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Mehr zur Gold-Backwardation

Die letzten Wochen über konnte man im Internet eine Menge Artikel über Backwardation lesen - also über einen Zustand im Rohstoffsektor, bei dem der sofortige Lieferpreis eines Rohstoffes höher liegt, als der zukünftige Lieferpreis. Wie im Internet üblich sind die meisten Dinge, die da geschrieben werden, nützlich - manches ist allerdings absoluter Schrott - man braucht Zeit, um hier zu trennen und die Filetstücke herauszusuchen. Im Folgenden werden Quellen und Gedanken angeführt, in der Hoffnung, dass sich die Verwirrung beim Thema Backwardation ein wenig legen kann. Zudem soll ein aktueller Einblick in den Goldmarkt gegeben werden.

Backwardation ist gar kein so großes Ding bei den meisten Rohstoffen - beim Gold ist es allerdings ein Riesending. Seit den 1970er Jahren beschäftige ich mich mit dem Goldmarkt. Ich erinnere mich, dass es in dieser Zeit nur dreimal eine Gold-Backwardation gegenüber dem US-Dollar gab. Zum Glück können wir die exakten Zeitpunkte und Zahlen präzise bestimmen. Die London Bullion Market Association stellt nämlich regelmäßig die "GoFo"-Sätze (Gold Forward) ins Netz; siehe folgende Webseiten:

www.lbma.org.uk/?area=stats&page=gofo/2008gofo
www.lbma.org.uk/stats/goldfwds

Am 29. November 1995 trat sie zum ersten Mal auf. Die Backwardation dauerte einen Tag und war möglicherweise die Folge von Hedge-Rückkäufen die Barrick Gold damals gerade beendet hatte (einer wurde von ihnen kurz darauf bestätigt).

Die nächste Backwardation dauerte 2 Tage - vom 29.-30. September 1999. Sie trat ein, nachdem verschiedene Zentralbanken die Teilnahme am Washington-Goldabkommen verkündeten. Diese Vereinbarung brach einen verrückten Ansturm auf physisches Gold los, das der Deckung von Short-Positionen diente - kurz vor dem steilen Preisanstieg, der durch diese Nachricht ausgelöst wurde.

Und letzten Monat geschah es zum dritten Mal. Sie dauerte drei Geschäftstage lang an - 20., 21. und 24. November. Es gab allerdings keinen offensichtlichen Auslöser, der diese letzte Backwardation auf den Weg brachte, im Gegensatz zu den beiden vorhergehenden. Aber möglicherweise spiegelt dies die außergewöhnliche hohe Nachfrage nach physischem Metall wieder.

Die oben gemachten Beobachtungen geben uns mit Recht Grund zur Annahme, dass es im Goldmarkt selten zu Backwardation-Situationen kommt. Hier herrscht fast immer Kontango vor - eine Situation, bei der der heutige Lieferpreis niedriger liegt als der zukünftige Lieferpreis. Deswegen kann man auch sagen, dass sich Gold sehr stark von anderen Rohstoffen unterscheidet - denn alle anderen befinden sich immer wieder einmal in einer Backwardation. Warum ist Gold hier anders?

Gold ist Geld. Die Zweckmäßigkeit von Gold leitet sich also mit anderen Worten nicht von seinem Verbrauchswert ab, sondern von seiner Kumulation. Im Gegensatz zu allen anderen Rohstoffen wird Gold nicht endgültig für bestimmte Anwendungen verbraucht. Gold wird, ganz im Gegensatz dazu, gehortet - ich sage auch gerne, Gold wird gespart, da es Geld ist.

Gold unterscheidet sich also stark von allen anderen Rohstoffen, weil es davon riesige oberirdische Lagerbestände gibt, die potentiell in den Markt zurückkommen können - im Austausch gegen Nationalwährungen - wenn der Preis stimmt. Diese Goldbestände setzten sich im Prinzip aus allen, im Laufe der Zeit abgebauten und geförderten Goldmengen zusammen. Bei allen anderen Rohstoffen existieren, im Vergleich zu den Verbrauchsmengen, nur sehr geringe oberirdische Bestände - das hat die Folge, dass es bei diesen anderen Rohstoffen zu Knappheiten kommen kann und kommt.

