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Goldhausse noch lange nicht vorbei!

Interview mit Mag. Ronald-Peter Stöferle (Erste Bank AG)

Während seines Studiums der Betriebswirtschaft an der WU- Wien sowie in den USA arbeitete Stöferle im Handel von Kreditderivaten der RZB. Neben diversen wirtschaftsjournalistischen
Tätigkeiten galt sein Interesse schon immer den Aktien- und Rohstoffmärkten. Stöferle ist seit 2006 bei der Erste Bank im Internationalen Aktienresearch tätig und hat 2007 und 2008 vielbeachtete Goldreports verfasst. Derzeit absolviert er eine Ausbildung zum CMT sowie ein Doktoratsstudium.

Der Goldpreis hat in den letzten Tagen wieder deutliche Lebenszeichen von sich gegeben. Was sind
derzeit die treibenden Faktoren am Goldmarkt?

Der breite Aufwärtstrend, der diesen säkulären Bullenmarkt begründet, wird sicherlich von dem strukturellen Angebots-Nachfragedefizit getragen. Das bedeutet, dass die Kluft zwischen Angebot und
Nachfrage immer größer wird und im Endeffekt nur über Preissteigerungen geschlossen werden kann. Ein Großteil der jüngsten Preisaufschläge ist allerdings mit der Rückbesinnung auf den monetären Wert des Goldes, die Finanzmarktkrise, die schwelenden Inflationsgefahren sowie die Flucht in den klassischen „safe haven“ Gold zu begründen. Einer der wichtigsten Faktoren ist zudem das sinkende Vertrauen in die amerikanische Volkswirtschaft und somit den USDollar. Die Subprime-Krise hat sich zu einer Liquiditäts- bzw. Kreditkrise und in weiterer Folge zu einer Vertrauens- und Systemkrise weiterentwickelt. Gold profitierte von dieser Entwicklung.

Seit den Tiefstständen Anfang des Jahrtausends hat der Goldpreis eine spektakuläre Hausse hinter sich. Was führte zur Wiederentdekkung des Goldes durch die Investoren? Was hat sich fundamental in der Welt geändert?

Während Aktien- Rohstoffe für mehr als 20 Jahre klar outperformt haben, hat sich das Bild seit 2000 gewandelt. Die aktuellen Börsenturbulenzen bestätigen dieses Paradigma. So haben die etablierten Weltindizes seit 2000 größtenteils an Wert verloren, während Gold, andere Edelmetalle und Rohstoffe im Allgemeinen sukzessive haussierten. Die Gründe dafür sind vielfältig. Einerseits natürlich die massiv gestiegene Nachfrage aus den Emerging Markets, andererseits liegt es in der Natur der Sache, dass sich Trends und Zyklen umkehren. Wir sehen aber auch so etwas wie eine „Remonetarisierung“ des gelben Edelmetalls, quasi eine Rückbesinnung auf Werte, die bereits seit tausenden Jahren bestehen.

Die Inflation im Euroraum liegt mit 4% nun knapp auf dem kurzfristigen Zinsniveau, in den USA und dem asiatischen Raum befinden sich die Realzinsen tief im negativen Bereich. Wie lange wird diese perfekte Situation für Edelmetalle noch anhalten?

