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Verfasst von Jochen Steffens am 20.03.2008 um 19:51 Uhr

Warum brechen die Rohstoffpreise derart ein?

Doch zunächst diese Meldung: Na, offensichtlich waren Josef Ackermann die Reaktionen auf seine Aussagen nicht ganz geheuer. Heute ist zu lesen, dass er zurückrudert. Er sei missverstanden worden. Es gehe ihm nicht um "mehr Staat". Er habe sich mit seinen Äußerungen lediglich auf die Stabilisierung des amerikanischen Häusermarktes bezogen. Er halte das amerikanische und internationale Bankensystem für stabil.

Na, was soll man da jetzt von halten? Schwierig, schwierig ...


Gold, Silber und andere Rohstoffe im freien Fall

Ich erhalte aufgeregte Leser-Mails, warum Gold, Silber und andere Rohstoffe derart stark einbrechen. Gold brach vom Hoch bei 1.027 Dollar um 11,88% auf im Tief 905 Dollar ein. Bei Silber war es noch schlimmer. Silber gab vom Hoch bei 21,33 Dollar um über 20% auf 16,97 Dollar nach. Aber auch viele andere Rohstoffe sind stark zurückgekommen.


Standard-Antwort: Rezession

Überall ist zu lesen, dass die Angst vor einem weltweiten konjunkturellen Abschwung die Preise in den Keller getrieben haben soll. Sicherlich, das ist nicht verkehrt, nur die Angst vor einem weltweiten konjunkturellen Abschwung ist nicht erst in dieser Woche aufgetaucht - als "Hauptgrund" scheidet das demnach meines Erachtens aus.

Nein, ich denke, es ist ein ganzer Strauß an belastenden Faktoren:


Sinkende Nachfrage

Zunächst einmal war schon in den letzten Wochen zu hören, dass die Nachfrage nach einigen Rohstoffen zurückgeht. Das liegt zum Teil an den hohen Preisen. So hört man zum Beispiel von einigen Schmuckhändlern, dass es im Goldhandel zu deutlich spürbaren Umsatzeinbußen gekommen sei. Auch im Bereich Sprit und Energie wird immer mehr gespart.

Mehrere Rohstoffanalysten warnten somit seit Wochen davor, dass es bei einigen Rohstoffen einen immer größeren Dissens zwischen Nachfrage und Preis gäbe. Das wussten viele, und als die Rohstoffe anfingen einzubrechen, wurde schnell verkauft.


Gewinnsicherung vor dem Quartalsende

Dazu passt, dass wir bald das Quartalsende vor uns haben. Ich denke, hier haben bei weiter fallenden Kursen einige institutionelle Anleger lieber die Gewinne gesichert, um die Verluste aus anderen Positionen zum Quartalsende gegenrechnen zu können.


Saisonalität

Generell ist das erste Halbjahr beim Gold im saisonalen Verlauf eher unterdurchschnittlich, auch das werden viele beachtet haben. Der Goldpreis hatte sich quasi zu weit von seinem gewohnten Saisonverlauf entfernt.


Umschichtungen im Zusammenhang mit einer möglichen Deflation

Desweiteren kann es durchaus sein, dass nun so langsam wieder Umschichtungen von Rohstoffen in den Aktienmarkt vorgenommen werden.

Das wiederum passt zu einem anderen Thema: Nach den letzten Konjunkturdaten in den USA muss auch den interessierten Kreisen so langsam bewusst geworden sein, dass wir es in den USA tatsächlich mit einer verdeckten Deflation zu tun haben. Gerade bei den Rohstoffen haben wir es mit einem hohen Maß an Inflationsspekulation und Absicherung gegen einen schwachen Dollar zu tun. (Gerade letzteres war bei einigen Hedge-Fonds sehr beliebt.)

Was wäre also, wenn auf einmal auch die Masse der Anleger, die Rohstoffe als Inflationsschutz gekauft haben, klar werden würde, dass hauptsächlich die immer weiter steigenden Rohstoffpreise die Inflation in den USA weiter angeheizt hatte? Ganz wichtig hierbei ist der Teilsatz "die weiter steigenden". Denn allein, wenn die Preise nur stagnieren, würde der Effekt auf den Anstieg der Inflation über kurz oder lang verpuffen. Bei fallenden Kursen kann das auch sehr schnell gehen, und auf einmal wären wir mitten in einem Deflationsszenario. Davon berichte ich schon seit Wochen.