Vor dem Hintergrund dieser Knappheiten ist es schwierig, wenn nicht unmöglich, diesen Backwardations bei den jeweiligen Rohstoffen durch Arbitrage beizukommen. Gäbe es riesige oberirdische Lagerbestände, dann könnte jemand seine Bestände heute verkaufen und sie zu einem zukünftigen Zeitpunkt wieder billiger zurückkaufen - also Gewinn mit dieser Preisdifferenz machen.

Die riesigen oberirdischen Bestände unterscheiden Gold dahingehend von anderen Rohstoffen. Backwardation setzt beim Gold praktisch nicht ein, weil es immer Leute gibt, die zu einem profitablen Verkauf bereit sind. Sie verkaufen dann einen Teil ihrer gehorteten Bestände am Kassamarkt und kaufen sie zu einem zukünftigen Zeitpunkt billiger zurück. Nur in diesen drei seltenen Fällen ist es anders gewesen.

Die ersten beiden Male kam der Markt für physisches Gold kurzzeitig zum Erliegen. Die Gründe für die dritte Backwardation sind bis jetzt nicht sicher geklärt, dennoch ist es wichtig, die dafür in Frage kommenden Ursachen in Betracht zu ziehen.

Die Nachfrage nach physischem Gold ist in der letzten Zeit aus verschiedenen Gründen hoch gewesen. Aber die beiden wichtigsten Gründe sind wohl die relativ niedrigen Zinssätze für den US-Dollar gewesen und das wachsende Adressenausfallrisiko. Diese Faktoren machen physisches Gold zu einer immer attraktiver werdenden Investition, gerade im Vergleich zum US-Dollar und zu nationalen Währungen im Allgemeinen. Daher ist es gut möglich, dass die November-Backwardation der Vorläufer eines fundamentalen Wandels im Goldmarkt war. Wie würde dieser Wandel dann aussehen? Hier brauchen wir gar nicht zu spekulieren, weil nur zwei Antworten möglich sind.

Die erste ist, dass sich Gold in einer Backwardation befand, weil keiner, der Gold besaß, bereit gewesen ist, seinen Anteil zum damaligen Preis zu verkaufen. Ich habe diese Möglichkeit in meinem Artikel von 17. August beschrieben. Damals schrieb ich:

"Die außergewöhnliche Nachfrage nach Münzen und kleineren Barren kann als frühes Anzeichen betrachtet werden, dass sich der Markt in Richtung einer Backwardation bewegt. Die Backwardation spiegelt sich also mit anderen Worten anhand höherer Aufschläge auf den Kassapreis für physisches Metall wider, anstatt dass der Kassapreis selbst steigt und sich in die Backwardation bewegt.

Zentralbanken nehmen keine Transaktionen für kleinere Barren vor und ihre Münztransaktionen sind, verglichen mit der Größe des Marktes, unerheblich. Der Markt für Edelmetallprodukte ist relativ frei von staatlichem Einfluss. Die Zentralbanken haben aber auf jeden Fall dominanten Einfluss auf den Markt für Barren der LBMA-Größe, indem sie ihre eigenen Goldvorräte aufbrauchen. Sie können den Kassapreis für Gold (welcher durch die Käufe/ Verkäufe von LBMA-Barren bestimmt wird) künstlich niedrig halten, indem sie Gold aus ihren Beständen abverkaufen.

Wenn Gold nicht innerhalb kurzer Zeit zumindest über 900 $ zurückklettert, dann wird es, so glaube ich, zu einer Knappheit an LBMA-Barren kommen; außer die Zentralbanken lassen es zu, dass ihre Bestände entleert werden - so wie Fort Knox entleert wurde - in jenen Wochen, die zum 2-stufigen Goldpreis im März 1968 führten."

Die dreitägige Backwardation im November könnte darauf hindeuten, dass sich eine Knappheit an LBMA-Barren entwickelt. Dann würde das Goldkartell seinen Einfluss auf den Goldmarkt verliert und die Goldpreisdrückung nicht länger auf diesem Niveau aufrecht erhalten können.