Die Rede vom Inflationsgespenst ist leider wieder in aller Munde. Verwundert hat mich die Aussage von Jean-Claude Trichet, wonach er eine Inflationsexplosion sieht. Eine so extreme Diktion ist für Notenbanker wirklich ungewöhnlich und zeigt, wie prekär die Situation ist. Mittlerweile haben 2/3 der Weltbevölkerung mit zweistelligen Inflationsraten zu kämpfen, der Bedarf für werterhaltende Investments ist somit enorm. Momentan könnten lediglich massive Zinserhöhungen den Goldpreis nachhaltig schwächen. Dies scheint jedoch - konträr zur Situation im Jahre 1980 - unwahrscheinlich. Ende der 70er Jahre konnte die Hochinflationsperiode in den USA durch massive Zinserhöhungen des damaligen Fed-Vorsitzenden Paul Volcker gezügelt werden. Die Zinsen lagen nominell bei 20% (real 8%). Während die USA 1980 Netto- Gläubiger waren und eine positive Handelsbilanz aufwiesen, hat sich dieses Bild jedoch komplett gedreht. Die Schuldenstände der privaten Haushalte, aber auch der öffentlichen Hand erreichen mittlerweile besorgniserregende Dimensionen. Somit scheinen baldige starke Zinserhöhungen unter der aktuellen Führung unwahrscheinlich, was ein positives Fundament für künftige Goldpreisanstiege bilden sollte.

Kommen wir zur Angebots- Nachfrage-Situation bei Gold. In den vergangenen Monaten haben einige bedeutende Goldproduzenten mit Prognosen einer rückläufigen Goldproduktion überrascht, das ehemalige größte Goldförderland Südafrika dürfte in diesem Jahr sogar drastisch weniger produzieren. Gleichzeitig steigt die Nachfrage aus den aufstrebenden Schwellenländern und von verängstigten Investoren. Sie warfen in einem Research-Report die Frage nach Peak-Gold auf. Stehen wir wirklich vor dem Höhepunkt der Goldproduktion?

Den Höhepunkt der Goldproduktion haben wir vermutlich schon längst gesehen. In 2007 sahen wir beispielsweise die geringste Produktion seit 11 Jahren. Die Goldproduktion sinkt bzw. stagniert in 8 der 12 wichtigsten Fördernationen, die insgesamt mehr als 50% des Primärangebots produzieren. Dazu zählen die traditionellen "Big Four" Goldabbauregionen Kanada, Australien, die USA und natürlich Südafrika, die unisono mit stagnierenden bzw. rückläufigen Kapazitäten zu kämpfen haben. Nachdem die rückläufige Produktion auf strukturelle Probleme zurückzuführen ist, rechnen wir zumindest bis 2011 mit fallenden Minenproduktionen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Während des 20jährigen Bärenmarktes wurden zahlreiche kleinere Goldminen geschlossen, hunderte Gold-Aktien verschwanden vom Kurszettel. Wegen der großen Vorlaufzeiten von 5 bis 8 Jahren ist eine rasche Produktionsausweitung nicht möglich. Aufgrund der Jahrzehnte langen Vernachlässigung von Investitionen in Exploration, Humanressourcen, Förderanlagen und Material dürften die Produktionssteigerungen erst mit einer deutlichen Verzögerung ein treten, sodass eben erst ab 2011 mit einer steigenden Primärproduktion gerechnet werden kann. Barrick Gold überraschte mit der Aussage, wonach man den Goldpreis innerhalb der nächsten 5 bis 7 Jahre deutlich höher sehen würde, nachdem die Minenproduktion wesentlich stärker als angenommen sinken werde. Überraschend war dies insofern, weil Barrick Gold traditionell verhaltene Prognosen bezüglich des Goldpreises abgab. CFO Sokalsky rechnet mit einem Rückgang der Minenproduktion von 10 bis 15% während der nächsten 5 Jahre. Dies bestätigen auch Aussagen aller anderen Major- Produzenten, nachdem man unisono weiter fallende Förderzahlen prognostiziert. So merkte Pierre Lassonde von Newmont Mining an, dass es seit vielen Jahren kaum Funde über 30Mio. Unzen gab. Aufgrund dessen erwartet auch Lassonde in den nächsten 5 bis 10 Jahren rückläufige Primärproduktion. Kehren wir zu unserem Peak-Gold Szenario zurück: Analog zum Ölsektor sind die einfach und kostengünstig abzubauenden Ressourcen weitgehend erschöpft. Der Abbau von geringhaltigen oder sehr tief gelegenen Erzen scheitert oft an technischen oder wirtschaftlichen Hürden. So muss beispielsweise für jedes Gramm Gold, das gefördert wird, im Schnitt eine Tonne Gestein (im Open-Pit Verfahren) verarbeitet werden.

