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Die Edelmetall-Schwemme

Frankfurter Allgemeine Zeitung
Von Thorsten Winter16. Januar 2008 Wer das Heraeus-Werksgelände verlassen will, muss einen roten Knopf drücken. Wenn anschließend das grüne Lämpchen darüber aufleuchtet, ist der Weg frei. Erstrahlt aber das rote Lämpchen, ist Handtasche oder Aktenkoffer vor dem Sicherheitspersonal zu öffnen. Denn das Unternehmen in Hanau ist ein Zentrum des Edelmetallhandels und der Verarbeitung von Gold, Silber oder Platin in Deutschland und Vorsicht schon deshalb angezeigt – in diesen Tagen vielleicht mehr als früher. Schließlich scheint der Goldpreis keine Grenzen mehr zu kennen. Seit Dezember ist er von 780 Dollar auf gut 910 Dollar je Unze (31,1 Gramm) geklettert und hat nie gekannte Höhen erklommen. Auch in Euro ist das Edelmetall teurer geworden, da der Preisanstieg in Dollar stärker ausgefallen ist als die Talfahrt der amerikanischen Währung gegenüber dem Euro in der selben Zeit.
Hans-Günter Ritter, Chef des Edelmetallhandels bei Heraeus, erklärt die Goldhausse mit einer Reihe von Gründen. So sind infolge der auf die Welt ausstrahlenden Kreditkrise in Amerika viele Anleger verunsichert und trauen Banken weniger als noch vor wenigen Monaten. Hinzu kommen der schwächelnde Dollar und die parallel steigende Inflation: „Das bringt konservative Anleger dazu, wieder in Gold zu denken“, sagt Ritter. Denn wenn der Dollar-Kurs sinkt, wird Gold erfahrungsgemäß teurer. Es wirkt deshalb wie ein Inflationsschutz. Neue Finanzprodukte, wie mit Gold hinterlegte börsengehandelte Fonds, erleichtern es Anlegern, in Gold zu investieren, ohne gleich einen Barren erwerben zu müssen.
Lücke zwischen Produktion und Nachfrage
Nicht zuletzt klafft zwischen der Nachfrage, die Ritter mit etwa 4000 Tonnen beziffert, und der Produktion eine Lücke. In Schwellenländern kaufen Menschen vermehrt Edelmetalle; nicht nur in Indien, wo Gold traditionell die wesentliche Mitgift für Bräute ist. Dagegen stagniert die Jahresproduktion bei etwa 2500 Tonnen, bei fallender Tendenz. Zentralbanken und Investoren, die Gold verkaufen, schließen die Lücke. Zudem wird viel Altgold wiederverwertet: „Gold, das schon einmal verarbeitet worden ist, geht in der Regel nicht verloren.“
In jüngster Zeit beobachten die Edelmetallhändler von Heraeus aber nicht nur eine steigende Nachfrage nach Gold bei Investoren, sondern auch ein wachsendes Angebot. Die Filiale des Konzerns in Hongkong wird in diesen Wochen mit Goldschmuck oder frisch gefördertem Edelmetall geradezu überflutet. „Das Gleiche hören wir von Kollegen aus der Schweiz“, fügt Ritter hinzu. Derzeit werden Heraeus 30 bis 50 Prozent mehr Edelmetall angeboten als vor Jahresfrist. Denn der hohe Preis verleitet Besitzer von Gold dazu, dieses gegen Bares zu tauschen und auf diese Weise zu „versilbern“. Weil Anleger gleichzeitig wieder Gold nachfragen, tut das dem Preisanstieg grundsätzlich keinen Abbruch.
Dass Gold und auch Silber in den vergangenen Monaten immer teurer geworden sind, hat sich derweil nicht nur bei Investoren und gewerblichen Aufkäufern, die Heraeus regelmäßig mit Zahngold, Abfällen aus Goldschmiedeateliers, allerlei Schmuck und historischen Münzen beliefern, herumgesprochen. Auch Privatleute trachten danach, ihren Vorteil daraus zu ziehen. Und zwar vermehrt, wie es in der Abteilung für den Vertrieb von Schmuckhalbzeug und Scheidgut bei Heraeus heißt. 2007 ist das Angebot von privater Seite, altes Besteck und Geschirr aus Silber, Schmuck oder Münzen bei dem Unternehmen abzugeben und sich den Gegenwert auszahlen zu lassen, um ein Fünftel geklettert. Der Andrang ist so groß, dass Heraeus ihn derzeit kaum bewältigen kann. Deshalb hat der Konzern die Annahme von privater Seite bis Ende Februar gestoppt.
200 Gramm Gold müssen es sein
Heraeus zweifelt aber daran, dass das Angebot schwinden wird, wenn Gold auf Höhenflug bleibt. Die Chancen dafür stehen nach Einschätzung von Ritter nicht schlecht. Zwar könnte es mit dem Goldpreis zwischenzeitlich wieder abwärtsgehen, doch bei Preisen um 800 Dollar würde die Nachfrage nach Gold durch die Schmuckindustrie wieder zunehmen – und den Preis stützen. Die Kauflust von Anlegern nicht zu vergessen.
Ungeachtet dieser Erwägungen nimmt Heraeus von privater Seite grundsätzlich nicht jede Lieferung an. Ein paar Ringe und Kettchen abzuliefern genügt nicht. Bei Gold liegt die Untergrenze bei 200 Gramm, wer Silber zu Geld machen will, muss mindestens zwei Kilogramm mitbringen. Die gesammelten Edelmetall-Stücke werden von dem Unternehmen an Ort und Stelle zu einem Barren eingeschmolzen, der an zwei Stellen angebohrt wird. Das dabei anfallende Material wird anschließend auf den Gehalt an Gold, Silber, Kupfer und anderen Metallen hin untersucht. Ergeben die Proben die gleichen Daten, wird aus diesen der Wert der Lieferung berechnet. Und der Kunde erhält sein Geld. Text: F.A.Z.
Heraeus beschäftigt weltweit mehr als 11000 Mitarbeiter und setzte zuletzt zehn Milliarden Euro um. Für den Großteil zeichnete eine kleine Minderheit der Beschäftigten verantwortlich: die 50 Köpfe zählende Riege der Edelmetallhändler. Die Mitarbeiter sind in Hanau, in Hongkong und in New York, dem Herz der Finanzwelt schlechthin, tätig. Die Präsenz in mehreren Zeitzonen ermöglicht Heraeus, rund um die Uhr mit Edelmetallen zu handeln. Heraeus benötigt Edelmetalle für industrielle Produkte, die für Automobilhersteller und Medizintechnik-Unternehmen, für die Halbleiterindustrie und Elektronikfirmen bestimmt sind. Außerdem liefert der Konzern auch Speziallegierungen, die sich in Zähnen wiederfinden, und Systeme zur Erhaltung und zum Wiederaufbau von Zähnen. (thwi.) Quelle: www.faz.net