Die zweite Antwort ist ominöser. Wenn Gold sich gegenüber dem US-Dollar für einen längeren Zeitraum in einer Backwardation befindet (also nicht so kurzzeitig und flüchtig wie die ersten beiden Backwardations, bei denen die vorrübergehend stark steigende Nachfrage für eine Unterbrechung der normalen Marktaktivität sorgte), dann heißt das, dass der Kollaps des US-Dollars begonnen hat. Denken Sie mal darüber nach. Wie kann denn eine Backwardation für einen längeren Zeitraum bestehen bleiben? Wenn es dazu kommt, so heißt das, dass keiner mehr das Risiko eingehen will, eigene Goldvorräte zu verkaufen, um stattdessen US-Dollars zu halten. Das bedeutet also auch: Keiner will das Risiko eingehen und Dollars für einen bestimmten Zeitraum besitzen, bis sie wieder in Gold zurückgetauscht werden.


Die Risiken sind folgende: 1. Der Dollar kann vom Staat ohne weiteres und aus dem Nichts geschaffen werden.

2. Dollars zu besitzen, birgt Adressenausfallrisiken.
Die Billionen Dollars, die für Bailouts geschaffen werden, lassen das erste Risiko deutlich hervortreten und der traurige Zustand des heutigen Bankensektors verweist deutlich auf das zweite Risiko.

Physisches Gold kennt diese Risiken nicht. Und wegen des höheren Risikos, das mit dem Besitz von Dollars einhergeht, liegen die Dollarzinssätze höher als die Goldzinssätze. Kurz: Die Währung mit dem höheren Zinssatz befindet sich immer in einer Backwardation, vergleicht man deren Forward mit den Forward für eine Währung mit niedrigeren Zinssätzen.

In den letzten Jahren galt es als politisch korrekt, den Goldzinssatz als "Lease Rate" zu bezeichnen - die Bezeichnung ist allerdings unglücklich gewählt. Wenn die Menschen begreifen, dass Gold einen Zinssatz hat - eben weil es Geld ist - dann würden sie auch ganz schnell hinter die Bedeutung einer Backwardation kommen - wenn sie entsteht. Der Kontango ist der Zinssatz für Gold.


Für weitere Informationen zur Gold-Backwardation beim empfehle ich Folgendes: 1. eine Abhandlung mit dem Titel "Golden Sextant" von Reg Howe, die Sie unter dem folgenden Link finden können: www.goldensextant.com/goldensextant.html 2. einen Artikel von Dough Pollitt von Pollitt & Co. Toronto, der hier (PDF) heruntergeladen werden kann.

Zusammenfassung:

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Goldmarkt angespannt ist. Die außergewöhnlich hohen Aufschläge, die jetzt auf Münzen und kleine Barren erhoben werden, ist der offensichtlichste Aspekt dieser unglaublichen Anspannungen. Die negative GoFo-Rate, während der drei Tage im November, sind ein weiteres Bespiel.

Die Anspannungen im physischen Goldmarkt könnten eine vorübergehendes Phänomen sein, oder aber vielleicht auch wieder nicht. Es könnte sich hierbei um ein Signal handeln, das auf grundlegende Veränderungen im Goldmarkt verweist. Und das wird einen starken Anstieg des Goldpreises zur Folge haben. Denn das Goldkartell wird nicht mehr fähig oder willens sein, die ihnen bleibenden Bestände dazu zu nutzen, den Goldpreis auf dem aktuellen Niveau zu halten - oder aber weil der Dollar mit wachsendem Argwohn betrachtet wird. Und wiederum ist es nicht unvernünftig davon auszugehen, dass hier beide Faktoren am Werk sind. Wie dem auch sei: Der Einbruch des US-Dollar-Index deutet stark darauf hin, dass die viermonatige Bärenmarkt-Rally des US-Dollars im November zu Ende gegangen ist.

Auf jeden Fall wissen wir ganz sicher, dass Gold für einen starken Anstieg bereit ist, wenn der GoFo negativ wird oder negativ bleibt. Wenn das passiert, dann denken Sie an den alten Spruch, der da lautet: Besser der Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Sie sollten echtes Metall besitzen und kein Papier.


© James Turk
GoldMoney.com

Dieser Artikel erschien am 12.12.08 auf www.kitco.com und wurde exklusive für GoldSeiten übersetzt.

Dieser Beitrag wurde nicht geprüft, www.silbernews.at übernimmt keine Verantwortung für Angemessenheit oder Genauigkeit dieser Mitteilung. Quelle: Goldseiten.de