Wie hoch müsste der Preis steigen, um wieder genug Produktion auf den Markt zu bringen?

Eine sehr gute Frage. Meinen Modellen zufolge würde eine deutliche Produktionsausweitung erst
bei Kursen von über 1.300USD stattfinden. Auch hier würden wir jedoch deutliche Verzögerungen von mindestens 2 bis 3 Jahren sehen.

Die ETFs haben sich in den letzten Jahren zu einem bedeutenden Player am Markt entwickelt. Einige Analysten sprechen bereits von der „Privatisierung“ des Goldes. Werden diese Bestände bald genauso zum Damoklesschwert für den Goldmarkt wie die Zentralbankbestände?

Der Boom an Gold-ETFs hat sicherlich ambivalente Folgen für den gesamten Sektor. Einerseits stellen ETFs für institutionelle Investoren ein kostengünstiges und transparentes Anlagevehikel dar, andererseits strömt nun jedoch auch weniger Kapital in Goldaktien. Nichts desto trotz wird die Nachfrage deutlich angeregt, nachdem die Fonds physisch Gold hinterlegen müssen. Laut World Gold Council könnte die Gesamtnachfrage nach ETFs in 2008 um knapp 30% steigen, die Deutsche Bank rechnet damit, dass sich das Volumen in Europa bis 2010 auf 150 Mrd.EUR (aktuell 93 Mrd.) erhöht.

Die Inflation macht sich auch stark bei den Produktionskosten der Goldminen bemerkbar. Einige Experten behaupten sogar, dass der Goldpreis gar nicht mehr unter die 600 USD fallen könnte, ohne ein Massensterben bei den Goldminen auszulösen. Sollte man von Goldaktien ganz die Finger lassen?

Sie haben vollkommen Recht, der Goldabbau ist heute kaum rentabler als in Zeiten, als die Goldnotierungen noch tiefer lagen. Allein seit 2002 haben sich die Abbaukosten verdoppelt, die Gesamtkosten sind noch deutlicher angestiegen. Dies gilt insbesondere für Länder, in denen die lokale Währung deutlich gegenüber dem Dollar zugelegt hat (z.B. Australien, Kanada). Aufgrund dieser stark gestiegenen Kosten wird der höhere Goldpreis auch kaum zu erhöhter Explorationsaktivität führen, dies stellt einen der Eckpfeiler unseres positiven Goldpreisszenarios
dar. Was Goldaktien betrifft, so sehen wir schönes Potenzial bei Mid-Tier- Produzenten, hier gefallen uns beispielsweise Agnico Eagle (die sich auch auf unserer Empfehlungsliste befindet) oder Yamana. Auch eine Zijin Mining aus Hongkong befindet sich auf unserer Empfehlungsliste. Aktuell attraktiv sehen zudem Jinshan Goldmines sowie einer meiner Favoriten – Silver Wheaton – aus. Wir gehen von einer weiteren Branchenkonsolidierung aus, die Ziele werden hier sicherlich aus dem Mid-Tier- Bereich kommen. Aus etwas spekulativerer Sicht gefallen uns Near- Term-Produzenten gut. Osisko Exploration bleibt hier unser Top- Pick.

Die westlichen Zentralbanken verkaufen seit Jahren stetig ihre Goldbestände, erst kürzlich meldete die EZB den Verkauf von 30 Tonnen Gold. Ist diese Politik in einem inflationären Umfeld, wie es derzeit herrscht, das richtige Mittel, um das Vertrauen in die Papierwährungen hoch zu halten?

