Ein Jahrhunderttrend Teil 1
von Johannes Forthmann
Gold und Silber
Gold- und Silber, aber auch andere Rohstoffe, sind mit Beginn des 21. Jahrhunderts zu den letzten Domänen von echten Langzeittrends geworden. Die Preisanstiege von Rohstoffen haben Entwicklungen wie sie in den 70er Jahren stattfanden, bereits hinter sich gelassen und sind auf dem besten Wege zu einem Jahrhunderttrend zu werden. In der folgenden Grafik habe ich vergleichsweise die Entwicklung von Gold, Silber u. des bedeutendsten Aktienindex (S&P500) ab dem Krisenjahr 2008 anhand der wichtigsten indexbezogenen ETF´s dargestellt.
Grafik 1: SPDR Gold Trust(rot), i shares Silver Trust (grün), SPY(braun)
2008____________________ 2009____________ Quelle: www.bloomberg.com
Während noch zu Anfang des Krisenjahres 2008 keine große proportionalen Abweichungen zu beobachten waren (linke Bildhälfte), sehen wir bereits lange vor Beginn der damaligen Turbulenzen ab Mitte des Jahres eine gegenläufige Entwicklung, d.h. einen ersten Abkoppelungsversuch von den Aktienmärkten. Im Verlauf des weltweiten Abschwunges wurden dann beide Edelmetalle zunächst in den Sog der Aktienmärkte gerissen, Gold konnte sich jedoch der Panik auf den Finanzmärkten deutlich sichtbar am besten entziehen und blieb spätestens zu diesem Zeitpunkt seinem Ruf als bestes aller Krisenmetalle treu. Eine weitere interessante Situation wird anhand dieser Grafik sichtbar. Silber performte vor dem Ausbruch der Krise Gold aus (linke Bildhälfte). Dieses ist fundamental vielleicht mit der Tatsache zu erklären, dass Silber bei steigenden oder seitwärts verlaufenden Aktienmärkten wegen seiner größeren Bedeutung als Industriemetall bevorzugt wird. Man kann aber auch sagen, dass Silber nicht nur im Verlauf der hier gezeigten Periode bei scharfen Korrekturen auf den Aktienmärkten bedeutend empfindlicher reagierte als Gold. Ein weiterer anzumerkender Punkt ist, dass Silber aktuell ebenso wie vor Beginn der Krise Gold outperformt(rechte Bildhälfte).
Schauen wir nun auf einen Langzeitchart, der die relative Entwicklung von Gold zu Silber darstellt, dann bekommen wir weitere Bestätigungen.
Grafik 2: Gold Silber Ratio Spread von 1996 bis 2010
In diese Zeitperiode fielen drei ernstzunehmende globale Finanzkrisen. Die Asienkrise 1998, das Platzen der Technologieblase im Jahre 2000 und die Panik des Jahres 2008. Im Verlauf aller drei Krisen performte Gold Silber deutlich aus, d.h. der Gold Silber Ratio Spread stieg steil an, während bei steigenden Aktienmärkten oder Erholungsphasen Silber die bessere Alternative war. Hieraus kann man schließen, dass die Preisentwicklung von Gold in Relation zu Silber auch in Zukunft wahrscheinlich sehr stark von der Entwicklung der Aktienmärkte abhängen wird.
Die erste Inflation
Die monetäre Vergangenheit von Gold und Silber ist tief verwurzelt mit der Geschichte der Zahlungsmittel. Hier führte die Ausweitung der Geldmenge, wie sie durch die Spanier im 16. Jahrhundert erfolgte zur ersten Inflation. Nachdem bis zum Jahre 1640 für damalige Verhältnisse riesige Mengen an Gold und Silber aus der Neuen Welt nach Sevilla verschifft und in Form von Münzen auf dem europäischen Markt in Umlauf gebracht worden waren, versiebenfachten sich die Brotpreise in 100 Jahren während sie in den vorangegangenen drei Jahrhunderten stabil geblieben waren.
Diese Entwicklung führte jedoch trotz massiver langer kriegerischer Auseinandersetzungen und Staatsbankrotten auf dem alten Kontinent nicht zu einer gallopierenden oder gar Hyperinflation, wie sie bei einigen Papiergeldwährungen im 20. Jahrhundert auftraten. Gold und Silber wurden zum festen Anker stabiler Währungen. Dieses wird auch in dem Namen „Dollar“ deutlich. Er ist abgeleitet aus dem Wort Taler, der bedeutendsten nordeuropäischen Silbermünze um 1750.
