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Auf der Suche nach dem besten Geld

Sind Banknoten noch zeitgemäß? Brauchen wir einen neuen Goldstandard? Ein Streitgespräch zwischen den Chefökonomen Dirk Schumacher von Goldman Sachs und Thorsten Polleit von Barclays Capital.

Moderation: Simone Boehringer und Markus Zydra
Vor genau 40 Jahren hoben die USA die Golddeckung für Dollar-Banknoten auf. Anlässlich des aktuell hohen Goldpreises werden nun wieder Stimmen laut, die einen neuen Goldstandard fordern. Andere lehnen das strikt ab. Während der Chefökonom von Goldman Sachs, Dirk Schumacher vor der Volaitlität goldgebundenen Währung warnt, glaubt Thorsten Polleit von Barclays Capital, dass damit mehr Disziplin in den Geldschöpfungsprozess erreicht werden könnte.

SZ: Wie interpretieren Sie den aktuell hohen Goldpreis – ist er das Ergebnis wachsender Inflationsangst?

Dirk Schumacher: Es gibt lange Phasen, in denen die Korrelation zwischen Inflation und Goldpreis null ist. Insofern kann ein Ansteigen des Goldpreises nicht automatisch mit Inflationsgefahren gleichgesetzt werden. Der aktuelle Preisanstieg erklärt sich daraus, dass immer mehr Investoren über Goldfonds investieren und dass die Mittelschicht in aufstrebenden Volkswirtschaften vermögender geworden ist und mehr Geld für Schmuck ausgibt.

Thorsten Polleit: Grundsätzlich lässt sich Finanzmarktpreisen nicht ansehen, was sie treibt. Doch ich denke, vielen Investoren wird es mulmig mit dem Papiergeld, und das beflügelt den Goldpreis. Gold fungiert derzeit als Krisenwährung, die Investoren erfahrungsgemäß vor Bankenzusammenbrüchen und Inflation schützt. Wenn die Notenbanken weiter machen wie bisher, wird der Goldpreis wohl noch auf ungeahnte Höhen steigen.

SZ: Was spricht dagegen, das Geldmengenwachstum zu begrenzen, etwa indem man es wie in früheren Jahrhunderten an Gold anbindet?

Schumacher: Das ist nicht zielführend. Man macht sich abhängig vom Goldmarkt. Wenn wir einen Minenstreik in Südafrika haben oder die Goldfunde ausbleiben, dann müssen wir die Geldpolitik an diesen Problemen ausrichten. So kann man keine vernünftige Geldpolitik machen.

Polleit: Das Papiergeldsystem ist ein großes Experiment, das es in der Menschheitsgeschichte so noch nicht gegeben hat. Sein Erfolg hängt vom Einhalten bestimmter Regeln ab. Diese Regeln werden jedoch zusehends gebrochen. Vor allem die Auflage, die Geldmenge nur wenig auszuweiten, haben die Zentralbanken in den letzten Jahren mutwillig über Bord geworfen. Weil Geld im heutigen Papiergeldsystem durch Bankkredite produziert wird, hat sich die Verschuldung der Volkswirtschaften stark erhöht.

SZ: Würde es weniger Verschuldung geben, wenn man jeden Geldschein an eine bestimmte Menge Gold bindet?

Schumacher: Wenn man jeden Dollar eintauschen muss gegen eine bestimmte Menge an Gold, dann gibt es nur Probleme. Wenn das Gold knapp ist, dann steigt der Wert, dann muss man die Geldpolitik anpassen. Was ist, wenn es nicht genug Gold gibt und der Geldbedarf nicht gedeckt wird?

Polleit: Das Argument der Goldknappheit ist ökonomischer Unfug. Beim Goldstandard ist das Geld in einem festen Umtauschverhältnis an das Gold gebunden. Wieviel Gold ein Land hat, ist dabei völlig unerheblich. Steigt etwa der Preis von Gold, werden die Güterpreise, ausgedrückt in Gold, schlicht sinken, und ein neues Marktgleichgewicht ist erreicht. Der Zins wird nicht mehr diktiert durch die Notenbanken, sondern er bildet sich frei durch Angebot und Nachfrage.

SZ: Ist es möglich ein neues System zu etablieren?

Schumacher: Im Falle eines Goldstandards kann dies nur funktionieren, wenn es eine feste Parität gibt. Wenn das Goldangebot nämlich mit dem Wachstum nicht mithält, müssen sie dauernd den Goldpreis je Dollar oder je Euro anpassen, dann ist es mit dem Vertrauen in einen festen Tauschwert schnell dahin oder die Preise sinken. Man hat Deflation. Daher: Der Goldstandard bringt keinen sittlichen Mehrwert im Vergleich zum Papiergeldsystem. Auch im goldgedeckten System kann es zu Inflation kommen. In Alaska etwa wurde in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts viel Gold gefunden – diese Funde hätten auch inflationäre Wirkung entfacht, wenn man den Goldstandard strikt interpretiert.

Polleit: Unter dem Goldstandard gab es in der Tat mitunter immer wieder starke Preisschwankungen, aber langfristig tendierte die Inflation gegen Null – es gab keine Tendenz zum Preisauftrieb wie heute, und die Zinsen waren meist niedriger, als sie es heute sind. Insofern: Eine Rückkehr zum Goldstandard wäre leicht möglich. Es bedeutet lediglich, dass die jetzt ausstehende Geldmenge in einem festen Umtauschverhältnis an das Gold gebunden wird. Das würde mehr Disziplin in den Geldschöpfungsprozess bringen, als es bei einem staatlichen Monopol auf Geld möglich ist. Bei uns läuft diesbezüglich ja derzeit einiges verkehrt. Das Angebot an Geld ist größer denn je und die Notenbanken senken trotzdem die Zinsen.

SZ: Was schlagen Sie vor?

Polleit: Das Geldsystem zu privatisieren, also den Marktkräften die Möglichkeit geben, über Quantität und Qualität des Geldes zu entscheiden. Vermutlich würde das zu einer Wiederherstellung des Goldstandards führen. Mit Blick auf das herrschende System wäre schon viel gewonnen, wenn die Notenbanken die Geldmenge um nicht mehr als vier bis fünf Prozent pro Jahr ausweiten.

Schumacher: Ich finde das System, wie es ist, relativ gut. Es gibt keinen Grund für seine Abschaffung, auch wenn die Krise an den Kreditmärkten sicher einen guten Anlass bietet, über Anreizmechanismen im jetzigen System nachzudenken. Aber Übertreibungen, wie wir sie am amerikanischen Immobilienmarkt gesehen haben, lassen sich durch eine Goldstandard auch nicht automatisch verhindern. Auch zu Zeiten des Goldstandards gab es Spekulationsblasen an den Finanzmärkten.


Quelle: sueddeutsche.de