Die Betonung sollte hier auf westliche Zentralbanken liegen. 2007 waren die Nettobanken erstmals Nettokäufer. D.h. während die CBGA-Mitglieder (das Central Bank Gold Agreement reglementiert die Zentralbankverkäufe) weiter verkaufen, treten russische, arabische und zahlreiche südostasiatische und lateinamerikanische Zentralbanken als Käufer auf. Um auf Ihre Frage zu antworten:
Ein Verkauf im aktuellen Umfeld ist sicherlich nicht gerade eine vertrauensbildende Maßnahme. Jedoch sind die großen Verkaufsprogramme der CBGA-Mitglieder bereits abgeschlossen, insofern gehen wir davon aus, dass sich das Angebot weiter verknappen wird. Ein weiterer Eckpunkt unserer positiven Langzeitaussichten sind zudem die geringen Goldbestände der aufstrebenden Wirtschaftsmächte und rohstoffproduzierender Länder. Die etablierten westlichen Industrienationen halten mindestens 50% ihrer Reserven in Gold, während die neuen Wirtschaftsmächte wie China, Russland und Indien sehr geringe Anteile der Gesamtreserven in Gold halten. Dies illustriert auch obiger Chart. Die People's Bank of China hat bereits 2005 angekündigt, zur Absicherung der Devisenbestände und der eigenen Währung wieder verstärkt auf Goldbarren zu setzen. Ähnliches meldeten russische Behörden, wonach man den Anteil an den Gesamtreserven von 4,2 auf 10% mehr als verdoppeln möchte. Auch die Reaktion auf die Meldung, wonach der IWF 400 Tonnen verkaufen wolle, ist als extrem positiv zu werten. Ich schätze einmal, der IWF-Bestand wird direkt nach Russland oder China wandern. Die weltweiten Devisenreserven belaufen sich auf etwa. 5.200 Mrd.USD. Hier besteht also ein enormer Absicherungsbedarf seitens der Zentralbanken. Dass das makroökonomische Bild der USA eher trüb ist und sich die Situation eher verschlimmert als verbessert, wird den Dollar langfristig auch nicht gerade unterstützen. Die in den Vorjahren stark aufgeblähte Geldmenge ist unserer Meinung nach ebenfalls ein zentraler Faktor für die Bullenmärkte in Gold und Öl.

Gold hat mit über 1.000 USD ein neues nominales Hoch markiert. Real liegt es jedoch noch weiter unter seinen früheren Höchstständen. Wohin kann der Goldpreis Ihrer Meinung nach noch steigen ?

In unserem Szenario rechnen wir auf 12-Monats-Sicht mit zumindest 1.200 USD. Die Seasonals lassen eine sehr positive Entwicklung ab Beginn oder Ende August erwarten, insofern rechne ich mit einem Überschreiten der „magischen“ 1.000 USD im Laufe des Jahres. Unser Kursziel auf Sicht von 3-4 Jahren liegt beim inflationsbereinigten Allzeithoch, das wären aktuell 2.300 USD je Unze. Oft werde ich gefragt, ob Gold nicht jetzt schon viel zu teuer sei, ob es für einen Neueinstieg nicht bereits zu spät wäre. Die Antwort lautet ganz klar: Nein. Dies erkennt man beispielsweise, wenn man den
Bullenmarkt der 70er Jahre mit dem aktuellen vergleicht. So sieht man nämlich ganz deutliche Unterschiede. Eine Trendbeschleunigung hat noch nicht stattgefunden, die typische „5th Wave extension“ lt. Elliott Wave Analyse (das ist der parabolische Anstieg am Ende eines Aufwärtstrends) hat noch nicht annähernd stattgefunden. Zudem beruht die aktuelle Goldhausse auf einer wesentlich
breiteren Basis als in den 70er und 80er Jahren.

Fazit: Wir sehen für Goldinvestments nach wie vor ein höchst attraktives Chance/Risikoverhältnis und rechnen somit mit „Glänzenden Aussichten“ für Goldinvestoren. Das Interview führte Volker M. Riemer
am 4. Juli 2008.

Quelle: Auszug aus dem Rohstoff-Spiegel