Die Dollarkrise
Die heutige Phase lässt sich mit keiner vergangenen Situation konkret vergleichen. Neue Korrelationen bilden sich heraus, einige alte bleiben bestehen oder kehren zurück. Will man die heutige Situation als Investor meistern, dann sollte man die Geschichtsbücher jedoch nicht ganz zuklappen. Die Erfahrungen der 70 er Jahre zeigen, dass Rohstoffe einen Schutz gegen Inflation geboten haben. Der damalige US Finanzminister Nixons, John Connally sagte im Jahre 1971 offen: „Der Dollar ist unsere Währung, aber Euer Problem.“ Der Dollar wurde von der Konvertierbarkeit in Gold entbunden, welches als „barbarisches Relikt“ bezeichnet wurde. Periodisch auftretende Dollarschwächen wurden zeitweise gelöst durch
• Aufwertungen der D Mark und des Yens gegenüber dem US Dollar
• Anstiege der Rohstoffpreise
Es ist sehr fraglich, ob eine weitere Abwertung des US$ gegenüber dem Yen, wie sie in den letzten Jahrzehnten faktisch stattfand, dieses Problem überhaupt noch lösen kann. Es gleicht eher einem verzweifelten Überlebenskampf zweier finanziell am Abgrund stehender hochverschuldeter Volkswirtschaften. Ein kränkelndes britisches Pfund und ein von starken innereuropäischen strukturellen Ungleichgewichten geprägter Euro tragen auch nicht unbedingt zu einer Vertrauensbildung bei, welches jedes Papiergeld zwangsläufig benötigt, um über eine Zeitperiode hinweg mehr oder weniger effektiv funktionieren zu können.
Grafik 3. US$ in Yen von 1985 bis 2010
Quelle: JF Research
Rohstoffe
Die 70er Jahre waren gekennzeichnet durch Inflation und wirtschaftliche Stagnation. Der Begriff der „Stagflation“ taucht neuerlich wieder auf. Der Dow Jones Aktienindex schwankte damals sägezahnartig 16 Jahre lang in einer Bandbreite von 700 bis 1000 Punkten. aber Rohstoffe erlebten in den 70er Jahren beeindruckende Aufwärtstrends, die über Monate und Jahre hinweg andauerten. Sie machten Investoren berühmt, deren Namen heute noch in aller Munde sind.
Die nächste Grafik gibt einen Überblick über die Entwicklung der Rohstoffe in den letzten vier Jahrzehnten. Sie zeigt den Reuters Commodity Index, der sich aus den wichtigsten 19 Rohstoffen zusammensetzt.
Grafik 4: Reuters Commodity Cash Index von 1973 bis 2010 (1 Preisstab = 1 Monat)
Quelle: www.mrci.com
Ein wesentlicher fundamentaler Unterschied zur heutigen Zeit besteht darin, dass damals eine Hochzinspolitik zur Bekämpfung der Inflation betrieben wurde. Im weiteren Verlauf der Grafik zeigt sich, dass während der Zeitperiode von 1982 bis 2000, in der sich die Aktienkurse verzwölffachten(Dow Jones von 1000 bis 12.000), die Rohstoffpreise eher fielen. In den letzten Jahren beobachtet man insofern eine Korrelation, als dass Rohstoffe bei Anstiegen des Aktienmarktes überproportional zulegten. Dieses scheint fundamental durch den weltweit stark wachsenden Rohstoffbedarf bei gleichzeitiger Verknappung begründet zu sein. Schon heute konsumieren China und Indien 50% aller weltweit produzierten Rohstoffe. Vor dem Hintergrund einer massiven Ausweitung der Geldmenge zur Bekämpfung der heutigen Finanzkrise sind inflationäre Tendenzen unausweichlich. Der Harvardprofessor für Ökonomie Niall Ferguson vergleicht den heutigen Anstieg der Rohstoffpreise eher mit den 40er Jahren und drückt es in seinem Buch “Der Aufstieg des Geldes“ aus dem Jahre 2009 so aus: „Es ist nicht zuviel gesagt, wenn wir ohne einen realen Krieg die inflationären Symptome eines Weltkrieges erleben.“ Allen Lesern dieses Artikels wünsche ich Erfolg und eine glückliche Hand.
Johannes Forthmann ist deutscher Wirtschaftswissenschaftler und studierte Technische Analyse in den USA. Er schreibt einen Rohstoff Newsletter, gibt zeitweise Seminare und ist unter der E-Mail » coloursofthesun@gmail.com zu erreichen. Veröffentlichungen nur mit Genehmigung des Autors.