Dieses wird durch einen schwachen Arbeitsmarkt, der niedrigen Produktivität wie auch der niedrigen Kapazitätsauslastung und der geringen Konsumneigung massiv unterstützt. Hinzu kommt, dass die Folgen der Immobilienkrise auf vielfältige Weise den Verbrauch schwächen (wie ich hier schon öfters ausführlich dargestellt habe).

Woher soll also die Preissteigerung, die Inflation kommen, die im Gold mittlerweile eingepreist ist? Auch diese Überlegung könnte einige größere Adressen zum Ausstieg veranlasst haben.



Schwacher Dollar, da diese Spekulation aufgegangen ist

Als letzter Punkt sei der Dollar angeführt. Viele Devisenhändler sagen, dass der Dollar zurzeit zumindest mittelfristig stark unterbewertet sei (und das trotz der Zinssenkungen der Fed). Sie kennen die Börse, sie spekuliert auf eine Zukunft. Der Dollar hat also diese massiven Zinssenkungen in den letzten sechs Monaten bis zum Dienstag vorweggenommen, in dem er immer schwächer notierte. Viel weiter werden die Zinsen kaum noch sinken können, beziehungsweise die Auswirkung weiterer Zinssenkungen werden nicht mehr derart "dramatisch" für den Devisenmarkt sein.

Kurz, mit der letzten Zinssenkung um 75 Basispunkte ist eigentlich das, worauf die Devisenhändler spekuliert hatten, eingetreten. Buy the rumors, sell the facts - Kaufe die Gerüchte, verkaufe die Fakten, heißt ein bekanntes Börsensprichwort. Und aus diesem Grund werden zurzeit einige Short-Positionen im Dollar aufgelöst.

(Nach dieser aktuellen Konsolidierung ist ein weiterer Dollarverfall allerdings denkbar. Sollte die Wirtschaft in den USA allerdings anspringen, kann es sein, dass zunächst erst einmal auf wieder steigende Zinsen in den USA gesetzt wird, das hätte wahrscheinlich eine Seitwärtsbewegung des Dollars zur Folge.)

Da die Rohstoffe wiederum von dem schwachen Dollar profitierten, werden diese natürlich jetzt mit dem stärkeren Dollar kurzerhand abgestraft. Wichtiger ist aber, wie gesagt, dass viele Hedgefonds Rohstoffe als Hedge gegen den schwachen Dollar genutzt haben. Diese steigen natürlich jetzt auch aus.


Goldverkäufe?

Und zum Schluss sollte man sich auch überlegen, ob nicht irgendwelche Institutionen massiv Gold verkaufen, weil sie Liquidität brauchen.


Hätte man es vorhersehen können?

Ja und Nein. Diese ganzen Faktoren waren bekannt - allerdings die meisten seit Wochen, während die Rohstoffe munter weiter und weiter gestiegen sind. Aufgrund dieser Faktoren rechnete ich aber mit einer Konsolidierung und ich hatte den Lesern vom Target-Trader auch schon vor geraumer Zeit die entsprechenden Zielmarken für diese genannt: Gold 1020 Dollar, Euro 1,60 Dollar.

Dass diese Konsolidierung aber derart heftig ausfallen würde, hat mich selbst überrascht, sonst hätte ich drauf getradet. Grundsätzlich trade ich aber eben nur sehr ungern gegen derart extreme Trends. Das Chance/Risiko Verhältnis stimmt einfach nicht, und auf Dauer ist es schwierig unter dem Strich im Gewinn zu bleiben.


Ostern, das Fest der Befreiung

Wir müssen uns nun auf die nächste Woche konzentrieren. Sehen wir in dieser, nach den ersten Tagen, eine Stärke, bilden sich endlich neue höhere Hochs? Das wären die ersten Zeichen dafür, dass wir zumindest eine Erholung erleben. Deren Stärke und Qualität wird uns dann den weiteren Weg weisen.

Mir bleibt nur noch übrig, Ihnen ein frohes Osterfest zu wünschen.

Da das Osterfest auf der einen Seite wahrscheinlich auch ein heidnisches Frühlingsfest war, auf der anderen Seite für die Auferstehung beziehungsweise für die Befreiung vom Tod steht, hoffen wir, dass der Frühling auch an den Märkten Einzug hält und uns von den bisher düsteren Tagen des neuen Jahres "befreit".

In diesem Sinne, Ihnen und Ihrer Familie alles Gute


© Jochen Steffens
Quelle: Auszug aus dem Newsletters "Investor´s Daily"