik vor Augen hält. Beispiel Europa: Seit eineinhalb Jahren werden wir mit unerträglichen Begriffen und Scheinlösungen konfrontiert. Beispiele: Europäischer Stabilitätsfonds und -mechanismus (EFSF und ESM), Rettungsschirm, Schuldenobergrenze, Stabilitätspakt, Wirtschaftsregierung, Transferunion, Eurobonds, Blue Bonds, Red Bonds usw. In den USA heißt das Ganze dann Quantitative Easing und trifft den Kern des Problems viel besser, nämlich dass an der so gut wie unbegrenzten Geldvermehrung kein Weg vorbei führt. Und wenn immer mehr Geld durch die Welt zirkuliert, gewinnen verglichen damit die Dinge an Wert, die nicht beliebig vermehrbar sind, an erster Stelle Gold.
Die Dramatik in Europa zeigt sich daran, dass es hier immer noch keine politische Union gibt, wie sie schon vor über 20 Jahren bei der Konzeption des Maastricht-Vertrags auf der Agenda stand. Das hat fatale Folgen: Obwohl eine Transferunion durch diesen Vertrag de jure ausgeschlossen ist, wird sie de facto entweder auf irgendeine Art durch die Hintertür kommen, oder der Maastricht-Vertrag muss geändert werden. Beides schadet dem Euro, und nebenbei wird Deutschland als oberster Zahlmeister der Transferunion kräftig zur Kasse gebeten.
Die Schuldendramatik in den USA lässt sich am besten an Zahlen festmachen. Zum Beispiel sind die amerikanischen Staatsschulden in den vergangenen drei Jahrzehnten um das Siebenfache auf über 14 Billionen Dollar gestiegen. Damit ist der Dollar zunächst ebenso beschädigt wie der Euro, wenn auch aus einem ganz anderen Grund. Hinzu kommt eine weitere Beschädigung, wenn man die jüngste Geldpolitik der USA und der Euro-Zone vergleicht: Die US-Notenbank Fed hat bereits für 1,5 Billionen Dollar amerikanische Staatsanleihen gekauft, die Europäische Zentralbank dagegen erst für umgerechnet 137 Milliarden Dollar Euro-Staatsanleihen, also rund elf Prozent der US-Käufe. Und während diese schon gut elf Prozent des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts ausmachen, liegt der vergleichbare Anteil in der Euro-Zone bei nur einem Prozent.
Ob die Eurobonds und damit die Einführung der europäischen Transferunion oder die überbordenden Schulden der USA den Goldpreis in die Höhe treiben, spielt letztlich keine Rolle. Denn dass die Euro-Dollar-Parität bei steigendem Goldpreis schon seit Wochen nahezu unverändert bleibt, spricht Bände. Das heißt, die Teilnehmer an den Devisen- und Edelmetallmärkten trauen weder der einen noch der anderen Währung; und solange das so bleibt, besteht kein Anlass, sich vom Gold zu verabschieden. Womit die Frage, wie hoch der Goldpreis steigt, zwar nicht beantwortet ist. Aber so viel steht fest: Obwohl die Preisschwankungen jetzt etwas heftiger ausfallen, sind der Phantasie nach oben immer noch keine Grenzen gesetzt - und das ist ja immerhin schon etwas.
Nun zu den Aktien. Sie wurden in den vergangenen Wochen regelrecht zusammengedroschen, was beim Deutschen Aktienindex Dax zeitweise zu einem Verlust von 2000 Punkten oder 27 Prozent führte. Auslöser war die – berechtigte - Furcht vor einer Rezession. Als die Kurse einzuknicken begannen, traten die Algo-Trader in Aktion. Das sind Computerprogramme, die aufgrund von Algorithmen (schematisierten Rechenabläufen) selbständig Aktientransaktionen durchführen, sobald es zu einer bestimmten Konstellation kommt, also etwa die geglättete 200-Tage-Linie (ein versetzter Kursdurchschnitt) den Dax von unten nach oben schneidet oder die Siemens-Aktie ihren Aufwärtstrendkanal nach unten verlässt.
Wird der nächste Algorithmus aktiviert, kann es zu einer Kurserholung kommen, beim übernächsten zu einem weiteren Kursrückgang usw. Während der ganzen Zeit geraten Fondsmanager immer mehr in die Bredouille, weil Anleger Fondsanteile liquidieren und die Manager damit zwingen, Aktien zu verkaufen, um Anleger in Cash auszahlen zu können. Kurz vor dem Ende dieser Entwicklung beginnen Aktienanalysten, die Bilanzen lesen können und gute Kontakte zu den Unternehmen pflegen, fundamentale Daten (beispielsweise Buchwerte, Kurs-Gewinn-Verhältnisse oder Verschuldungsgrade) mit den Kurswerten zu vergleichen. Kommen sie zum Ergebnis, dass die Kurswerte vergleichsweise zu tief gefallen sind, raten sie den Fondsmanagern zu Aktienkäufen. Pech für solche Fondmanager, die in dieser Phase über zu wenig Cash verfügen, weil sie ihre Anleger auszahlen mussten. Dann wird von Fall zu Fall halt ein neuer Fonds gegründet und so stark beworben, dass Anleger ihm Geld anvertrauen, und die Basis für den nächsten Kursaufschwung ist gelegt.
Aktuell ist der Dax trotz der einen oder anderen Zwischenerholung noch nicht in dieser Phase. Er wird mit Unterbrechungen weiter fallen und voraussichtlich erst bei 4000 Punkten auf Widerstand nach unten stoßen, falls die kommende Rezession milde ausfällt, wofür zurzeit noch vieles spricht. Das gilt analog auch für andere Indizes. Falls die Rezession jedoch schlimmer zu werden droht, sind weitere Kursverluste zu erwarten. Insofern empfiehlt es sich, neben den Aktienkursen auch wichtige Konjunkturindikatoren zu verfolgen, etwa die Indizes von ifo, ZEW und GfK. Auf Details, vor allem auf dann interessante Aktien, werde ich von Zeit zu Zeit zurückkommen. Warum überhaupt, liegt auf der Hand: Aktien sind nicht nur Ertrags-, sondern auch Substanzwerte und damit am Ende jeder Art von Anleihen überlegen.

Manfred Gburek, 19. August 2011

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » gburek.eu